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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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Ach ja, ‚die glühende Leidenschaft, die unter seiner kühlen Fassade lodert‘. Sie war ganz verrückt nach Ihnen. Aber …“ Mit einem bedauernden Seufzen hob er die Schultern. „ Il conte kam leider zurück. Er versorgte sie nun mal, hielt sie wie eine wahre Prinzessin. Deshalb musste sie Sie loswerden und zwar schnell.“
    â€žSie hätte mir die Situation auch erklären können“, meinte Will, „und mich bitten, aus freien Stücken zu gehen …“
    â€žWären Sie denn so einfach gegangen, oder wären Sie nicht vielmehr geblieben und hätten um sie gekämpft?“
    Darüber brauchte Will nicht lange nachzudenken, und seine Miene sprach Bände.
    Thurston lachte. „Sehen Sie. Wie gesagt, die meisten Leute hatten gar keine Vorstellung davon, wie klug sie im Grunde war, wie … kompliziert. Aber ich wusste es. Ich wusste es von Anfang an.“

12. KAPITEL
    Vom Louisburg Square schlenderten Nell und Will zur Prattschen „Familienresidenz“, 82 Beacon Street, und wünschten Orville Pratt zu sprechen, der indes nicht zu Hause war. Er sei in seinem Club, erfuhren sie von Mrs. Pratt, wo er mit Freunden lunche, wie er dies ja jeden Samstag zu tun pflege.
    Im Somerset Club ließ der Portier sie allerdings wissen, dass Mr. Pratt heute noch gar nicht erschienen sei, und so bald wohl auch nicht erwartet werde. „Meines Wissens kommt er samstags nie vor dem Souper“, meinte er.
    Das Tremont House, wo Orville Pratt seine neue Geliebte logieren ließ, lag unweit des Somerset Club – gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite. „Wie praktisch“, befand Nell, als sie sich nun dorthin aufmachten.
    Es war das erste Mal, dass sie das luxuriöse Hotel von innen sah, und es bedurfte einiger Anstrengung, die architektonische Pracht nicht allzu offensichtlich zu bestaunen. „Miss Newland?“ Der Rezeptionist musste nicht einmal nachsehen und gab beflissen Auskunft: „Zweiter Stock, Zimmer zwei null zwei.“
    Auf Wills erstes Klopfen rührte sich nichts, und auch nicht auf sein zweites. Als er die Hand gerade zum dritten Mal hob, rief von drinnen eine mädchenhafte Frauenstimme: „Herrgott noch mal, wer is’n da?“
    â€žMein Name ist William Hewitt – ich bin ein Bekannter von Mr. Pratt“, sagte Will. „Miss Nell Sweeney begleitet mich. Es ist absolut unerlässlich, dass wir umgehend mit Mr. Pratt sprechen.“
    â€žDer is’ nich’ hier.“ Nach kurzer Pause fügte sie hinzu. „Außerdem kenn ich ja gar keinen Mr. Pratt.“
    Mr. Thurston hatte nicht übertrieben: Daisy Newland war wirklich eine erbärmliche Schauspielerin.
    â€žWenn Sie ihm bitte ausrichten würden, dass es um Mrs. Kimball und den Stonewall-Jackson-Revolver geht“, fuhr Will unbeirrt fort. „Wenn Mr. Pratt aber derzeit nicht zu sprechen ist, würden wir uns an Mrs. Pratt wenden. Vielleicht kann sie uns ja auch weiterhelfen.“
    Ungefähr eine halbe Minute verstrich, dann wurde die Tür von einer Blondine in einem spitzendurchwirkten Morgenmantel geöffnet, dessen Oberteil halb aufgeknöpft war, was ihre „gewissen Vorzüge“ recht offensichtlich zur Schau stellte. Ihr Haar hing offen und zerzaust herab, ihre Haut war milchig weiß, ihre Lippen leuchtend rot. Sie war von jener unbedarft gefälligen Schönheit, wie sie manch jungen Mädchen zu eigen ist – wären da nicht ihre schwarz umrandeten, matt und verdrießlich blickenden Augen gewesen.
    Daisy grüßte gar nicht erst, sondern wandte sich wortlos um und rauschte zurück durch den mit Liebe zum verspielten, wenngleich nicht unbedingt geschmackvollen, Detail eingerichteten Salon, wobei sie eine Wolke süßlichen Parfüms hinter sich herzog. Mit der Faust hieb sie gegen eine verschlossene Tür am Ende des Raums, die vermutlich ins Schlafzimmer führte, und rief: „Bist du bald fertig da drin?“
    Undeutlich und gedämpft ließ sich eine Männerstimme vernehmen, die Nell indes nicht verstehen konnte. Die junge Frau trat an ein gut sortiertes Spirituosenkabinett, kippte sich den letzten Rest Whiskey aus einer Karaffe in ein Glas und machte es sich damit auf einer samtenen Chaiselongue gemütlich. Der Rock ihres Morgenmantels fiel auseinander und enthüllte ihre Beine von den Knien an abwärts; sollte sie es überhaupt bemerkt haben, so schien

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