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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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hatte.
    Condé hatte uns in dieses Kellergewölbe gebracht, das sich nach und nach mit Angoulevents Leuten füllte. Ich wusste nicht, wo wir waren, irgendwo unter dem Schloss. Das hier war nicht mehr meine Welt, das war ihre. Die der Spielleute und Gaukler, Angoulevents Welt.
    Ich erkannte den Narren kaum wieder; obwohl er noch immer das kleine Männchen war, strahlte er auf einmal Autorität aus, die ich nie zuvor an ihm bemerkt hatte. Sein Blick glitt über jeden Einzelnen von uns, und ich begriff, dass ich nicht mehr nur den Narren des Prinzen Condé vor mir sah, sondern auch Angoulevent, den König der Spielleute.
    Als Erstes sprach er Condé an, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und mich mit Blicken maß, in denen ich Sorge zu erkennen glaubte.
    »Es war leichtsinnig, Prinz, Euch allein in das Appartement der de Montmorencys zu begeben. Ihr hättet den Mördern in die Hände fallen können. Was, wenn sie an Ort und Stelle gewartet hätten, dass ihr Plan aufgeht? Dann würdet Ihr jetzt ebenso tot in einem Gang liegen wie die Zofe.« Obwohl seine Worte einen Vorwurf enthielten, klang seine Stimme besorgt.
    Ich zuckte zusammen. Das alles war viel zu ungeheuerlich. »Angoulevent, ich ...« Mir blieb die Frage im Hals stecken, denn es gab zu viele davon. Ich wusste nicht, welche Frage ich zuerst stellen sollte.
    »Beruhigt Euch, Charlotte, da, trinkt etwas.«
    Annabelle, die Köchin aus den Tuilerien, reichte mir einen Becher, der nach Schnaps roch. Ich leerte ihn in einem Zug und musste husten, weil der Schnaps so in der Kehle brannte. Er wärmte meinen Bauch.
    Nachdem ich mir mit der Hand über den Mund gewischt hatte, sprach Angoulevent leise weiter und sah mich eindringlich an. »Könnt Ihr Euch daran erinnern, wann Ihr das Konfekt zugesandt bekommen habt und von wem?«
    Das Konfekt? War es das, was Manon umgebracht hatte? Vielleicht hatte jemand die Pralinen vergiftet! Ein schreckliches Gefühl breitete sich in meinem Inneren aus. Die Pralinen waren für mich bestimmt gewesen.
    »Ein Page hat sie gebracht. Heute Morgen ... Er hat gesagt, sie wären ein Geschenk. Ich habe sie nicht weiter beachtet.« An diesem Morgen waren so viele Geschenke eingetroffen. Schmuck, wertvolle Bücher mit vergoldetem Ledereinband und sogar noch warmes Gebäck und auserlesene Pralinen. Doch ich hatte nichts davon essen können. Stattdessen hatte ich sie Manon gegeben.
    Meinetwegen war sie jetzt tot.
    Mir versagten die Knie, doch ein starker Arm hielt mich aufrecht. Als ich aufsah, blickte ich in Condés Gesicht.
    »Das Konfekt. Es war für mich bestimmt, nicht wahr?«
    Er nickte, dann flüsterte er: »Es ist nicht Eure Schuld, Charlotte.«
    »Aber warum?«
    Nun war es wieder Angoulevent, der antwortete, und seine Worte klangen grimmig. »Die Hochzeit. Es gibt Parteien am Hof, die es ungern sehen, wenn sich die Häuser de Montmorency und Condé verbinden. Euer Vater hat viel Einfluss und Prinz Condé Anspruch auf den Thron. Gemeinsam könntet Ihr einiges erreichen. Eure Verbindung stellt eine Gefahr für die Krone dar.«
    »Aber es war der König, der sie arrangiert hat!«
    »Der König ist sich der Loyalität Eures Vaters sicher. Doch nicht jeder ist davon überzeugt, dass Euer Vater die Chance, eine seiner Töchter auf den Thron zu heben, nicht wahrnehmen würde.«
    »Das ist unmöglich!« Ich war empört. »Vater würde nie etwas gegen den König unternehmen.«
    Der Narr schien mir zu glauben.
    »Wir müssen den König informieren«, sagte ich, doch Condé schüttelte den Kopf.
    »Das sollten wir nicht. Wenn der König anerkennt, dass Eure Zofe ermordet worden ist, dann muss er der Sache offiziell nachgehen. Das kann er nicht tun, es würde ihm mehr schaden als nützen.« Eindringlich sah er mich an und wartete darauf, dass ich selbst die Schlüsse zog.
    Zu welchem Ergebnis konnte der König kommen, das ihm schadete?
    Die Gedanken wirbelten in meinem Kopf hin und her, bis sich eine Antwort formte.
    Entsetzt schnappte ich nach Luft. »Die Königin ...« Ich konnte nicht glauben, was die Männer andeuteten. War es wirklich möglich, dass die Königin gedungene Mörder ausgesandt hatte, um mich umbringen zu lassen?
    »Es wäre nicht das erste Mal«, sagte Angoulevent, der meine Gedanken zu lesen schien. »Der König hat die Königin noch immer nicht feierlich gekrönt. Wenn er stirbt, bevor dies geschieht, kann sie nicht im Namen ihres minderjährigen Sohnes regieren. Seit der König Euch das erste Mal in seine Gemächer

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