Blutrote Kuesse
dann vorzustellen.«
»Jetzt übertreib mal nicht!«, warf ich ein, beleidigt, weil er mich als kaltblütige Killerin dargestellt hatte.
»Schon gut.« Bones ließ das Thema auf sich beruhen. »Kätzchen, das ist mein bester Freund, Charles, aber du kannst ihn Spade nennen. Charles, das ist Cat, die Frau, von der ich dir erzählt habe. Jetzt siehst du selbst, dass meine Schilderung... untertrieben war.«
Seinem Tonfall nach zu urteilen war das nicht unbedingt ein Kompliment, aber ich hatte leichte Gewissensbisse, weil ich dem schlaksigen Vampir, der mich jetzt beäugte, so übel mitgespielt hatte. Also schwieg ich und streckte ihm einfach die Hand entgegen.
»Hi.«
»Hi«, wiederholte Spade und warf dann lachend den Kopf in den Nacken. »Die Freude ist ganz meinerseits, Schätzchen! Wirklich nett, deine Bekanntschaft zu machen, jetzt, wo du mir nicht mehr ans Leder willst.«
Seine Augen waren tigerfarben und musterten mich abschätzend, als er mir die Hand schüttelte. Ich warf ihm meinerseits einen prüfenden Blick zu. Das war mein gutes Recht. Wie er so neben Bones stand, wirkte Spade um die fünf Zentimeter größer, er war also etwa einen Meter neunzig groß. Er hatte ein schmales, attraktives Gesicht, eine gerade Nase und tiefschwarzes Haar, das am Oberkopf abstand und ihm dann bis über die Schultern fiel.
»Spade. Du bist doch Weißer? Ist das nicht irgendwie... politisch inkorrekt?«
Wieder lachte er, diesmal aber weniger ausgelassen. »Oh, das hat nichts mit Rassismus zu tun. Der Aufseher in Neusüdwales hat mich so genannt. Spade heißt
Spaten, und ich war Erdarbeiter. Er hat nie jemanden bei seinem Namen genannt, immer nur nach seinem Werkzeug. Seiner Ansicht nach hatten es die Sträflinge nicht besser verdient.«
Oh, der Charles war das also. Mir fiel ein, dass der Name gefallen war, als Bones mir von seiner Zeit in der Sträflingskolonie erzählt hatte. Ich freundete mich mit drei Männern an, Timothy, Charles und Ian.
»Klingt ziemlich erniedrigend. Warum nennst du dich immer noch so?«
Spade hörte nicht auf zu lächeln, aber seine markanten Gesichtszüge verhärteten sich. »Damit ich diese Zeit nie vergesse.«
Okay. Ein Themenwechsel war fällig. Bones kam mir zuvor.
»Charles hat Informationen über einen von Hennesseys Handlangern, der eventuell für uns nützlich sein könnte.«
»Wunderbar«, sagte ich. »Soll ich mich schon mal in meinen Nuttenfummel schmeißen und mit Make-up zukleistern?«
»Du solltest dich raushalten«, erwiderte Spade ernst.
Ich hätte ihm am liebsten gleich wieder eine Ladung Steine ins Gesicht geschleudert. »Mein Gott, sind alle Vampire Chauvinisten? Oder kommt das nur daher, dass ihr aus dem achtzehnten Jahrhundert stammt? Ein Mädel gehört in die Küche, da kann ihm nichts passieren, was? Wach auf, wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, Spadel Frauen können mehr als bangend auf ihren Retter warten!«
»Wärst du Crispin egal, würde ich dir viel Glück wünschen und dich losziehen lassen«, gab Spade sofort zurück. »Aber zufällig weiß ich aus erster Hand, wie schrecklich es ist, einen geliebten Menschen durch einen gewaltsamen Tod verlieren zu müssen. Es gibt nichts Schlimmeres, und ich würde es ihm gern ersparen.«
In einem Winkel meiner Seele freute ich mich darüber, dass Bones seinem Freund gegenüber eingestanden hatte, Gefühle für mich zu haben. Ich glaubte zwar nach wie vor nicht, dass er mich liebte, aber es tat gut zu wissen, dass er mich nicht nur als Betthäschen sah.
»Hör mal, es tut mir leid, dass jemand, der dir nahestand, von Vampiren umgebracht worden ist, ehrlich. Aber ... «
»Sie ist nicht von Vampiren umgebracht worden«, unterbrach er mich. »Eine Gruppe französischer Deserteure hat ihr die Kehle durchgeschnitten.«
Ich öffnete den Mund, stutzte und schloss ihn wieder. Damit war einiges geklärt, nicht nur, dass ich wieder einmal die falsche Spezies für einen Mord verantwortlich gemacht hatte. Ich wusste zwar sonst nichts über die Frau, aber sie war ein Mensch gewesen.
»Mit mir ist das was anderes«, sagte ich schließlich und warf Bones einen fragenden Blick zu, weil ich wissen wollte, ob er mit Spade auch über dieses Thema gesprochen hatte.
»Ich hab's schon gehört«, antwortete Spade. »Und vorhin hast du mich ganz schön überrumpelt, aber egal, was für außergewöhnliche Fähigkeiten du auch haben magst... du bist leichte Beute. Dein Pulsschlag ist deine größte Schwäche, und hätte ich vorhin
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