Blutrot - Die Farbe der Lust - Page, S: Blutrot - Die Farbe der Lust
des Mädchens. „Es muss Zayan sein.“
„Gut. Wo ist das Haus?“ Yannick erhob sich und blickte auf sie hinab. Der Regen durchnässte sein Haar, das weiße Hemd und seine Hose.
„Wir stecken in einer Zwickmühle, nicht wahr, mein Lord? Du kannst das arme Mädchen nicht hier draußen allein lassen, und du brauchst mich, um dir den Weg zum Haus zu zeigen.“
Er schob das nasse Haar aus dem Gesicht. „Du kannst zum Gasthaus zurücklaufen und Hilfe holen.“
„Und ganz nebenbei erfährt Crenshaw, dass dieses Mädchen von einem Vampir gebissen wurde.“
„Warum nicht? Er wird sich ohnehin fragen, welche Beweggründe dein Vater für seine nächtlichen Wanderungen hat.“
„Ich vermute, das fragt sich das ganze Dorf“, sagte Althea. „Aber ich werde trotzdem mit dir gehen.“
„Du bist völlig durchnässt“, machte er ihr klar und kniete sich wieder neben sie. In der Dunkelheit konnte Althea ihn kaum sehen, selbst als er ihr so nahe war. Aber sie hörte das Quietschen seiner Stiefel im Schlamm, als seine nasse Hand nach ihrem Kinn griff. „Du musst dich aufwärmen.“
Ihre nasse, schmutzige Haube klebte an ihren Wangen. Kalte Bäche Regenwasser strömten über ihr Gesicht. Als sie den Mund öffnete, klapperten ihre Zähne. „Du bist auch durchnässt.“
„Aber mich wird es nicht töten. Ich riskiere kein Fieber.“
„Du kannst mich mit deinem Blut füttern und beschützen.“
Sie hörte, wie er den Atem anhielt.
„Das würde ich tun, Süße. Um dein Leben zu retten.“ Er zog sie an der Hand hoch und sie schüttelte ihre nassen Röcke aus. „Und ich brauche dich nicht, um mich nach Chatham Manor zu führen. Ich kann Bastien hören, und das bedeutet, dass er am Leben ist und mir sagen kann, wo er ist. Und jetzt beweg deinen hübschen Hintern den Hügel hier hinunter in Richtung Gasthof.“
Sie hatte keine andere Wahl, außer seinem herablassenden, groben Befehl Folge zu leisten. Nicht nur, weil sie anderenfalls den Tod des armen Mädchens riskierte. Vielleicht machte er sie absichtlich wütend auf ihn, damit sie ihn allein gehen ließ – direkt in den Tod. Aber sie konnte schwerlich auf ihn wütend sein, nicht nachdem er das Leben des Mädchens gerettet hatte. Hinter der Arroganz des Edelmanns, hinter der räuberischen Natur des Vampirs sah sie einen gutherzigen Mann.
Und sie konnte ihn nicht allein in diese große Gefahr gehen lassen. Aber er würde nicht allein sein. Bastien wäre bei ihm, und gemeinsam könnten die dämonischen Zwillinge Zayan besiegen.
Sie musste daran glauben. Doch sie sehnte sich schmerzlich danach, ihn ein letztes Mal zu küssen, bevor er ging. Sie wollte ihn festhalten, sein Gesicht berühren, sich seine Züge einprägen. Nur diese letzten Augenblicke, bevor er ging.
Doch als Althea sich auf die Zehenspitzen stellte, um seine Lippen zu küssen, sah sie, dass er über ihren Kopf hinwegstarrte. Sie wirbelte herum und blickte in dieselbe Richtung. Sie erspähte eine Laterne auf dem Hügel, die sich plötzlich auf sie zu bewegte. Vermutlich war es ihr Vater oder O’Leary oder einige seiner Arbeiter. Es stimmte, ihr Vater hatte die übliche Diskretion aufgegeben, als er Arbeiter engagierte, ihm bei seiner Jagd zu helfen. Die meisten waren vermutlich inzwischen betrunken, weil sie genügend Schnaps in sich hineingekippt hatten, um sich warm zu halten und nicht von der Angst überwältigt zu werden. Die Laterne bewegte sich schwankend hin und her – gerade so, als würde sie von einem Mann getragen, der nicht sicher auf den Beinen war.
Sie griff nach Yannick. Hitze überflutete sie, als ihre Hand seinen muskulösen Arm berührte. Selbst durch den durchnässten Hemdsärmel konnte sie seine Wärme spüren, während sie völlig steifgefroren war.
Er blickte auf sie hinab. Sie waren einander so nah, dass Althea sich ihm nur wenige Zentimeter hätte nähern müssen, damit sie sich küssen konnten. Aber sie wich zurück, als er leise lachte. Wie konnten ihn Vampirjäger amüsieren? Selbst wenn ihr Vater ihn nicht verletzten wollte, war da draußen ein Dutzend unkontrollierter Männer, die nur zu gerne ihre Äxte und Schaufeln eingesetzt hätten.
„Du musst gehen“, drängte sie. „Geh!“ Ein Plan begann, sich zu formen. Sie wusste genau, wohin er gehen würde. Nachdem sie in das Gasthaus zurückgekehrt war, konnte sie ihm später folgen.
Yannicks lang gezogenes Seufzen unterbrach ihre Gedanken. Er umfasste ihr Kinn und hob ihr Gesicht. Regen prasselte auf ihre Wangen.
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