Blutrote Kuesse
und wir zu Boden gingen. Ich packte blitzschnell seinen Kopf und schmetterte ihn mit dem Gesicht nach unten auf den Felsboden, sodass sich die Steine noch tiefer in seine Augen bohrten. Als er mich abschütteln wollte, setzte ich mich rittlings auf seinen Rücken, drückte ihn mit meinem Gewicht nach unten und presste meine Schenkel so fest wie möglich zusammen. Immer wieder schmetterte ich seinen Kopf auf den Boden und verfluchte seine Stärke. Ohne Zweifel ein Meistervampir. Na ja, was hatte ich auch erwartet? Wäre er ein Schwächling gewesen, hätte nicht er vor mir gestanden, sondern Bones.
»Hör auf! Aufhören!«, brüllte er.
Das spornte mich nur noch mehr an. »Wo ist Bones? Wo ist er?«
»Verdammt, er hat gesagt, er kommt gleich!«
Er sprach mit britischem Akzent. Das war mir vorher gar nicht aufgefallen, so besorgt war ich gewesen. Ich hatte zwar aufgehört, ihm den Schädel einzuschlagen, presste ihn aber weiterhin mit dem Gesicht auf den Felsboden.
»Du arbeitest für Hennessey. Warum sollte Bones dir sagen, dasserbald zurückkommt?«
»Weil ich verdammt noch mal Crispins bester Freund bin, nicht irgendein Lakai von diesem Halsabschneider!«, empörte er sich.
Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet. Crispin war Bones' echter Name, und ob den so viele kannten, wusste ich nicht. In Sekundenbruchteilen erwog ich das Für und Wider, dann schnappte ich mir einen scharfkantigen Steinbrocken und hielt mit einer Hand seinen Kopf fest. Das spitze Steinkante drückte ich ihm in den Rücken.
»Spürst du das? Das ist Silber. Eine Bewegung, und ich ramme es dir direkt ins Herz. Vielleicht bist du Bones' Freund, vielleicht aber auch nicht. Weil Gottvertrauen nicht meine stärkste Seite ist, warten wir zusammen auf ihn. Kommt er nicht bald zurück, wie du gesagt hast, weiß ich, dass du lügst, dann bist du dran.«
Mit angehaltenem Atem fragte ich mich, ob er meinen Trick durchschauen würde. Ich hatte seine Haut noch nicht geritzt, so konnte er wohl kaum spüren, dass meine Waffe nicht aus Silber war. Was das anbelangte, hatten Vampire hoffentlich keinen sechsten Sinn. Für den Fall, dass er kein Freund war, hatte ich mir vorgenommen, ihm den Steinbrocken trotzdem ins Herz zu rammen und dann wie der Teufel loszurennen und mir mein Silber zu schnappen. Falls ich noch dazu in der Lage sein würde.
»Hör auf, mir das Gesicht auf diesen dreckigen Felsboden zu drücken. Ich mache alles, was du willst«, antwortete er kühl. »Lässt du jetzt bitte meinen Kopf los?«
»Na klar.« Ich kicherte boshaft, ohne meinen Griff auch nur im Geringsten zu lockern. »Und dann soll ich dich wohl auch noch an meiner Gurgel nuckeln lassen? Wohl kaum.«
Er stieß einen Laut der Entrüstung aus, der mir ziemlich vertraut vorkam.
»Komm schon, das ist doch lächerlich... «
»Klappe.« Ich wollte verhindern, dass ich durch sein Gequatsche Bones'Ankunft überhörte... falls er überhaupt kam. »Bleib liegen, und stell dich tot, sonst bist du es bald wirklich.«
Zwanzig verkrampfte Minuten später schlug mein Herz höher, als ich sicheren Schritts jemanden auf die Höhle zugehen hörte. Dann spürte ich, wie eine vertraute Energie den Raum erfüllte, und die Schritte näher kamen.
Bones bog um die Ecke und blieb wie angewurzelt stehen. Ich hatte mich gerade zurückgelehnt und den Kopf des Vampirs endlich losgelassen, da zog er auch schon eine dunkle Augenbraue hoch.
»Charles«, hörte ich Bones' deutliche Stimme. »Du hast hoffentlich eine ausgezeichnete Erklärung dafür, warum sie auf dir sitzt.«
Kapitel 16
Kaum hatte ich ihn losgelassen, da stand der schwarzhaarige Vampir auch schon auf und klopfte sich die Kleidung sauber.
»Glaub mir, Kumpel, ich habe es selten weniger genossen, eine Frau auf mir sitzen zu haben. Wollte bloß mal hallo sagen, und diese Teufelin raubt mir mit einer Ladung Steine fast das Augenlicht. Dann versucht sie mir den Schädel zu spalten und droht, mich bei der geringsten Bewegung mit Silber aufzuspießen! Es ist schon ein paar Jahre her, seit ich das letzte Mal in den Staaten war, aber ich muss schon sagen, die Begrüßungsgepflogenheiten haben sich ziemlich geändert!«
Bones verdrehte die Augen und klopfte ihm auf die Schulter. »Freut mich, dass du so weit in Ordnung bist, Charles. Das hast du übrigens nur dem Umstand zu verdanken, dass sie gar keinen Silberpflock hatte. Sonst wärst du gleich aufgespießt worden. Sie neigt dazu, den Leuten erst das Licht auszublasen und sich
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