Blutrote Kuesse
hinter mir auf und beugte sich vor, um meine Wange zu küssen. Ich zuckte aus ehrlicher Gewohnheit zurück, und das war die perfekte Reaktion. Ich hätte nicht glaubhafter wirken können. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Hennessey die Lippen zusammenpresste.
»Bones. Was für eine unerwartete... Überraschung. Diese bezaubernde junge Dame ist doch wohl kaum mit dir verabredet. Sie hat viel zu gute Umgangsformen.«
Na ja, ein weiterer Punkt für den bösen Buben.
Bones warf Hennessey einen drohenden Blick zu. »Du sitzt auf meinem Stuhl.«
»Bones«, tadelte ich ihn mit gespieltem Entsetzen, »sei nicht so ungehobelt. Dieser nette Herr hat mir während deiner Abwesenheit nur Gesellschaft geleistet.«
»Ja«, säuselte Hennessey und warf Bones seinerseits einen Blick zu; in seinen Augen funkelte es. »So ein hübsches Ding darf man nicht lange allein lassen, alter Knabe.
Irgendein Ungeheuer könnte sie sich doch... schnappen.«
»Lustig, dass gerade du das sagst.« In seiner Stimme lag ein gefährlicher Unterton, den ich bis dahin noch nie gehört hatte. Was immer auch zwischen ihm und Bones vorgefallen sein mochte, Bones konnte ihn wirklich nicht ausstehen. »Es heißt, das sei deine Spezialität.«
Hennesseys Augen wurden schmal. Die Spannung zwischen den beiden nahm zu. »Wer sollte denn so etwas behaupten?«
Bones lächelte kalt. »Du würdest dich wundern, was die Leute alles so herausfinden, wenn sie nur lange genug forschen.«
Ich sah von einem zum anderen. Es hatte den Anschein, als würden sie jeden Augenblick ihre verbale Auseinandersetzung beenden und einander an die Gurgel gehen.- Logan beugte sich über den Tresen und tippte an den Rand meines vergessenen Glases. Offenbar war auch ihm die Feindseligkeit zwischen den beiden nicht entgangen.
»Nicht hier, meine Herren. Sie kennen die Regeln.«
Hennessey sah Logan an und winkte lässig ab.
»Ja, ich weiß. Die dummen Bestimmungen, aber als Gast muss man sich eben an die Regeln des Gastgebers halten.«
»Hör auf rumzusülzen«, bemerkte Bones scharf. »Steht dir nicht. Das ist mein Stuhl, und sie ist mit mir hier, also zieh Leine.«
»Wie bitte?« In perfekt inszenierter Entrüstung stand ich auf und wandte mich Bones zu. »Ich weiß ja nicht, wie du mit anderen Mädchen umgehst. Für mich triffst du aber keine Entscheidungen über meinen Kopf hinweg! Ich bin nicht dein Eigentum, das ist unsere erste Verabredung. Und eigentlich wäre ich nicht einmal mit dir ausgegangen, wenn du mich nicht immer wieder angebettelt hättest.« Ich verkniff mir ein Grinsen, als Bones auf diese Worte hin vor Wut erbleichte. »Unsere Verabredung ist beendet. Ich lasse mir ein Taxi kommen. In der Zwischenzeit kannst du dich zum Teufel scheren.«
Hennessey lachte. »Du hast die Dame gehört. Du kennst die Regeln. Nur freiwillige Begleiter sind erlaubt, und freiwillig möchte sie offensichtlich nichts mit dir zu tun haben. Sie hat es schon gesagt: Verzieh dich.«
Bones nahm es mit kaum verhohlenem Zorn auf.
»Regeln wir das wie Männer. Gehen wir nach draußen und machen das unter uns aus? War schon lange fällig.«
In Hennesseys Augen funkelte es. »Oh, das machen wir, darauf kannst du dich verlassen. Nicht jetzt, aber bald. Du mischst dich schon zu lange in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen.«
Was soll das heißen?, fragte ich mich. Später würde ich nachfragen müssen.
»Oohhh, mir schlottern schon die Knie«, spottete Bones. »Ein andermal dann. Ich freue mich schon.«
Mit diesen drohenden Worten stolzierte er davon.
In gespielter Bestürzung schnappte ich mein Portemonnaie und begann, Geldscheine auf den Tresen zu werfen.
Hennessey hielt mich zurück, indem er mir in einer flehentlichen Geste die Hand auf den Arm legte. »Bitte bleiben Sie noch auf einen Drink. Ich fühle mich für das Geschehene verantwortlich, aber ich habe es in bester Absicht getan. Dieser Mann kennt keine Skrupel.«
Scheinbar widerwillig setzte ich mich wieder.
»Okay, ein Drink. Ich bin Ihnen wohl ohnehin etwas schuldig, weil Sie mir diesen Widerling vom Hals geschafft haben. Ich heiße übrigens Cat. Bones hat vergessen, uns miteinander bekannt zu machen.«
Um den Eindruck noch perfekter zu machen, lächelte ich unsicher.
Er gab mir einen Handkuss.
»Es ist mir eine große Freude, Cat.«
Hennessey beschwatzte mich, etwas Alkoholisches zu bestellen, und so trank ich noch einen Gin Tonic. Nach drei weiteren sagte ich ihm, ich müsse zur Toilette, und ließ ihn an
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