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Blutrausch

Blutrausch

Titel: Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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die glimmende Zigarette in der Hand, ohne daran zu ziehen.
    – Verstehe. Und jetzt?
    Ein Typ am anderen Ende des Tresens versucht, Evie auf sich aufmerksam zu machen. Sie beachtet ihn nicht.
    – Tja, da sie jetzt schon zum zweiten mal eine starke Virenbelastung festgestellt haben, muss getestet werden, ob ich gegen das Kaletra eine Resistenz entwickelt habe.
    – Und wenn ja?
    – Dann versuchen wir’s mit einem anderen Medikament.
    – Wann musst du den Resistenztest machen?
    Der Typ winkt ihr weiter zu.
    – Sobald ich das Schreiben vom Arzt an meine Versicherung weitergeleitet habe. Die müssen dann entscheiden, ob ich einen weiteren Resistenztest bewilligt kriege. Und falls nicht, müssen wir auf gut Glück irgendwelche anderen Medikamente prüfen. Aber weil die Versicherung nur Combivir und Kaletra bezahlt, muss ich mir jedes einzelne Medikament neu genehmigen lassen, was wohl eine Ewigkeit dauern wird. Und alle haben verschiedene Nebenwirkungen. Statt der ständigen Kotzerei krieg ich dann vielleicht Rettungsringe um die Hüften, oder mir fallen die Haare aus. Plötzliches Herzversagen ist auch drin.
    Sie reicht mir die Zigarette.
    – Da, nimm. Ich muss dieses Arschloch bedienen.
    Sie geht auf den Typen zu und nimmt seine Bestellung entgegen. Ich starre auf die Zigarette. Als sie zurückkommt, nimmt sie sie mir aus der Hand, setzt sie an die Lippen, entscheidet sich aber anders und gibt sie mir wieder zurück.
    – Sorry, dass ich heute Morgen so ausgerastet bin.
    Ich nehme einen tiefen Zug.
    – Kann ich was für dich tun?
    Sie klemmt sich eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr.
    – Tja. Da gäbe es schon was.
    – Was?
    – Was hast du für eine Blutgruppe?
    – Hm.
    Ich nehme einen Schluck Bier.
    – Keine Ahnung.
    – Wäre cool, wenn du das rausfinden könntest.
    – Warum?
    – Der Arzt hat gesagt, also das ist echt grauenhaft, er hat gesagt, ich soll mir einen Vorrat anlegen. Für später. Wenn ich Infusionen brauche. Mein eigenes Blut nutzt mir nicht viel, also brauche ich Spender. Die in der Blutbank könnten rausfinden, welche Blutgruppe du hast. Und ob sie zu mir passt.
    Sie lacht.
    – Wenn ja, dann könntest du mir was von deinem Blut spenden. Himmel, das ist die grässlichste Sache, um die ich je jemand bitten musste.
    Sie sieht mich an.
    – Alles in Ordnung, Joe?
    – Klar. Alles bestens.
     
    Die Zahl der Infizierten bleibt relativ konstant. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist es ziemlich schwierig, jemanden zu infizieren. Mit einem herzhaften Biss in den Hals ist es nicht getan. Das Blut des Infizierten muss sich irgendwie mit dem des Opfers mischen. Wie viel davon nötig ist, weiß keiner so genau. Aber da das Vyrus außerhalb seines Wirtskörpers nicht überleben kann, ist es recht kompliziert, es von einer Person auf die andere zu übertragen. Außerdem ist bisher unbekannt, ob es nur im Blut oder auch in anderen Körperflüssigkeiten existiert. Nicht, dass ich groß über diese Dinge nachgeforscht hätte. Meine schulische Laufbahn war mit etwa zwölf Jahren beendet, daher ist Biochemie nicht unbedingt mein Spezialgebiet. Alles, was ich darüber weiß, habe ich damals von Terry erfahren, der mir sozusagen einen Crashkurs gegeben hat. Trotzdem, mit meiner Unwissenheit bin ich nicht allein. Niemand hat je gründliche wissenschaftliche Studien darüber angestellt. Soweit ich weiß, ist es selbst unter optimalen Bedingungen nicht einfach, ein Virus zu untersuchen. Und hat man nicht viel mehr als einen Chemiekasten für Schüler zur Verfügung, ist man zwangsläufig dazu verurteilt, im Dunkeln zu tappen.
    Was nicht heißt, dass es die Leute nicht trotzdem versuchen.
    Die Koalition zum Beispiel. Irgendwie gelang es ihr, große Anteile eines mächtigen Konzerns namens Horde Bio Tech, Inc. zu erwerben. Sie war kurz davor, den Laden ganz zu übernehmen, um in den Labors das Vyrus zu erforschen. Hat leider nicht geklappt. Was unter anderem an mir lag.
    Okay, eigentlich lag es hauptsächlich an mir. Das ist auch der Grund, warum ich mit der Koalition nicht mehr auf allzu gutem Fuß stehe. Und warum mich Predo, der mich vorher gerade mal eben toleriert hat, auf die Liste derjenigen gesetzt hat, die sofort und ohne Aufhebens zu foltern und zu töten sind. Wie dem auch sei, mehr als die Koalition hat noch nie jemand über das Vyrus herausgefunden. Ihr Sekretariat hat in den letzten Jahrzehnten, oder vielleicht auch Jahrhunderten, ein gewaltiges Vermögen angehäuft. So viel Geld öffnet

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