Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
wer sind Sie?«
Eindeutig nicht der Mann, mit dem wir vorhin geredet hatten.
»Und Sie arbeiten auf dem Hof der Niehues?«
»Ich helfe Marie, weil sie das alleine nicht schafft. Wieso? Gibt's ein Problem?«
Sein Tonfall und seine Körperhaltung wirkten aggressiv. Kein Zweifel, Marie hatte ihn vor uns gewarnt.
»Es gibt kein Problem«, sagte ich. »Nur eine Verwechslung.«
»Und jetzt?«, fragte Pia.
Ich startete den Motor. »Jetzt fahren wir nach Münster zurück.«
»Die haben uns doch verarscht.«
»Klar. Das haben sie. Diese Marie Niehues hat nicht mal gefragt, wer wir sind oder warum wir den Mann sprechen wollen. Die wusste genau, wen wir suchen. Und inzwischen hatte der Typ Zeit genug, seine Sachen zu packen und zu verschwinden.«
»Wir müssen doch was unternehmen«, beharrte Pia.
»Das werden wir auch. Ich habe einen guten Draht zu einem Hauptkommissar bei der Kripo. Ich werde ihm einen Tipp geben. Aber nicht jetzt. Ich muss mir genau überlegen, was ich sage, sonst habe ich eine Anzeige wegen Unterschlagung von Beweismitteln am Hals. Oder wie soll ich ihm erklären, dass ich vierundzwanzig Stunden auf der Skizze gesessen habe?« Ich schaute sie an.
Sie verdrehte die Augen. »Sie Held. Und Sie tun das alles nur mir zuliebe, stimmt's?«
»Sonst fällt mir gerade niemand ein.«
»Sie sind so wahnsinnig selbstlos«, sagte sie. »Ich liebe Männer, die sich aufopfern.«
Ich stöhnte. »Verdammt nochmal, Pia ...«
»War nur ein Scherz. Ich weiß Ihre Hilfe wirklich zu schätzen.«
Mein Handy klingelte. Franka saß seit zehn Minuten an unserem vorbestellten Tisch im Restaurant und wartete auf mich.
»Tut mir wahnsinnig leid«, sagte ich. »Ich kann nicht kommen. Ich verfolge gerade eine Spur im Averbeck-Fall.« Was ja nicht mal gelogen war.
Frankas Stimme troff vor mieser Laune: »Und warum hast du mich nicht vor einer Stunde angerufen?«
»Sorry, mein Fehler. Ich mach's wieder gut.« Ich gab Gas. »Du, ich bin mitten in einer Verfolgung. Ich muss Schluss machen.«
»Heißt die Person, die du verfolgst, zufällig Pia Petry?«
»Ich rufe dich morgen an.« Ich beendete die Verbindung.
»Das wäre nicht nötig gewesen«, meinte Pia. Es hörte sich so an, als würde es ihr dennoch gefallen.
Ich lenkte den Wagen in eine Parkbucht. »Und wenn ich den Abend gerne mit Ihnen verbringen würde?«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Was ist mit der Frau, die auf Sie wartet?«
»Das ist meine frühere Partnerin. Ich kann sie jederzeit treffen.«
Pia sah mich lächelnd an. »Ich will Ihnen nicht im Wege stehen.«
Ich legte meine Hand auf ihre Schulter. »Möchten Sie wirklich in die Villa Averbeck zurück?«
»Gibt es denn Alternativen?«
Ich beugte mich zu ihr hinüber und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich denke schon.«
Sie drehte den Kopf zu mir. Unsere Münder berührten sich fast. »Und wie haben Sie sich den Abend vorgestellt?«
»Ich dachte, zuerst gehen wir essen.«
»Und anschließend füllen Sie mich mit Alkohol ab und zerren mich in Ihr Bett?«
»Ja«, sagte ich. »So ähnlich habe ich das geplant.«
19
Pia Petry ergreift die Flucht
Wilsberg küsst mich. Ganz sacht und langsam. Meine Angst vor unangenehmen Überraschungen verfliegt rasch. Er tut nichts, was mir nicht gefällt. Was ich unangenehm oder aufdringlich finde. Ganz im Gegenteil. Alles an ihm erscheint mir seltsam vertraut. So vertraut, dass sich unser vorsichtiger Annäherungsversuch schnell zum handfesten Clinch entwickelt. Wir fallen übereinander her wie zwei ausgehungerte Hormonjunkies, die schon seit Jahren keinen Sex mehr hatten und sich jetzt durch nichts und niemanden mehr aufhalten lassen. Wilsberg zerrt mir den Pulli über den Kopf, ich knöpfe sein Hemd auf und reiße mindestens drei Knöpfe dabei ab. Seine Hände wandern über meinen nackten Rücken und löschen alles, was noch an Verstand und Vernunft durch mein Hirn gegeistert ist.
Wilsberg lässt die Rückenlehne seines Autositzes nach hinten fahren, zieht mich auf sich und versucht, den Verschluss meines BHs zu öffnen. Das dauert. Er wäre der erste Mann, der diese Aufgabe auf Anhieb bewältigt. Ich möchte nicht wissen, wie vielen Frauen genau in dieser Situation die Leidenschaft abhanden gekommen ist. Denn es gibt kaum etwas Abtörnenderes als einen Kerl, der mit verbissenem Mund und stierem Blick an zwei Metallösen scheitert.
Und genau das passiert. Wilsberg fummelt ohne Ende. Die Abkühlung holt ein paar meiner Ganglien aus
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