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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Sensenmänner, die Angst und Zerstörung in ihrem Kielwasser führten. Die wie ein Messer durch den weichen Bauch eines Landes schnitten, in dem alle das Gefühl hatten, ihre Häuser seien mit weißen Kreuzen gezeichnet, und in dem die Geier der Angst über den Lebenden kreisten. Der perfekte Windschatten für eine andere Art von Mörder, gut gekleidet und ohne getönte Autofenster. Bestimmt war er unsichtbar wie Rauch vor dem hitzegrellen Himmel gewesen. Falls er existierte.
    »Sie wurden nie aufgespürt?«, fragte Riedwaan.
    »Nein.« Mrs Hofmeyrs Stimme klang erschöpft. »Wann findet die Polizei denn schon jemanden?«
    Riedwaan rutschte auf seinem Sitz herum. Darauf wusste er keine Antwort.
    »Was hat Ihr Mann mit seiner Zeit angefangen?«, wechselte Clare das Thema. »Nach der Armee?«
    »Er hat an der Schule das Rugbyteam trainiert. Und er hatte angefangen, Naturwissenschaften zu unterrichten. Er war Physiker. Die Armee war ein Sprungbrett für ehrgeizige Buren, die auf der falschen Seite der Stadt geboren waren. Naturwissenschaften
zu unterrichten war seine Art, sich für das zu entschuldigen, was passiert war – was früher passiert war«, verbesserte sie sich.
    »Hat er sich mit Freunden aus der Armeezeit getroffen?«
    »So gut wie nie. Er war ein Einzelgänger. Nach der Sache von Bischof Tutu legte sich der Staub wieder, und wir sahen kaum noch jemanden. Ich nehme an, sie brauchten einander nicht mehr und mussten sich nicht mehr vergewissern, wer wie viel erzählen würde. Manchmal schauten seine alten Kameraden vorbei, dann wurde ein bisschen getrunken oder sie gingen auf die Jagd, aber abgesehen davon hatte er mit der Vergangenheit abgeschlossen. Wir lebten hier sehr zurückgezogen. Mir gefiel das so.« Sie drehte den hinfällig gewordenen Ehering an ihrer linken Hand.
    »Verzeihen Sie, dass ich die Vergangenheit aufrühre«, sagte Clare.
    Mrs Hofmeyr schüttelte den Kopf. »Wo fängt sie überhaupt an? Das weiß ich nie bei der Vergangenheit. Kobus war Soldat. Die Armee war sein Leben, und damit war 1994 Schluss. War das der Anfang oder das Ende der Vergangenheit?«
    »Sind Sie deshalb nach McGregor gezogen?«, fragte Clare.
    »Ich glaube, meinem Mann war es egal, wo wir lebten. Er wollte hier nur abwarten, bis sein Herz zu schlagen aufhörte.«
    »Hatte er Depressionen?«
    Mrs Hofmeyr verscheuchte das Wort mit einer abfälligen Handbewegung. »Nichts als psychologische Aufkleber. Menschen sind keine Marmeladengläser. Depressiv, manisch, zwanghaft, paranoid. Es wird nicht dadurch anders, dass man ihm ein Etikett gibt.«
    »Er hat sie überwunden?«, tippte Clare.
    Mrs Hofmeyr sah sie überrascht an. »O ja. Langsam. Ohne es zu wollen. Dass unsere Tochter mit ihrem Baby aus Australien zu Besuch kam, hat dazu beigetragen. Sie hatten fünfzehn
Jahre lang nicht miteinander gesprochen, aber gegen ein Baby konnte nicht einmal er ankämpfen. Es war, als würde sich in seinem Inneren ein Knoten lösen und den Mann wieder freilassen, den ich geheiratet hatte. Ich weiß nicht. Immerzu machte er sich Sorgen um die Welt, um Bomben und Terroristen und darum, was seiner Skattebol zustoßen könnte.«
    »Wie war er so, Ihr Mann?«, fragte Clare.
    Mrs Hofmeyr räumte seufzend die Kaffeetassen ab. »Wenn Sie meinen Mann verstehen wollen, sollten Sie sich sein Arbeitszimmer ansehen.« Sie öffnete die Küchentür und deutete den Flur entlang. »Ich nehme an, man könnte sagen, dass sich seine Welt zuletzt darauf beschränkte.«
    Abgesehen von der Küche wirkte das Haus dunkel. Die Fensterläden waren geschlossen und alle Vorhänge zugezogen. Es war still wie in einem Museum. Clare öffnete eine Tür, die vom Flur abging. Ein rein männlicher Rückzugsort ohne jeden Schmuck. Unwiderstehlich. Sie trat ein. Der Schreibtisch war aufgeräumt, Brieföffner und Füllhalter standen in ihren Quarzhaltern. Eine perfekte Sandrose auf einem hässlichen kleinen Postament behütete einen Stapel mit Quittungen. Clare sah die Daten durch. Alle aus den letzten Tagen, bevor Hofmeyr getötet wurde: aus dem Getränkeladen, dem Baumarkt, Zigaretten und Zeitung aus dem Café. Neben dem Schreibtisch stand ein ausgehöhlter Elefantenfuß. Eine Jagdtrophäe. Aus dem Caprivi, dem Kaokoland oder Angola. Clare fragte sich, wo die Helikopter über dem Boden geschwebt waren und die Maschinengewehrkugeln in die fliehenden Tiere am Boden gehämmert hatten. Sie malte sich aus, wie die Elefantenkühe ihre in Panik erstarrten Jungen auf die Bäume zu

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