Blutrote Kuesse
zerschmetterte Lampe, den demolierten Tisch, den blutigen Teppich, die umgeworfene Couch und jede Menge anderer Einrichtungsgegenstände, die nicht mehr ganz dem Zustand entsprachen, in dem wir sie vorgefunden hatten. Es sah aus, als hätte ein Kampf stattgefunden. Stimmte ja auch irgendwie. Ein sinnlicher Kampf eben.
Er grinste und streckte die Arme über dem Kopf aus. »Das war es mir wert.«
Mir fiel die Tätowierung auf seinem linken Arm ins Auge. Natürlich hatte ich sie zuvor schon bemerkt, aber irgendwie keine Lust gehabt, ihn danach zu fragen. Nun fuhr ich sie mit dem Finger nach.
»Zwei überkreuzte Knochen. Wie passend.« Die Tätowierung war nicht mit Farbe ausgefüllt; nur die Kontur der Knochen war zu sehen. Seine bleiche Haut ließ die schwarze Tinte noch stärker hervortreten. »Wann hast du sie machen lassen?«
»Ein Freund hat sie vor über sechzig Jahren gestochen. Er war ein Marinesoldat und ist im zweiten Weltkrieg gefallen.«
Gott, was für ein Generationsunterschied. Diese Tätowierung war mehr als dreimal so alt wie ich. Mit leisem Unbehagen wechselte ich das Thema.
»Hast du noch irgendetwas über Charlie herausgefunden?«
Während ich das Frühstück bestellt hatte, war Bones am Computer gewesen. Ich wollte gar nicht wissen, wie er vorgegangen war, um herauszufinden, ob auf Charlie ein Kopfgeld ausgesetzt war. Charlie bei eBay anbieten, vielleicht? Leiche, extrakross! Höre ich tausend Dollar?
»Ich sehe mal nach. Sollte sich allmählich jemand gemeldet haben«, antwortete er und stieg elegant aus dem Bett. Er war noch immer nackt, und ich musste einfach seinen Hintern betrachten. Über zweihundert Jahre alt oder nicht, er sah schon klasse aus.
»Ah, eine E-Mail mit guten Nachrichten. Banküberweisung erfolgt, hunderttausend Dollar. Charlie hat sich mit dem Falschen angelegt, wer immer er sein mag. Ich teile ihm jetzt mit, wo die Leiche zu finden ist, und Hennessey wird es bald erfahren. Das sind auch zwanzig Riesen für dich, Kätzchen, und du musstest ihn noch nicht mal küssen.«
»Ich will das Geld nicht.«
Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Ich musste nicht einmal darüber nachdenken. Auch wenn der oberflächliche, habgierige Teil meines Verstandes in Protestgeschrei ausbrach.
Er musterte mich neugierig. »Warum nicht? Du hast es dir verdient. Ich habe dir doch gesagt, dass das Teil der Abmachung war, auch wenn ich dich nicht gleich eingeweiht habe. Wo liegt dein Problem?«
Seufzend versuchte ich, das Durcheinander an Gefühlen und Gedanken zu beschreiben, das mein Gewissen mir bescherte.
»Es ist eben nicht richtig. Es anzunehmen, solange wir noch nicht miteinander ins Bett gegangen sind, war eine Sache. Ich will aber nicht das Gefühl haben, mich von dir aushalten zu lassen. Ich möchte nicht gleichzeitig deine Angestellte und deine Geliebte sein. Wirklich, du hast die Wahl. Bezahle mich, und ich schlafe nicht mehr mit dir. Behalte das Geld, dann können wir weiter miteinander ins Bett gehen.«
Bones brach auf der Stelle in Gelächter aus und kam zu mir.
»Und du fragst dich, warum ich dich liebe. Genau genommen bezahlst du mich ja dafür, dass ich mit dir in die Kiste steige. Weigere ich mich nämlich, schulde ich dir zwanzig Prozent meiner Einnahmen. Kreuzdonnerwetter, Kätzchen, du machst mich wieder zum Stricher.«
»Das... das war... Verdammt, du weißt, was ich damit sagen wollte!«
Von dieser Seite hatte ich das noch nicht betrachtet. Ich versuchte, mich aus seinen Armen zu lösen, doch er hielt mich mit stahlhartem Griff. In seinen Augen war noch immer ein ausgelassenes Funkeln zu sehen, aber da war noch etwas. Das dunkle Braun ging ins Grünliche über.
»Du gehst nirgendwohin. Ich muss noch zwanzigtausend Dollar abarbeiten, da fange ich am besten gleich an... «
Kapitel 15
Wir bestiegen das Flugzeug, nachdem wir unsere Pflöcke und Messer verpackt und bei FedEx aufgegeben hatten. Heutzutage nahm man es an Flughäfen mit der Sicherheit sehr genau. Unter »Inhalt« vermerkte Bones »Tofu«.
Gott, er hatte wirklich einen kranken Humor. An Bord nahmen wir nur unser Handgepäck mit. Bones überließ mir wieder den Fensterplatz, und ich wartete auf den Energieschub, der einsetzte, wenn die Turbinen aufheulten. Er hatte die Augen geschlossen, und mir fiel auf, wie seine Finger sich beim Start etwas fester um die Armlehne schlössen.
»Du fliegst nicht gern, oder?«, fragte ich überrascht. Ihn konnte doch sonst nichts schrecken.
»Nein,
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