Blutprinz (German Edition)
Waffe in Zacharias Richtung. Der alte Vampir keuchte, wich zurück und zog den Dolch aus seinem Hals. Die Pistole fiel ihm aus der Hand, dann wandte er sich um und wankte aus dem Raum.
„Oh Gott, nein, bitte nein“, flehte sie und sank auf die Knie vor André, der seine Hand bewegte, als sie ihn berührte. „Sag etwas, bitte.“
Seine Antwort war ein leises Murmeln und sein Herzschlag wurde schwächer. Sie musste ihm helfen. Aber wie? Sie schaute auf die Schnittwunde an ihrem Unterarm. Der Schnitt war nicht tief, aber er blutete. Sie hielt die Wunde an seinen Mund, benetzte seine Lippen mit dem roten Lebenssaft. André stöhnte, dann spürte sie seine Zunge über die Wunde gleiten. Zaghaft begann er zu saugen. Ein Knurren dröhnte aus seinem Brustkorb und er öffnete die Augen. Wie im Zeitraffer heilten die schlimmsten Wunden.
André löste seine Lippen von ihrem Unterarm „Verdammt“, fauchte er. „Er hat dich getroffen. Ich dachte du bist tot.“
Sie schüttelte den Kopf. „Es war nicht so schlimm. Aber wir müssen Zacharias hinterher.“
„Das Haus wird bewacht. Auch wenn er entkommen sollte, wir finden ihn.“ Mit ihrer Hilfe stand er auf. „Natalie, ich … was ich zu dir gesagt habe, tut mir leid.“
Natalie sah, wie er um jedes Wort rang. Sie hoffte er sprach nicht nur im Adrenalin-Rausch.
„Ich verzeihe dir, wenn du mir versprichst, dass wir endlich eine gemeinsame Entscheidung treffen.“
„Lass uns von hier verschwinden. Ich besitze eine Villa außerhalb Londons, dort können wir in Ruhe über alles reden. Aber dieses Haus hier widert mich an.“
Anstatt durch den Haupteingang verließen sie den Keller über eine Stahlleiter und folgten einem U-Bahn-Tunnel bis zu einer kleinen Haltestelle. Die Fahrgäste musterten sie mit fragenden Blicken, als sie über die Absperrung auf den Bahnsteig kletterten. Auf dem Parkplatz vor der Haltestelle wartete ein Motorrad, mit dem André sie aus der Stadt brachte. Obwohl er mit halsbrecherischem Tempo die Straßen entlang jagte und keine Helme zu der nächtlichen Spritztour mitgebracht hatte, vertraute sie seinen übermenschlichen Instinkten. Sie schlang die Hände um seine Brust und schmiegte sich an seinen Rücken. Sie atmete seinen Duft ein, fühlte die Härte seiner angespannten Muskeln, während die Lichter der Umgebung zu einem endlosen Band aus bunten Linien verschmolzen.
Die Villa war ein kleines Schloss im viktorianischen Stil, erbaut aus roten Ziegelwänden, umgeben von einer hohen Mauer, die einen verwachsenen Garten in sich barg.
„Ich komm nur sehr selten her“, erklärte André und führte sie ins Haus.
Stille empfing sie. Die Möbel waren von weißen Laken verhüllt und sämtliche Fenster waren mit schweren Vorhängen abgedunkelt.
„Ich finde es traumhaft.“
Er schenkte ihr ein Lächeln, strich mit den Fingern durch ihr Haar und küsste sie auf die Stirn. Natalie genoss die Zärtlichkeit seiner Berührung, doch sie konnte auch spüren, wie erschöpft und müde er war. DieEnergie, die er durch ihr Blut erhalten hatte, schien aufgebraucht zu sein und sie dachte daran, ob er vielleicht noch mehr brauchte.
„Nein“, sagte er und schüttelte den Kopf, als hätte sie die Worte laut ausgesprochen. „Ein heißes Bad und etwas Ruhe ist alles was ich brauche.“
Kurz darauf versanken sie gemeinsam in einer geräumigen Badewanne, gefüllt mit nach Kräutern duftendem Wasser und weißem Schaum.
„Lehn dich zurück“, forderte sie auf, und er folgte ihrem Wunsch.
Sie griff nach dem Badeschwamm, tauchte ihn ins Wasser und begann, seine Wunden mit sanften Strichen zu waschen. Dabei erzählte sie André von Zacharias Motiv und dessen Anschuldigung. Nachdenklich rieb er sein Kinn und nickte.
„Ich erinnere mich an einen Fall dieser Art. Aber der Mann, der den Rat um Hilfe bat, hieß James Graham.“
„Ist es also wahr? Du hast dem Mann den Wunsch verwehrt?“
„Er hat gegen das Gesetz verstoßen.“
„So wie du.“
André sog die Luft ein. „Ja, so wie ich.“ Seine dunklen Augen blickten durch Natalie hindurch. „Ich habe in einigen Dingen Fehler begangen, doch mein Motiv war stets das Wohl meines Volkes. Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich als Ratsmitglied zurücktrete.“
„Denkst du, das hilft uns weiter?“
Er antwortete erst nach einer endlosen Minute. „Seit ich dir begegnet bin, weiß ich nicht mehr, was ich denken soll.“
Natalie konnte seine Verzweiflung sehen, seine innere Zerrissenheit, wie er wankte,
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