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Blutrote Kuesse

Titel: Blutrote Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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über und konzentrierte mich auf die Eingangstür, von wo aus das Klopfen gekommen war. Ich konnte ein Herz schlagen hören, die Person war allein. Meine Messer ließ ich also im Schlafzimmer. Voll bewaffnet an der Tür zu erscheinen konnte einen schlechten Eindruck hinterlassen, falls es zufällig mein Vermieter war.
    Als ich jemanden weggehen hörte, riss ich hastig die Tür auf und sah gerade noch einen jungen Mann in der Nachbarwohnung verschwinden.
    »Hey!«, rief ich ein wenig strenger als beabsichtigt.
    Er blieb beinahe schuldbewusst stehen, und da fiel mir das Körbchen zu meinen Füßen auf. Ein kurzer Blick zeigte, dass es asiatische Instant-Nudelsuppen, Tylenol und Pizza-Coupons enthielt.
    »Überlebensausrüstung fürs College«, sagte er und näherte sich mit schüchternem Lächeln. »Ich habe gesehen, wie du gestern Abend deine Bücher reingetragen hast, da dachte ich mir, du gehst bestimmt auch aufs College. Wir sind Nachbarn, ich heiße, Timmie. Ah, Tim. Tim, meine ich.«
    Dieser offensichtliche Versuch, seinen Spitznamen zu vertuschen, entlockte mir ein Lächeln. Solchen Ballast aus der Kindheit wurde man schwer wieder los. Meinen würde ich wohl ewig mit mir herumschleppen.
    »Ich bin Cathy«, antwortete ich und benutzte wieder meinen Schulnamen. »Danke für die Sachen, ich wollte dich nicht anraunzen. Ich bin nur immer ein bisschen grantig, wenn ich aufwache.«
    Sofort wurde er kleinlaut. »Tut mir leid! Ich habe gedacht, du wärst schon auf. Mensch, bin ich blöd. Leg dich wieder hin, bitte.«
    Er drehte sich um und wollte in seine Wohnung verschwinden. Irgendwie erinnerten mich seine hochgezogenen Schultern und die unbeholfene Art an... mich selbst. Gewöhnlich war ich genauso verzagt. Es sei denn, ich konnte jemanden kaltmachen.
    »Macht nichts«, warf ich hastig ein. »Ah, ich hätte sowieso aufstehen müssen, der Wecker hat wohl nicht geklingelt, also... hast du Kaffee?«
    Kaffee mochte ich nicht mal besonders, aber er hatte sich solche Mühe gegeben, und ich wollte nicht, dass er ein schlechtes Gewissen hatte. Als ich die Erleichterung auf seinem Gesicht sah, war ich froh für meine kleine Notlüge.
    »Kaffee«, wiederholte er, wieder schüchtern lächelnd. »Ja klar, komm rein.«
    Unter meinem Bademantel hatte ich nichts an. »Augenblick noch.«
    Nachdem ich mir Trainingshose und T-Shirt übergestreift hatte, tappte ich in Hausschuhen zu Timmie. Er hatte die Wohnungstür offen gelassen, und der Duft von Folgers Kaffee drang mir entgegen. Den hatten meine Großeltern auch immer gekocht. Der Geruch war irgendwie anheimelnd.
    »Hier.« Er reichte mir einen Becher, und ich setzte mich auf einem Barhocker an die Küchentheke. Unsere Wohnungen waren gleich geschnitten, nur gab es bei Timmie natürlich Möbel. »Zucker und Sahne?«
    »Ja, bitte.«
    Ich musterte ihn, während er in der kleinen Küche herumfuhrwerkte. Timmie war nur ein paar Zentimeter größer als ich, nicht ganz eins achtzig, hatte rotblondes Haar und braungraue Augen.
    Er trug eine Brille, und sein Körper wirkte, als habe er die schlaksige Pubertätsphase gerade erst hinter sich. Mein inneres Alarmsystem hatte noch nichts Bedrohliches an ihm ermitteln können. Dennoch kam es mir so vor, als hätte jeder, der mir freundlich begegnete, irgendwelche Hintergedanken.
    Danny? One-Night-Stand. Ralphie und Martin? Versuchte Vergewaltigung. Stephanie? Menschenhandel. Meine Paranoia war alles andere als unbegründet. Sollte ich mich nach diesem Kaffee auch nur ansatzweise komisch fühlen, hatte Timmie es sich verscherzt.
    »Also, äh, Cathy bist du aus Ohio?«, fragte er und fingerte nervös an seiner Tasse herum.
    »Sogar hier geboren«, antwortete ich. »Und du?«
    Er nickte, verkleckerte Kaffee auf der Küchentheke und fuhr dann mit einem verstohlenen Blick in meine Richtung zusammen, als fürchte er, von mir gerügt zu werden.
    »Entschuldige. Ich bin ein Tollpatsch. Oh, ähem, ja, ich bin auch von hier. Powell. Meine Mutter arbeitet dort als Bankangestellte, ich habe eine kleine Schwester, sie wohnt noch daheim und hat gerade mit der Highschool begonnen. Mein Vater ist tot, deshalb sind wir nur noch zu dritt. Autounfall. Ich kann mich nicht mal an ihn erinnern. Wahrscheinlich wolltest du das gar nicht alles wissen. Entschuldige. Manchmal rede ich zu viel.«
    Ähnlich wie ich hatte er die Angewohnheit, sich nach jedem zweiten Satz zu entschuldigen. Dass er auch ohne Vater aufgewachsen war, ließ ihn mir umso vertrauter erscheinen. Ich

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