Blutrote Lilien
Ich konnte es nicht sagen, aber Manon ahnte wohl, was es mit dem Marquis auf sich hatte.
»Weißt du, Männer wie der Marquis werden sich nie ändern. Frauen sind für sie wie Trophäen. Der Marquis ist charmant und die Frauen lieben ihn, da wird es immer eine geben, die es schafft, seine Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Willst du mir damit sagen, ich soll mich damit abfinden, dass er auch nach der Hochzeit andere Frauen mit in sein Bett nimmt?«
»Das wäre wohl am klügsten.«
Entrüstet sah ich sie an. Sie konnte doch nicht wirklich von mir erwarten, dass ich sein Verhalten einfach so hinnahm? Doch Manons Blick sagte mir, dass sie genau das von mir erwartete.
»Eine Ehe ist nicht nur Vergnügen, meine Kleine, das wirst du schon noch begreifen.«
»Wirst du das denn hinnehmen, wenn du verheiratet bist, Manon?«
Lange schaute sie mich an und ich konnte sehen, dass sie um eine Antwort rang. Schließlich seufzte sie und meinte: »Bei uns ist das etwas anderes. Unsere Ehen sind nicht arrangiert, in euren Kreisen dagegen ...«
Ihre Worte gruben sich in mein Herz und ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich hatte doch gewusst, dass Henris Ehe mit Jeanne nicht glücklich war, und die Enttäuschung darüber hatte leider auch nach der Hochzeit angehalten. In seinen Briefen nach Hause hatte Henri Jeanne nie erwähnt, und obwohl sie eigentlich ein netter Mensch war, konnte Henri ihr nicht das Geringste abgewinnen. Schon als er sie das erste Mal gesehen hatte, war ihm die Enttäuschung anzusehen gewesen, denn sie war nicht unbedingt das, was man eine Schönheit nennt. Der Mund bildete eine schmale Linie und wie viele Menschen mit rotblondem Haar war sie ein eher blasser Typ. Außerdem litt sie unter einer extremen Schüchternheit, die sich noch verschlimmerte, je mehr sie seine Ablehnung spürte.
»Ein Welpe hat mehr Verstand als diese Person«, hatte Henri mir bei der Verlobung zugeflüstert und offenbar hatte sich an seiner Meinung nichts geändert.
Ich hatte geglaubt, dass die beiden irgendwie schon miteinander auskamen, aber da hatte ich mich wohl geirrt, ihre Ehe schien in einem noch schlimmeren Zustand, als ich vermutet hatte. Trotzdem kamen sie ihren Verpflichtungen nach.
Würde ich das auch können? Stillschweigend hinnehmen, was immer auch de Bassompierre tat? Bedeutete das, verheiratet zu sein?
Vielleicht war das der Grund gewesen, weshalb Manon de Bassompierre nie gemocht hatte, sie hatte ihn schneller durchschaut als ich. Ich hatte mich von seinem schönen Gesicht und seinen schönen Reden blenden lassen, während sie schon ahnte, worauf das Ganze hinauslaufen würde.
Einen kurzen Moment fühlte ich mich verraten, weil sie mich nicht besser gewarnt hatte, aber dann schalt ich mich töricht, denn was hätte sie auch sagen sollen? Es stand ihr nicht zu, etwas Schlechtes über den Mann zu sagen, den Vater für mich ausgesucht hatte, und ihre Meinung hätte für Vater nichts an seiner Entscheidung geändert. Was er sich einmal vorgenommen hatte, das passierte auch. Ob er wusste, von welchem Schlag der Marquis war?
Manon seufzte. »Du darfst dir das nicht so zu Herzen nehmen. Du wirst sehen, der Schmerz wird vergehen. Du musst nur den Kopf oben halten und irgendwann wirst du feststellen, dass es dir nicht mehr schwerfällt, dann ist der Kummer verflogen.«
Gerade fiel es mir aber schwer, den Kopf zu heben. Ich erinnerte mich an Vaters Worte, der einmal zu mir gesagt hatte: »Die Montmorencys knien vor niemandem außer dem König.« Dabei hatte er meine Hand genommen und war mit mir zu dem großen Standbild vor Chantilly gegangen, das Großvater Anne zeigte, hoch zu Ross. »Wir sind schließlich die ersten Barone Frankreichs, vergiss das nie, Charlotte.«
Die Erinnerung an diese Worte machte mich zornig. Sollte ich jetzt etwa hinnehmen, dass de Bassompierre mich vorführte? Der König hatte Vater mehr Ehre zuteil werden lassen als jedem anderen seiner Untertanen, nachdem sich Vater um die Krone verdient gemacht hatte. Und nun sollte seine Tochter schweigend nicken, wann immer es de Bassompierre gefiel, seinem Begehren nachzugehen?
Nein, das kam nicht infrage! Wenn der Marquis glaubte, er brauchte nur zu lächeln und ich würde ihm jeden Gefallen tun und wegschauen, während er sich amüsierte, dann hatte er sich gründlich geirrt.
Ich richtete mich auf und trat an die Waschschüssel. Das Wasser kühlte meine brennenden Augen, und als ich mich aufrichtete, schaute ich in den Spiegel, der mir mein
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