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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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versperrte.
    »Oder glauben Sie, dass es wirklich existiert?«, fuhr er eindringlich fort. »Als Wesen aus Fleisch und Blut? Manche sagen, das Tier liege hier auf der Lauer, in dieser Stadt. Wo es geduldig wartet, bis seine Zeit gekommen ist.«
    »Das … das müssen die Philosophen entscheiden.«
    »Sagen Sie es mir, Lily Saul. Woran glauben Sie?«
    Er kennt meinen Namen.
    Sie fuhr herum und wollte die Flucht ergreifen, doch auf unerklärliche Weise war hinter ihr im Tunnel plötzlich noch jemand aufgetaucht. Es war die Nonne, die Lilys Gruppe in die unterirdischen Gänge eingelassen hatte. Die Frau stand regungslos da und sah sie an. Versperrte ihr den Weg.
    Seine Dämonen haben mich gefunden.
    Lily fasste ihren Entschluss in Sekundenschnelle. Sie senkte den Kopf und rammte ihn der Frau mit voller Wucht in die Brust, sodass sie mit flatterndem schwarzem Habit zu Boden ging. Die Hand der Nonne fasste nach ihrem Fußknöchel, Lily strauchelte, riss sich los.
    Raus! Auf die Straße!
    Sie war mindestens drei Jahrzehnte jünger als der Deutsche. Wenn sie einmal draußen wäre, könnte sie ihn leicht abhängen. Ihn abschütteln, indem sie in die Menschenmassen vor dem Kolosseum eintauchte. Sie hastete die Stufen hinauf, stürzte durch eine Tür in die blendende Helligkeit der oberen Basilika und rannte auf das Mittelschiff zu. Richtung Ausgang. Sie hatte erst wenige Schritte auf dem glänzenden Mosaikboden zurückgelegt, als ihre Augen sich vor Entsetzen weiteten und sie schlitternd zum Stehen kam.
    Hinter den Marmorsäulen waren drei Männer hervorgetreten. Sie sprachen kein Wort, als sie den Kreis um sie immer enger zogen, die Falle zuschnappen ließen. Hinter sich hörte sie eine Tür knallen und Schritte, die näher kamen: der Deutsche und die Nonne.
    Warum sind hier keine anderen Touristen? Niemand, der meine Schreie hören könnte?
    »Lily Saul«, sagte der Deutsche.
    Sie wandte sich zu ihm um. Und während sie es tat, wusste sie, dass die drei Männer hinter ihr noch näher heranrückten und ihr den Fluchtweg abschnitten. So endet es also , dachte sie. Hier an dieser heiligen Stätte, unter den Augen des ge kreuzigten Christus. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass es in einer Kirche passieren könnte. In einer dunklen Gasse vielleicht, so hatte sie gedacht, oder in einem tristen Hotelzimmer. Aber nicht hier, wo so viele schon den Blick zum Licht gehoben hatten.
    »Endlich haben wir Sie gefunden«, sagte er.
    Sie richtete sich auf, reckte das Kinn empor. Wenn sie schon dem Teufel ins Auge schauen musste, würde sie es wenigstens erhobenen Hauptes tun.
    »Also, wo ist er?«, fragte der Deutsche.
    »Wer?«
    »Dominic.«
    Sie starrte ihn an. Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet.
    »Wo ist Ihr Cousin?«, fragte er.
    Sie schüttelte verwirrt den Kopf. »Hat er Sie denn nicht geschickt?«, fragte sie. »Um mich zu töten?«
    Jetzt war es der Deutsche, der sie verblüfft anstarrte. Er nickte einem der Männer zu, die hinter Lily standen. Erschrocken zuckte sie zusammen, als ihre Arme mit einem Ruck nach hinten gerissen wurden und Handschellen sich um ihre Handgelenke schlossen.
    »Sie werden mit uns kommen«, sagte der Deutsche.
    »Wohin?«
    »An einen sicheren Ort.«
    »Sie meinen … Sie werden mich nicht …«
    »Töten? Nein.« Er ging zum Altar und öffnete eine verborgene Tür in der Täfelung. Dahinter lag ein Tunnel, von dessen Existenz sie nichts gewusst hatte. »Wir nicht - aber ein anderer vielleicht.«

32
    Lily starrte durch die getönten Scheiben der Limousine in die vorbeiziehende toskanische Landschaft hinaus. Vor fünf Monaten war sie auf ebendieser Straße in südlicher Richtung gefahren, allerdings unter ganz anderen Umständen - in einem rumpelnden Lkw, gesteuert von einem unrasierten Mann, dessen einziges Ziel es war, sie in sein Bett zu bekommen. Da mals war sie hungrig und erschöpft gewesen, und ihre Füße hatten geschmerzt, nachdem sie fast die halbe Nacht marschiert war. Jetzt war sie wieder auf derselben Straße unterwegs, auf dem Weg zurück nach Florenz, aber diesmal nicht als todmüde Anhalterin, sondern als Fahrgast in einer Nobelkarosse. Sie saß im Fond der Limousine, und wohin sie schaute, sah sie Luxus. Die Polster waren mit schwarzem Leder bezogen, geschmeidig wie menschliche Haut. In der Sitztasche vor ihr steckte eine erstaunliche Auswahl von Zeitungen: die aktuellen Ausgaben der International Herald Tribune , der Londoner Times , des Figaro und des Corriere della Sera.

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