Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
Vom Netzwerk:
entfaltet, weil er sich Ann geöffnet hatte. Sein Wunsch, sie gegen diese Kreaturen zu beschützen, war stärker gewesen als alles andere. Aber möglicherweise brauchte sie gar nicht beschützt zu werden. Oder vielleicht waren sie zusammen stärker als jeder nur für sich allein ...
    Himmel! Was dachte er sich bloß? Er schob die Hände in die Hosentaschen, als könnte er sich so daran hindern, Ann je wieder zu berühren. Heute Nacht hatte sie alles aufgegeben, was sie kannte, und alles, was sie war. Seine Schuldgefühle deswegen zerrissen ihm fast das Herz. Sie konnte nicht wissen, was ewiges Leben bedeutete; sie wusste nichts von dem endlosen Kampf, den ewigen Wiederholungen, dem Ausgesetztsein immer neuer Schrecken, die der Mensch sich wieder und wieder erdachte. Zweitausend Jahre Erfahrung machten einen zu einem unerträglichen Zyniker. Ann dagegen hatte ihr Leben in diesen kleinen Zimmern verbracht und jahrelang unter der Last ihrer psychischen Fähigkeiten gelitten. Und nun hatte er auch noch zugelassen, dass sie sich in einen Vampir verwandelte! Neu geschaffene Vampire waren anfällig für Wahnsinn, wenn sie mit den ihnen fremden Lebensbedingungen und der Macht, die der Gefährte ihnen verlieh, nicht zurechtkamen. Und war es nicht Wahnsinn, was Ann ihr ganzes Leben hatte vermeiden wollen?
    Mit einer einzigen Handbewegung zerriss er ihr das Kleid, streifte ihr die Halbstiefel ab und öffnete ihr Korselett. Ann schien von alldem nichts zu bemerken. Dann schlug er die Decken zurück und machte es ihr im Bett bequem. Ihr Hemd war feucht von Schweiß, ihre Stirn glühend heiß. Wie konnte die Infektion so schnell vorangeschritten sein? Nur in Fällen von Infektionen durch das Blut eines sehr alten und machtvollen Vampirs kam es zu einem derart rasanten Ausbruch. Stephan mochte zwar zweitausend Jahre alt sein, aber das machte ihn noch nicht so alt und mächtig. Verwundert deckte er Ann zu.
    Es war seine Schuld. Ihn zu berühren, hatte sie ins Koma versetzt. Wenn er diszipliniert genug gewesen wäre, sich von ihr fernzuhalten, hätte sie nicht versucht, ihn in der Jagdhütte zu warnen ...
    Warum? Warum hatte sie sich an der Handfläche verletzt und sie an sein blutendes Fleisch gedrückt? Ratlos fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar. Sie hatte doch gewusst, was geschehen würde! Sie hatte alles gewusst. Stephan hielt die Luft an und erstarrte. Sie hatte es für ihn getan. Das hatte sie jedenfalls gesagt. Die Luft entwich in einem Seufzer seinen Lungen, als er zusah, wie sie ihren Kopf von einer Seite auf die andere warf. Ihre Aktion hatte ihn und Kilkenny gebremst – und sie davor bewahrt, sich gegenseitig umzubringen. So selbstlos war Ann. Aber das verdiente er nicht! Er verdiente sie nicht.
    Entschieden verdrängte er diese Gedanken in den Hintergrund. Sie weiterzuverfolgen, würde ihn nur lähmen. Im Moment war es wichtiger, ihr sein Blut zu geben. Er ging zu der Frisierkommode hinüber und holte das kleine Messer mit dem silbernen Griff, das Ann zur Nagelpflege benutzte. Es wäre zu abstoßend für sie, zu erwachen und mit anzusehen, wie er sich mit verlängerten Eckzähnen selbst das Fleisch aufriss. Sie brauchte einen akzeptableren Weg, sein Blut zu sich zu nehmen. Zufällig fiel sein Blick auf den Spiegel an der Frisierkommode. Du liebe Güte! Er sah aus wie ein blutverschmierter Wasserspeier. Das Hemd war ihm bis auf den Kragen und einen halb zerfetzten Ärmel vom Körper gerissen worden, die Haut war mit Dreck und Blut beschmiert, sein Haar verfilzt von all dem Schmutz. Stephan wollte nicht, dass sie erwachte und ein solches Scheusal sah, aber er hatte keine Zeit, um sich zu waschen. Er musste Blut aus einem Schnitt an seinem Handgelenk in ein Glas tropfen lassen und es ihr zu trinken geben. Das war eine saubere Art, fand er.
    Sie stöhnte leise. Wie schnell ihr Zustand sich verschlechterte! Panik ergriff ihn. Er hatte keine Zeit mehr, erst langsam ein Glas zu füllen.
    Stephan setzte sich neben sie und suchte den Puls an der rechten Seite seiner Kehle, stieß das Messer in die Arterie und drückte die Wunde dann mit einer Hand zusammen. Noch immer rann Blut durch seine Finger, als er Ann mit seinem freien Arm aufrichtete.
    »Ann«, flüsterte er. Dann lauter: »Ann!« Ihre Lider flatterten. »Du musst jetzt auf mich hören.« Ihre Augen öffneten sich langsam, und er sah, wie ihr Blick sich auf ihn richtete. Ein schwaches Lächeln huschte über ihre Lippen. »Du brauchst mein Blut.« Er war bereit, sie

Weitere Kostenlose Bücher