Blutrote Schwestern
schlagen die Flammen, beleuchten uralte Graffiti in der Finsternis des Tunnels, verbrennen meine Hand. Ich lasse das Feuerzeug los und schieße nach vorn wie ein olympischer Sprinter aus dem Startblock.
»Es schmerzte und brannte in ihren Augen, weil es das erste Mal war, dass sie die Sonne sahen, nachdem sie so lange in der Dunkelheit gelebt hatten.«
Die Wölfe halten sich die Pfoten vor die Augen, geblendet von der plötzlich aufflammenden Helligkeit. Mein unbedecktes Auge ist daran gewöhnt, und ich renne durch die Flammen, die an meinem Mantel und meinen Beinen lecken. Ich fühle, wie meine Haut Blasen schlägt, als ich an den Wölfen vorbeistürme. Mit geschlossenen Augen schnappen sie nach meinen Knöcheln. Es ist ein Hindernisparcours, ein See aus Flammen und Zähnen. Der Alpha brüllt Befehle, und die Wölfe versuchen sie zu befolgen, stolpern aber blind umher und fallen einer nach dem anderen wegen des Feuers hin. Schließlich klingen in meinen Ohren nur noch Schreien und Heulen, eine stetige Kakophonie der Agonie.
Beweg dich weiter vorwärts, bleib in Bewegung.
Vor mir sehe ich die Treppen, aber die Wölfe an der Tür taumeln nicht so stark, und ihre Augen passen sich bereits an. Als ich die Treppe erreiche, brennen meine Beine vor Anstrengung und von den Verletzungen. Die Wölfe stürzen sich vorwärts, die langen Kiefer ausgestreckt, außer sich vor Hunger und Wut. Ich springe über einen von ihnen hinweg und lande mit beiden Füßen auf dem Kiefer eines anderen. Schnell wirbele ich herum, um seinen Zähnen auszuweichen. Ich glaube, einer hat mich an der Seite erwischt, aber es ist nicht schlimm.
Bleib in Bewegung, bleib in Bewegung.
Ich durchbreche die letzte Linie der Wölfe, als die kühlende Nachtluft mich umfängt und die Verbrennungen an meinem geschundenen Körper lindert. Mit einem Ruck ziehe ich die behelfsmäßige Augenbinde zur anderen Seite, lege das Auge, das die ganze Zeit in Dunkelheit gehüllt war, frei und bedecke das Auge, das ich auf meinem Weg durch die Flammen benutzt habe. Ich stolpere nicht und muss auch nicht wegen des plötzlichen Lichtwechsels blinzeln – ich kann alles deutlich erkennen. Beharrlich haste ich vorwärts, meine Füße hämmern auf das Pflaster einer leeren Straße, und ich blicke im Laufen über die Schulter zurück. Ein paar Wölfe stolpern aus dem mit Rauch gefüllten Tunnel, nur um blendendes Licht gegen undurchdringliche Schwärze einzutauschen.
Es spielt keine Rolle, in welche Richtung ich renne – ich muss nur so weit wie möglich von ihnen wegkommen, solange sie sich noch erholen. Das Heulen und wütende Knurren der Wölfe echot zwischen den Gebäuden hin und her, aber ich muss mich weiter bewegen.
Renn, Rosie.
Du bist die Einzige, die dich retten kann.
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Kapitel 29
Scarlett
N och eine Stunde bis zur Geiselübergabe. Wir müssen bald los.
»Bist du bereit?«, frage ich Silas.
»Bereit, Rosie und möglicherweise meine Seele zu verlieren?« Silas schüttelt den Kopf und bekommt nur ein halbherziges Lächeln hin. »Nicht wirklich.«
»Aber du bist bereit?«, sage ich ernst.
Silas steht auf. »Ich bin bereit.«
Er greift sich seine Axt und befestigt einige Messer an seiner Hüfte. Ich schärfe die Schneide meines Beils, werfe mir den Mantel über den Kopf und nehme zur Sicherheit Rosies Messergürtel mit. Einer von uns dreien kann bestimmt zwei zusätzliche Messer gebrauchen. Ich hoffe, dass es Rosie sein wird.
Sie
wird
lebendig da rauskommen. Meine Schwester hat oberste Priorität. Ich werde Silas retten, ich werde für ihn kämpfen, aber wenn ich muss, werde ich meine Schwester nehmen und gehen. Ich muss sie beschützen. Ich sage es Silas nicht, aber ich bin mir sicher, dass er es weiß – und sicherlich würde er mir sagen, dass meine Prioritäten richtig gesetzt sind. Partner kennen sich nun mal gut. Trotzdem ist ein böser Teil von mir immer noch wütend auf ihn. Wenn er Rosie nicht lieben würde, dann hätten die Wölfe sie nicht geholt. Wenn sie ihn nicht lieben würde, hätte sie sich vielleicht auf die Wölfe und nicht darauf konzentriert, Silas anzuschmachten.
Wäre Rosie so wie
ich,
dann wäre sie jetzt in Sicherheit.
Wenn sie genauso besessen wie ich davon wäre, den Tod von Oma March und einen Körper voller Narben zu vergelten. Wenn sie denselben Drang hätte, die Wölfe um jeden Preis zu stoppen. Dann wäre sie in Sicherheit.
Würde Silas’ Tod Rosie zu dem machen, was ich bin? Wenn die Fenris ihr Silas nähmen,
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