Blutmord (Ein Paula Franz und Max Dörner Krimi)
fünf erfolgten post mortem. Der klare Eintritt der Klinge lässt vermuten, dass die Tote auf dem Rücken am Boden lag und die Tatwaffe gezielt in den Unterleib eindrang.‘ Und jetzt kommt es, Paula. Nicht nur Kate Dreyer wurde gestern Nacht ermordet, sondern auch ihr ungeborenes Kind. Kate Dreyer war schwanger – anhand der Größe des Kindes vermutlich zwischen der zwölften und der vierzehnten Woche.“
Kapitel 19
Er erkannte sie schon von weitem. Er spürte förmlich ihre Nähe. Er konnte sie immer fühlen. Überall. Sie war alles für ihn. Sein Leben. Er war eins mit ihr. Ohne sie war er nichts. Trotzdem fühlte er sich in ihrer Nähe immer unsicher. Schwach. Er war einfach nicht genug für sie, er wurde ihr niemals gerecht. Egal, was er tat, es war zu wenig. Er musste sich immer und immer wieder beweisen. Ihr zeigen, dass er ihrer wert war. Sie forderte Opfer. Sie war stark, er war schwach. Er suchte ihren Blick, versuchte darin zu lesen. Ihre SMS war eindeutig. Sie hielt die Fäden in der Hand und regelte alles. So wie immer.
Er kam näher, er glaubte sie riechen zu können. Diesen Duft, bei dem er sich verlieren konnte. Der ihm den Verstand raubte. Von dem er lebte. Er liebte es, seine Nase in ihrem Haar zu vergraben, sie ganz in sich aufzunehmen. Sich in ihr zu verlieren. Einen Moment schloss er die Augen. Dachte daran, dass vor drei Monaten das Leben noch in Ordnung gewesen war. Das Leben war in geregelten Bahnen verlaufen. Er war glücklich, sie gehörte zu ihm und er zu ihr. Niemand konnte sie trennen. Und dann hatte er alles zerstört. Er hatte alles kaputt gemacht. An einem einzigen Abend. Kopflos. Betrunken. Und nichts würde jemals wieder so sein, wie es war. Er öffnete wieder seine Augen und stand direkt vor ihr. Er schaute in ihre Augen, versuchte darin zu lesen. Sie sagte kein einziges Wort. Das war auch nicht notwendig. Er konnte auch so ihre Gedanken lesen. Er vermisste sie. Er vermisste ihren Körper, ihre Wärme. Seitdem er alles zerstört hatte, durfte er sie nicht mehr berühren. Das war ihr Gesetz. Erst musste er alles wieder gut machen, sich beweisen, leiden und Buße tun. Vielleicht durfte er dann irgendwann wieder ihre samtweiche Haut berühren, mit der Hand ihren Rücken entlang fahren, ihre Lippen küssen, mit ihr schlafen. Vielleicht irgendwann einmal wieder. Er hatte sich niemals vorstellen können, dass er einen Menschen so sehr vermissen würde. Und er wusste, dass er alles auf dieser Welt tun würde, um sie wieder ganz zurückzubekommen. Den Anfang hatte er bereits gemacht.
Kapitel 20
Paula starrte Max ungläubig an. „Sie war schwanger? Das ändert natürlich einiges. War Kate das Opfer oder war eventuell letztendlich das Kind das wahre Ziel des Anschlags? Wollte der Vater des Kindes vielleicht sein Kind und direkt die Mutter dazu loswerden?“
Max nickte. „Diese Frage liegt auf der Hand, wenn gezielt nach dem Tod noch zweimal in den Unterleib gestochen wurde. Aber wir sollten mit voreiligen Schlüssen zumindest abwarten, bis Hankel uns ein genaues Täterprofil erstellt.“ Er blätterte noch einmal durch den Autopsiebericht. „Ansonsten gibt der Bericht nicht viel mehr her. Todeszeitpunkt war, wie schon vermutet, Montag früh, zwischen 01.00 Uhr und 2.00 Uhr. Sie wurde nicht vergewaltigt oder anderweitig misshandelt.“
„Wurde etwas gestohlen?“
„Raubmord können wir ausschließen. Sie hatte in ihrer Hosentasche 50 €. Ihre Uhr und ihr Schmuck wurden auch nicht gestohlen. Und bei einem Raubmord wird man sich nicht unbedingt auf ein 16jähriges Mädchen konzentrieren, oder? Da ist ja normalerweise nicht gerade viel zu holen“, gab Max zu bedenken.
„Die Tatwaffe gibt uns auch keine zusätzlichen Hinweise, so ein Messer hat jeder Haushalt in der Küchenschublade liegen“, dachte Paula laut nach, „das bringt uns nicht weiter. Übrigens sollten wir versuchen, diese Details vor der Presse zurückzuhalten. Nichts über die Tatwaffe und nichts über die Schwangerschaft, okay? Das erleichtert uns die Ermittlung, wenn wir denn mal einen Verdächtigen haben sollten. Wer kommt denn als möglicher Vater in Frage? Wenn wir diese Frage beantworten können, ist der Fall vielleicht schon gelöst.“
„Ja, aber das ist die Frage aller Fragen. Sie hatte keinen festen Freund. Also kommt theoretisch jeder Mann aus der Umgebung in Frage“, gab Max zurück. „Ich habe hier noch das toxikologische Ergebnis: Kate hatte keinerlei Drogen zu sich genommen, weder am Abend ihres
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