Blutrot wie die Wahrheit
mal, Sie sind Polizist!â, fuhr Nell ungehalten auf. âHaben Sie denn überhaupt kein Interesse daran, den wahren Mörder ausfindig zu machen?â
âDen wahren Mörder â und wer sollte das bitteschön sein?â, fragte der Detective.
âIch habe da so meine Vermutungenâ, sagte sie. âWeià ich doch, dass Orville Pratt und drei andere Männer Sie bestochen haben, damit Sie das Rote Buch unter Verschluss und ihre Namen aus den Ermittlungen heraushalten.â
âHaben Sie das Buch am Tatort gefunden?â, fragte Will.
âSelbst wenn, glauben Sie vielleicht, das würde ich Ihnen sagen? Und was die Sache mit den Bestechungen angeht, so weià ich wirklich nicht, wovon Sie â¦â
âAm Tag nach dem Mordâ, unterbrach ihn Nell, âsuchten einige distinguierte Herren Sie in Ihrem Büro auf: Mr. Pratt, Isaac Foster, Weyland Swann, Horace â¦â
âWoher wollen Sie das denn wissen?â, rief Skinner. âDas haben Sie von Cook, nicht wahr? Dieser gottverdammte, geschwätzige â¦â
âVorsichtâ, riet ihm Will drohend.
âEr hat es Ihnen gesagt, was? Die Iren hängen doch immer zusammen rum und tratschen und brüten irgendwas aus â¦â
âEr warâs nichtâ, log Nell.
âWer dann?â
âGlauben Sie vielleicht, das würde ich Ihnen sagen?â, wiederholte sie seine Worte.
âSie sind da sowieso auf der falschen Spurâ, lieà Skinner sie wissen. âDiese Herren haben allesamt ein Alibi für die Tatzeit. Bacon war am Gericht, Swann auf einer Vorstandssitzung, Foster hat eine Vorlesung gehalten und Pratt ⦠Pratt hat einen Besuch gemacht.â
âEr war bei seiner Geliebtenâ, präzisierte Nell. âDie aussagen wird, was immer er von ihr verlangt, solange er ihr nur weiter die Miete zahlt.â
Skinner grinste anzüglich. âUnd woher weià eine nette kleine Miss wie Sie solche Sachen?â
Will spannte sich an, als wolle er sogleich von seinem Stuhl springen; Nell beschwichtigte ihn, indem sie ihm sachte die Hand auf den Arm legte. âZumindest ist das in meinen Augen kein überzeugendes Alibiâ, befand sie. âUnd ich weià auch, dass Mr. Thurston Ihnen erzählt hat, dass Mr. Pratt am Tag vor dem Mord gedroht hat, sie â¦â
âDieser jämmerliche GeiÃbock?â, schnaubte Skinner. âJetzt will ich Ihnen mal was sagen: Die alte Lady Thurston hat eine sehr rege Fantasie, was ja vielleicht ganz gut fürs Stückeschreiben sein mag, aber um ein glaubwürdiger Zeuge zu sein, ist das nicht ganz so gut. Und falls Sie es noch nicht wissen, Ihr guter Thurston behauptet, während der Tatzeit zu Hause gewesen zu sein â allein, in trauter Einsamkeit, niemand, der ihm ein Alibi geben könnte. So. Da können Sie jetzt mal drüber nachdenken.â Skinner lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. âWeshalb sind Sie beide eigentlich wirklich hier? Wenn Sie mich wegen Meineides belangen wollten, wären Sie doch gleich zu Kurtz gerannt oder besser noch zum Staatsanwalt. Dann wären Sie nicht hier.â
âSie werden Orville Pratt ausrichten, dass er das Haus noch nicht aufräumen lassen kannâ, sagte Nell.
âWarum? Nur weil Sie versuchen wollen, die Unschuld von dieser Gannon zu beweisen?â
âWeil wir Kurtz und dem Staatsanwalt sonst erzählen, dass Sie unter Eid gelogen habenâ, erwiderte Will.
Skinners Blick irrte umher und richtete sich auf alles Mögliche, nur nicht auf Nell und Will. âUnd wie soll ich das Pratt erklären?â, fragte er schlieÃlich.
âDas bleibt ganz Ihnen überlassenâ, meinte Will. âSorgen Sie einfach dafür, dass nichts im Haus verändert wird, bis Miss Sweeney und ich uns der Sache angenommen haben. Wenn Ihnen das gelingt, versprechen wir Ihnen, Ihre Tricksereien und Betrügereien als bloÃe Stümperei darzustellen. Das sollte Ihnen Ihre Stelle retten und eine Haftstrafe ersparen. Wenn das Haus aber von seiner Beweislast bereinigt werden sollte, bevor Miss Sweeney und ich die Sache zum Abschluss gebracht haben, dann versichere ich Ihnen, dass Sie für Ihre falsche Aussage werden geradestehen müssen.â
Will und Nell standen auf, derweil Skinner noch immer nach einer Antwort rang.
âEinen schönen Tag noch, Detectiveâ, sagte Nell im
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