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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Kette gebunden war.
    Es war ziemlich bunt: Jeder Raum war in einer anderen Farbe gestrichen, dazu hingen moderne Gemälde an den Wänden, und auch die Möbel hatten leuchtende und auf den ersten Blick wenig zusammenpassende Farben. So chaotisch das alles aber wirken mochte, die Einrichtung war doch strukturiert und durchdacht.
    An der langen, hellblauen Wand des Wohnzimmers hingen verschiedene Säbel, Degen, Rapiere und andere Klingenwaffen. Dazwischen hatte Saskia sowohl moderne als auch antike Dolche aufgehängt.
    »Sacre bleu«, sie pfiff anerkennend und musste sich eingestehen, dass sie die Frau wohl unterschätzt hatte. »Stattliche Sammlung.« Justine prüfte einige der Schneiden. Sie waren rasiermesserscharf.
    Ein Dolch weckte ihre Aufmerksamkeit besonders: In den Ledergriff waren drei gekreuzte Dolchpaare eingebrannt, die Klinge sah alt, aber gepflegt aus. Die Schneide funkelte, als würde sie Justine warnen wollen, bloß nicht die Hand nach ihr auszustrecken.
    Justine schlenderte ins grün gestrichene Schlafzimmer, griff nach einer dort stehenden Sporttasche und packte ein Sammelsurium an Kleidungsstücken ein. Sie stellte fest, dass Saskia anscheinend nichts Dezentfarbiges besaß, wenn man von ihrer schwarzen Kochtracht einmal absah. Selbst die Unterwäsche leuchtete zitronengelb, orangefarben und lila. »Mon Dieu. Das ist Augenfolter.« Sie stopfte alles hinein und zog den Reißverschluss zu. Danach warf sie einen raschen Blick aus dem Fenster, und als sie immer noch keinen Polizisten oder etwas Auffälliges entdecken konnte, ging sie in die Küche und schaute neugierig in den Kühlschrank. Der entpuppte sich als ein kleines Schlaraffenland, wie es sich für eine Köchin gehörte, und obwohl sie gerade noch eine Pizza verschlungen hatte, ließ Justine es sich wieder schmecken: Roastbeef, raffiniert eingelegte Oliven, marinierter Schafkäse, zwei Kräuterfrikadellen mit zweierlei Frischkäsefüllung und zum Nachtisch etwas von der Mousse, die offensichtlich selbstgemacht war. Zartbitter, genau ihr Geschmack! Jede Nuance schien auf ihrer Zunge und an ihrem Gaumen ein Geschmacksfeuerwerk abzubrennen. Dieses Essen war ein intensives Erlebnis!
    Wieder wanderten die Gedanken zu ihrem Höllentrip. Auch dort hatte sie gegessen, und es war nicht immer ekelhaft gewesen. Doch alles, was zur Welt der Dämonen gehörte, war vollkommen anders als das, was man in der Welt der Menschen erlebte. Geschmäcker, Gerüche und Geräusche, aber auch Schmerz, Vergnügen, Lust ... Als geborene Werwölfin wusste Justine nur zu gut, dass die Grenzen zwischen dem, was allgemein für Gut und für Böse gehalten wurde, schwimmend waren; dies potenzierte sich um ein Vielfaches, wenn es darum ging, das Verhalten von Dämonen zu beurteilen. Sie waren durchaus die Monster, für die Menschen sie hielten, aber auch noch viel mehr, so fremdartig und anders, dass es unmöglich war, sie jemals ganz zu begreifen.
    Dämonen vermochten vieles ... aber zum Glück nicht, ins Reich der Menschen vorzudringen. Nicht ohne Hilfe jedenfalls. Deswegen war es Justine ein echtes Anliegen, den Missbrauch der Artefakte zu verhindern. Dämonen hatten in ihrer leibhaftigen Form nichts auf der Erde zu suchen. Sie sollten in ihren Höllen bleiben, wo sie hingehörten, und das Spielfeld Erde ihren Getreuen überlassen. Es waren getrennte Welten. Faustitia hatte ihr dies einmal am Beispiel eines Eis erklärt: Dotter und Eiklar waren getrennt und ergaben doch eine Einheit, umhüllt von einer schützenden Schale. Sie ließen sich nur vermischen, wenn die Schale zuvor zu Bruch gegangen war, und eine matschige, schmierige Suppe mit harten Stückchen darin entstand. Chaos. Davon hatte niemand etwas.
    Justine sah ihr Spiegelbild in der verchromten Kaffeekanne, die auf der Spüle stand, und betrachtete ihr verzerrtes Antlitz. Sie sah aus wie vor fünf Jahren, als sie während der Schießerei an der Seite ihres Bruders Eric in Rom kurz vor dem Feuertod gestanden hatte. »Eric«, murmelte sie, nahm einen Löffel von der himmlischen Mousse und wählte seine Nummer ein zweites Mal. »Hallo, ich bin's«, sagte sie, sobald ihr Anruf entgegengenommen wurde. »Es könnte sein, dass ich deine Hilfe doch brauche.«
    »Ich sagte es dir schon: Ich bin raus aus dem Geschäft.« Im Hintergrund hörte sie ein Baby schreien. »Andere brauchen meine Aufmerksamkeit dringender.«
    »Mon frère, es gibt nur diese eine Welt. Mag sein, dass sie wirklich auf dem Spiel steht. Du wirst mit deiner

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