Blutrote Schwestern
Marchs Haus nehmen.
Es spielt keine Rolle, wie lange sie schon tot ist: Für mich wird es immer
ihr
Haus bleiben. Die linke Abzweigung führt zu Silas’ Haus. Ansonsten liegt bloß noch die Rückseite einer großen Kuhweide in unserer Nähe.
»Es ist unsere Aufgabe«, füge ich hinzu. »Wir wissen, wie man sie tötet. Wir wissen, wie man Leben rettet. Wir nehmen keinen Abend frei oder machen ein Jahr lang Urlaub in Kalifornien.«
»Autsch«, sagt Silas, aber ich weiß, dass meine Worte an ihm abprallen. Dummerweise ist es ziemlich schwierig, Silas aus der Reserve zu locken. »Ich sage doch nur«, fährt er fort, »dass du Rosie nicht für immer einsperren kannst.«
Ich seufze verärgert, als das Farmhaus sich in der Ferne wie eine erleuchtete Oase aus der Dunkelheit schält. »Sie ist einfach noch nicht bereit«, knurre ich. »Und ich will nicht, dass sie so endet wie ich.«
Silas nickt wissend und streicht mit dem Daumen über die Narben auf meinen Armen, während die Luft Jasminduft in den Wagen trägt. Wir sitzen eine Weile schweigend nebeneinander. Schließlich röhrt der Wagen bis an den Rand der Kiesauffahrt. Die Eingangstür schwingt auf und schickt einen langen Streifen Licht durch den Hof.
»Wow«, sagt Silas weich, als er den Motor abstellt.
Ich folge seinem Blick durch die Windschutzscheibe – Rosie steht im Kücheneingang, die Arme verschränkt, die Augen funkelnd vor Zorn.
»Rosie sieht … anders aus.«
»Ja. Anders. Ziemlich sauer, genau genommen.« Ich seufze und reiße die Wagentür auf. »Warte hier einen Moment.«
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Kapitel 2
Rosie March
S ie ist zurück. Ich gehe vor die Tür und versuche Kraft zu schöpfen.
Du hast jedes Recht der Welt, aufgebracht zu sein,
versichere ich mir selbst.
Lass sie diesmal nicht damit durchkommen.
Zornig blinzele ich und versuche die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Ich kann vieles ertragen. Aber es ist schwer, einfach nur mit den Schultern zu zucken, wenn deine Schwester dich für unfähig hält.
Ich atme tief ein, stoße die alte Holztür auf und gehe nach draußen.
Hinter mir fällt die Tür ins Schloss und löscht den schmalen Streifen Küchenlicht in der Dunkelheit aus. Mein Gesicht glüht, höchstwahrscheinlich ist es knallrot, und meine Hände sind zu Fäusten geballt. Wenn Scarlett mich für ein Kind hält – bitte sehr. Dann werde ich mich eben wie eines benehmen. Ich stürme vorwärts und tue so, als würde der kantige Kies mir nicht in die bloßen Füße schneiden. Silas Reynolds’ Wagen steht in der Auffahrt – vermutlich war er
gemeinsam
mit ihr auf der Jagd. Ihn werde ich mir als Nächstes vorknöpfen. Scarlett seufzt und streckt die Arme aus, als wolle sie ein wildes Tier beruhigen.
»Du hast es
versprochen!
«, knurre ich und werfe ihr ein Bündel rotvioletten Stoffes vor die Füße – meinen Mantel, fast exakt der gleiche Farbton wie Scarletts.
»Rosie, hör zu …«, setzt Scarlett an.
Meine Hände wandern zum Gürtel, und ich ziehe zwei Dolche heraus. Die Schafshorngriffe schlagen dumpf aneinander, als sie auf den steinigen Weg poltern. Ich zucke zusammen und versuche es zu verbergen. Scarlett nörgelt immer an mir herum, dass ich sie sauber halten soll, und es ist ein Maß dafür, wie wütend ich bin, dass sie mich jetzt nicht darauf anspricht. Für einen Moment ist es still. Nur in der Ferne schreit eine Eule. Ich verschränke die Arme und funkele meine Schwester wütend an.
Scarlett stöhnt auf. »Oh, komm schon. Hör auf zu schmollen.« Sie beugt sich hinab und nimmt die Dolche und meinen Mantel. Der Mond spiegelt sich in den glänzenden Narben auf ihren Schultern, gleichmäßige Linien, die unter ihrem Tanktop verschwinden. Sie schiebt mir meine Sachen zu, aber ich rühre mich nicht.
»Ich schmolle nicht!«, fahre ich sie an und merke sofort, wie sehr das nach Schmollen klingt. »Ich kann auch jagen, Scarlett. Du musst nicht immer ohne mich hinaus in die Dunkelheit rennen.«
»Es war nur ein Fenris, und er war auf der Pirsch. Vielleicht wäre jemand heute Nacht gestorben, wenn ich auf dich gewartet hätte. Willst du damit dein Gewissen belasten?«
»Du hättest mir sagen müssen, dass du losgehst! Wie soll ich jemals alleine jagen, wenn du weiterhin jedem Wolf nachstellst, der sich in Ellison zeigt?«
»Hör zu, Rosie, es tut mir leid. Wirklich.«
»Dass du älter bist als ich, bedeutet nicht, dass du mich behandeln musst wie deinen lahmen und blinden Handlanger!«, tobe ich weiter, doch meine
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