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Blutrote Schwestern

Blutrote Schwestern

Titel: Blutrote Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jackson Pearce
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es sind. Es ist, als würde ich für irgendetwas bestraft werden.« Scarlett knurrt und donnert die Zeitung auf den Graffititisch. »Drei Mädchen ermordet: Mordserie reißt nicht ab«, tönt die Schlagzeile.
    »Sei nicht dumm«, sagt Silas in einem Tonfall, den nur er sich bei meiner Schwester erlauben darf. »Sie haben hier einfach mehr Ablenkung. Früher warst du der einzige Köder meilenweit, und hier leben sie praktisch auf einer Anrichte.«
    »Wir sind hierhergekommen, um so viel Schaden wie möglich anzurichten, und ich kann keinen einzigen Wolf anlocken! Was soll ich machen?«, blafft sie und weckt damit Klette, der sie missmutig anfaucht.
    »Der Nachtisch sein?«, Silas zuckt mit den Schultern.
    »Das kann ich nicht!« Scarlett seufzt, nimmt ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zurück und stützt ihr Gesicht für lange Zeit auf die Hände, als würde in ihrem Kopf ein wichtiges Streitgespräch ablaufen. Schließlich blickt sie zu mir auf. »Rosie, du bist das Dessert.«
    »Was?«, antworte ich schnell, besorgt. Es ist nicht nur merkwürdig, dass Scarlett mir etwas so Gefährliches vorschlägt, nein: Der einzige Köder zu sein bedeutet auch, dass ich es kein einziges Mal vermasseln darf. Kein einziger Fehler. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie Scarlett reagieren würde, wenn ich einen
weiteren
Fenris anlocken und dann verlieren würde.
    »Du musst«, sagt sie. Sehr sachlich. »Ganz ehrlich, Rosie, du bist mehr Dessert, als ich es je sein werde. Ich kann gegen die Schmetterlinge nicht anstinken.« Sie wedelt mit einer Hand in Richtung des Fensters, als wir verwirrt dreinblicken. »Die
Mädchen.
Die Mädchen mit den Glitzer-Klamotten und den blonden Haaren. Ich kann es nicht mit ihnen aufnehmen. Aber du, Rosie, du kannst es. Du bist alles, was wir haben. Ein Mädchen allein ist eine viel leichtere Beute als zwei. Wir werden uns verstecken, bis sie auf dich zukommen, und dann greifen wir alle an.« Ihre Worte sind leise, aber fest, als hätte sie lange gerungen, bis sie zu dieser Einsicht gekommen ist.
    »Wieso denke ich, dass ich das nicht mögen werde?«, murmele ich, während ich auf der Couch zusammensinke, die Silas auch als Bett dient und jetzt mit einem Laken abgedeckt ist. »Willst du damit sagen: keine Messer? Kein nichts?«
    Scarlett beißt sich auf die Lippen. »Du siehst eher … du wirst der bessere Köder sein. Ich kann es nicht machen, du musst es machen. Ich würde nie zulassen, dass dir etwas geschieht, Rosie«, sagt sie überflüssigerweise.
    »Natürlich«, entgegne ich schnell, Wogen der Schuld schlagen über mir zusammen, und ich nicke mit Nachdruck. »Natürlich, Scarlett. Ich werde tun, was immer ich tun muss. Das ist meine Pflicht.«
    Silas blickt fragend in meine Richtung. Scarlett seufzt, steht auf und geht auf die Tür zu, die zur Dachterrasse führt. Auch ich bin heute Morgen dort hinaufgegangen und prompt zurückgekommen – es ist nicht mehr als ein bisschen Sperrholz, das an die Häuserkante genagelt wurde. Scarlett dagegen wird den Ort höchstwahrscheinlich mögen. Ein guter Aussichtsposten.
    Meine Schwester schließt die Tür hinter sich, aber sie schwingt langsam wieder auf, und so können wir Scarletts schweren Schritte und gemurmelten Flüche hören, während sie die klapprige Treppe nach oben steigt. Draußen läuten die Kirchenglocken, sie ertönen zur vollen Stunde und außerdem einmal alle Viertelstunde. Das macht das Schlafen
noch
schwieriger.
    »Ich bin also das Dessert«, quetsche ich zwischen den Zähnen hervor und stehe auf, um das Brot wegzupacken.
    »Los, lass uns einen Kaffee trinken gehen, damit du auf andere Gedanken kommst«, sagt Silas beruhigend, als ich anfange, meinen Frust wütend am Knoten des Brotbeutels auszulassen.
    »Ich mag keinen Kaffee«, brumme ich, ohne ihn anzuschauen. Silas legt seine Hände über meine. Auf meinen Armen schlägt die Gänsehaut perlende Wellen.
    Er hebt die Augenbrauen, seine Stimme ist sanft. »Dann bekommst du eben einen Kakao. Aber lass uns hier verschwinden, bevor du das ganze Brot entzweibrichst.«
    Ich seufze und sehe ihn an. Erstaunlich, wie er innerhalb von Sekunden von »nur Silas« zu
Silas
werden kann. Ich lasse das Brot los und folge ihm aus der Tür, während Frustration und prickelnde Nervosität um die Kontrolle über mich kämpfen.
    Das Schnellrestaurant, in das mich Silas führt, ist nur ein paar Blocks entfernt; ein schäbiges, aber irgendwie klassisches Lokal mit schwarzen und weißen Fliesen und roten

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