Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
Vom Netzwerk:
wirklich besser, ihn nicht noch mehr zu schwächen, aber sie hatte nicht die Kraft, sich ihm zu widersetzen. Er bat sie, den Mund zu öffnen, und irgendetwas in ihr drängte sie zu trinken. Irgendetwas in ihr, das nicht ihrem eigenen Willen unterlag und das nach seinem Blut verlangte. Woher kam dieses ... Gefühl?
    Ergeben drückte sie den Mund an Stephans starken Hals. Ein Sternbild winkte ihr, streng und golden, das sich dann allmählich zu der glitzernden Außenseite von Stalaktiten auflöste, die das Licht der Kerzen reflektierten. Das Blut lief ihr die Kehle hinunter, und das »Etwas« in ihr, das nach dem Lebenssaft verlangte, triumphierte. Es schien zu ... singen, wenn auch nur sehr schwach. Eine elektrisierende, ungemein lebendige Empfindung rauschte durch ihre Adern. Für einen winzigen Moment sah sie die Höhle wieder völlig klar, und Stephans Körper an ihrem fühlte sich real und warm an. Sie spürte das pochende Blut in seinem Körper und ...
    Und ihr wurde schwarz vor Augen.
    Regungslos saß Stephan da. Draußen ging die Sonne auf. Gut, dass er in der Nacht die Kerzen erneuert und den Holzvorrat ergänzt hatte, denn womöglich hätte er jetzt nicht mal mehr die Kraft für diese einfachen Verrichtungen. Im Moment saß er nur da, mit dem Rücken an einen großen Felsbrocken gelehnt, und beobachtete Ann. Er konnte ihr nicht mehr Blut geben. Er musste abwarten, nachdem er sich beim letzten Mal fast vollkommen entkräftet hatte. Trotzdem war es möglicherweise noch nicht genug gewesen, denn sie hatte sogar noch mehr gewollt. Sein Körper würde das Blut ersetzen, doch das brauchte Zeit – Zeit, die Ann vielleicht nicht hatte.
    Das munter prasselnde Feuer warf sein warmes Licht auf Ann, die still unter ihren Decken lag an diesem tief in der Erde verborgenen Ort aus Fels und Wasser. Zu still. Wie viel Zeit war seit der Infektion vergangen? Dreißig Stunden? Fünfunddreißig? Stephan konnte es nicht sagen. Die Zeit war rasend schnell verstrichen. Oder vielleicht war es ja auch schon eine Ewigkeit her. Und irgendwo da draußen warteten Rubius’ Töchter, die jetzt aber kaum noch eine Rolle spielten. Einzig, dass Ann wieder gesund wurde, zählte. Er spürte, dass sie in die letzte Krise hinüberglitt. Und er hatte kein Blut mehr, um es ihr zu geben.
    Verzweiflung drohte ihn zu übermannen. Nicht immer hatte er den richtigen Weg in seinem Leben eingeschlagen oder auch nur danach gesucht. Nachdem er an Beatrix und Asharti verzweifelt war, hatte er in der Neuen Welt das Volk der Inkas Menschenopfer darbringen lassen, um ihn mit Blut zu versorgen. Er hatte vorgegeben, ihrem Leben einen Sinn zu verleihen, indem er sich als eine Gottheit ausgegeben hatte. Aber die Inkas brauchten ihn nicht als Gegenstand ihrer Verehrung; sie waren durchaus in der Lage, ganz allein den Sinn ihres Lebens zu finden. Es hatte auch andere Zeiten gegeben, in denen er nach dem richtigen Weg gesucht hatte. Er war nach Nepal gereist und hatte versucht, ein spiritueller Führer zu sein. Und was hatte es ihm genützt? Hatten die Chinesen nicht die Hälfte seines Volkes abgeschlachtet? Und er hatte wie ein Dämon zurückgeschlagen! Seine Aktionen hatten das Blutbad nur vergrößert, aber es nicht aufgehalten.
    Sein Impuls, geschaffene Vampire zu verteidigen, hatte mit Asharti geendet. Seine Unfähigkeit, sie zu lieben, wie er Beatrix liebte, hatte sie auf ihren unheilvollen Weg gebracht. Himmel! Stephan wandte sein Gesicht der Höhlendecke zu. Allein schon diese kleine Bewegung ließ seine Sicht verschwimmen.
    Und jetzt hatte er auch noch Anns Leben zerstört. Oder ihren Tod herbeigeführt.
    Die Farben der Höhle zerliefen ineinander, wurden dunkler. Stephans Kopf wurde schwer, und er nickte ein. Schwärze umgab ihn ...

22. Kapitel
    A nn spürte das Singen, bevor sie es hörte. Es flatterte am Rande ihres Bewusstseins und drängte sie zu erwachen. Sie fühlte sich lebendig, so lebendig wie noch nie zuvor in ihrem Leben! Pures Leben schien durch ihre Adern zu pulsieren, und sie war zum Überquellen voll mit ... etwas anderem in ihr. Es müsste sie ängstigen, dass sie nicht mehr allein in ihrem Körper war, aber seltsamerweise hatte sie keine Angst. Wie könnte etwas, das sich so gut anfühlte, auch Furcht einflößend sein?
    Sie schlug die Augen auf, und eine Million funkelnder Edelsteine kamen in Sicht. Vor Überraschung zog sie scharf den Atem ein. Strahlend hell, unglaublich nuanciert, bargen die Stalaktiten eine Million verschiedener

Weitere Kostenlose Bücher