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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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trieben. Wie eine davon in die Knie sank und das Kalb sie mit der Stirn anstupste, ehe es sich zurückzog und still beobachtete, wie die Männer lachend aus dem Hubschrauber sprangen, um der Kuh den Fuß abzuschlagen, noch bevor das letzte Licht in ihren weisen Augen erloschen war. Andererseits
konnte der Ermordete den Fuß genauso gut in einem Trödelladen gekauft und ihn als Unikat heimgebracht haben.
    Eine Wand war mit Fotos übersät. Clare stellte sich davor und betrachtete sie. Ein Hochzeitsbild aus den Sechzigern. Später Mrs Hofmeyr in einem ärmellosen Top und mit einem Baby auf dem Arm. Dann noch ein Baby, während das erste Kind zu einem nachdenklichen kleinen Jungen herangewachsen war, der zwischen den schlanken Beinen seiner Mutter stand. Ein weiteres Foto zeigte eine kräftige junge Frau auf einem Rennboot neben einem lächelnden, ergrauten Major Hofmeyr.
    »Meine Tochter.« Mrs Hofmeyr stellte sich zu Clare. »Sie lebt inzwischen in Australien.«
    »Sie sehen glücklich aus«, sagte Clare.
    »Das waren sie«, erwiderte Mrs Hofmeyr. »Letztendlich.«
    Clare vermutete, dass die Politik die beiden entzweit hatte. Ein Vater mit einer militärischen Laufbahn voller Auszeichnungen passte nicht ins neue Südafrika.
    Mrs Hofmeyr fuhr mit einem Finger quer über ein Bild, auf dem ihr Mann auf einem staubigen Paradeplatz vor seinen Männern salutierte. Die wellenförmigen Sandverwehungen waren unverkennbar. Trotzdem war es befremdlich, die weite Ebene voller Zelte zu sehen. Sie schienen sich von einem Horizont zum anderen zu erstrecken wie eine Regatta von dreieckigen Khakisegeln auf einem Meer aus Sand.
    »Ist das Walvis Bay?«, fragte Clare.
    »Wo sonst? Heute ist es nicht mehr wiederzuerkennen«, sagte Mrs Hofmeyr.
    »Wie lange waren Sie dort?«
    »Soll ich Ihnen die Stunden und Minuten aufzählen? Die Herzschläge?« Ihre Verbitterung flackerte auf wie eine nackte Flamme. »Wir waren von 1989 bis 1994 dort. Fünf Jahre, drei Monate und elf Tage. Und davor auf dem Waffentestgelände in Vastrap in der Nordkap-Provinz. Weiß der Himmel, was wir
mitten in der Kalahariwüste sollten. Keine Menschen. Keine Bäume. Nichts als Hitze und Staub und Geheimnisse. Kein Ort, an den man mit einer Familie ziehen möchte.«
    Ein großes Bild hinter der Tür zog Clares Aufmerksamkeit auf sich. Sie hielt inne und blickte wie gebannt auf das Foto mit Major Hofmeyr. Schlank und braun gebrannt, und die Augen so blau wie der Himmel über den Dünen, die sich in einem majestätischen Bogen hinter ihm erhoben. Drei genauso selbstbewusst wirkende Soldaten hatten sich auf einem staubigen Bedford drapiert. Der Mann neben Hofmeyr, dessen Seemannsgang sich in seinen muskulösen, mit kurzen Khakis bekleideten Beinen spiegelte, fiel vor allem durch sein hartes Gesicht auf. Der dritte war gertenschlank, doch sein Gesicht war von seiner Kappe überschattet.
    »Das war Kobus’ Einheit.« Mrs Hofmeyr deutete auf das unten eingedruckte Datum. »Das wurde aufgenommen, als sie aufgelöst wurde. Es ist das letzte Bild, das sie alle zusammen zeigt, bevor sie heimkehrten.«
    »Sie kamen damals zurück?«
    »Kobus und ein paar Offiziere suchten die letzten Hinterlassenschaften zusammen und kehrten dann ebenfalls zurück. Die Truppen wurden mit Lastwagen und Zügen heimgeholt.«
    »Sie kennen sie? Die anderen?«, fragte Riedwaan.
    Mrs Hofmeyr schüttelte den Kopf. »Kobus hat uns immer getrennt, mich und sein Leben.« Sie trat vor das Foto. »Ich weiß nicht einmal, wie sie heißen.« Sie deutete auf die Gestalt im Schatten. »Der kam manchmal zu uns nach Hause, als es dem Ende zuging. Dann redete er mit Kobus. Mit mir hat er praktisch kein Wort gewechselt. Der hier …«, sie deutete auf den Mann an Hofmeyrs Seite, »hatte eine ganz junge Frau. Sie war Tänzerin, bevor er sie heiratete.« Stirnrunzelnd versuchte sie eine Erinnerung hervorzuholen. »Sie hieß Maylene oder Marlene. Irgendein ungewöhnlicher Name.«

    Clare sah ein Haus am Rand der Dünen vor sich. Ein Armreif aus Blutergüssen. »Nicht vielleicht Darlene?«, fragte sie.
    »Genau so: Darlene. Einmal ist ihr Mann auf einer Party auf ihren Knöchel getreten. Er behauptete, sie hätte geflirtet. Danach hat sie nie wieder getanzt.«
    Darlene. Der leicht ungleichmäßige Schritt. Der abgeworfene Nachname, um das Ende einer Ehe zu kennzeichnen. »Sie lebt noch dort«, sagte Clare.
    »In Walvis Bay?« Mrs Hofmeyr war fassungslos. »Ich nehme an, anders konnte sie ihrem Ehemann nicht

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