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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Schicksal einzuwirken? Und Opfer lehnten sich nicht gegen ihr Schicksal auf, weil sie ihre Hinnahme für natürlich oder unvermeidlich hielten.
    Aber so war es in dieser Nacht für sie nicht länger gewesen. Sie hatte ein Tor durchschritten. Ann spürte, wie es hinter ihr zufiel und sie auf der anderen Seite auf unbekanntem Territorium stehen ließ.
    Zorn war jedoch nicht der eigentliche Grund für ihre Handlungsweise gewesen. Er hatte sie nur befreit und ihr die Kraft verliehen, für das zu kämpfen, was sie wollte. Und sie wollte eine Chance bekommen, mit Stephan zusammen zu sein. Sie wusste , dass er sie liebte – sie schon seit einiger Zeit geliebt hatte. Aber das hieß nicht, dass er sich für ein Leben mit ihr entschieden hätte, weil sie viel zu unterschiedlich gewesen waren.
    Gewesen waren , dachte Ann, denn jetzt waren sie sich ähnlich – oder sogar gleich. Sie war bereit gewesen, das Unmögliche zu wagen, um die Barrieren zwischen ihnen aus dem Weg zu räumen. Wie die Barriere ihrer Menschlichkeit. Nun nahm sie Stephans Blut auf und spürte dessen wohltuenden Ruf nach ihr, so schwach er auch noch war. Sie war stolz darauf, dass er sie begehrte und sein Körper es nicht verbergen konnte. Vielleicht würde er sich trotz allem nicht für ein Leben mit ihr entscheiden, doch zumindest hatte sie ihr Möglichstes getan, um die Chancen zu erhöhen.
    Seine Augen waren geschlossen, als sie das Blut in seinem Haar abtupfte, als hätte er Angst, sie anzusehen. Das war kein gutes Zeichen. »Und was jetzt, Stephan?«, fragte sie ihn leise.
    Eine Antwort blieb ihm erspart, denn in diesem Moment vernahmen sie das quietschende Geräusch von Nägeln, die aus neuem Holz herausgezogen wurden, hinter der geheimen Tür neben dem Kamin.
    Stephan presste die Lippen zusammen und straffte sich. »Ich hätte ihn hören müssen«, murmelte er, und Ann glaubte zu wissen, was ihn so beschäftigt hatte.
    Die kleine Tür in der Wandverkleidung öffnete sich, und Erich trat in gebückter Haltung heraus und kam mit einem dicken Knüppel in der Hand ins Zimmer. »Wo bist du, Dirne?« Als er Stephan sah, blieb er wie angewurzelt stehen und zog mit zitternder Hand ein Kruzifix heraus. Es schimmerte im Kerzenlicht. »Sie!«, zischte er. »Ich dachte, Sie wären tot.«
    »Wie Sie sehen, bin ich’s nicht.« Stephan stand auf. »Was machen Sie im Schlafzimmer einer Dame?« Im Dunkeln wirkte er noch größer, als er war. Seine Stimme war gedämpft, aber der drohende Unterton darin war nicht zu überhören.
    Erich hielt das Kruzifix auf Armeslänge vor sich. »Zurück, Untoter! Bei allem, was heilig ist, beschwöre ich dich!« Mit erhobenem Knüppel wich er langsam zurück.
    »Sind Sie gekommen, um sie totzuschlagen?« Stephans Stimme klang jetzt schon fast wie ein Knurren. »Weil Sie erben, wenn Ann stirbt?«
    »Dann geht alles an die Krone, Stephan«, sagte sie schnell, um ihn von der rasenden Wut abzulenken, die sie in ihm spürte. »Und das weiß er.«
    »Also ist er gekommen, um sich an dir zu vergreifen. Offenbar dachte er, du würdest dann verrückt werden und könntest dich nicht länger weigern, ihn zu heiraten. Aber so oder so verdient er seine Strafe ...«
    Erich zitterte und hielt das Kruzifix hoch. »Bei allem, was mir heilig ...«
    Mit einem Satz war Stephan bei Erich und entriss ihm das Kruzifix. »Du Narr! Ich war unter anderem seinerzeit auch Jesuit. Und vor nahezu achtzehnhundert Jahren war ich auf Golgatha dabei, als die Soldaten Jesus von Nazareth vom Kreuz nahmen! Du entwürdigst seinen Namen.« Stephan hob die Hand mit dem Kruzifix, als wollte er Erich damit schlagen. Van Helsing duckte sich und hob verteidigend den Knüppel. »Du wirst Ann nicht mehr ängstigen, du Wurm.«
    Sie trat zwischen sie. »Das kann er gar nicht mehr, weil er von hier fortgehen wird.« Sie wandte sich an Erich. »Denn das wirst du doch, Erich, nicht wahr?«
    »Ja, ja!« Ihr Cousin nickte furchtsam. »Ich gehe fort.«
    Stephan sah Ann an, die hoffte, dass ihr flehentlicher Blick ihn bremsen und zum Nachdenken bewegen würde. »Es ist schon zu viel Blut vergossen worden, Stephan.«
    Quälend langsam fast ließ er die Anspannung aus seinen Schultern weichen. Sein Abscheu vor seiner eigenen Nachgiebigkeit stand ihm allerdings deutlich ins Gesicht geschrieben, als er sich dann wortlos abwandte.
    »Weißt du, was ich vorschlage, Erich?«, fuhr Ann fort, bevor Stephan es sich anders überlegen konnte. »Ich schlage vor, dass du Menschen und Vampiren

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