Blutrote Sehnsucht
Zelle?«
»Dee?«, fragte Freya, nicht weniger schockiert als Stephan. »Du wirst doch nicht ...«
»Enthaupten ist zu einfach, Freya. Dafür hat er zu viel zu büßen, oder etwa nicht?«
Stephan wollte zurückweichen, aber es gab kein Entkommen vor Dees Hand oder ihrem Atem an seinem Nacken.
»Dee, ich ...«
»Tu deine Arbeit, Freya!«, zischte Deirdre. »Gehorche deinem Vater! Ich bin die Älteste, und in seiner Abwesenheit gehorchst du mir. Wir müssen es tun.« Plötzlich lächelte sie ihre Schwester an. »Und genieße es.« Ihr Blick wandte sich Stephan zu. »Ich zumindest bin bereit dazu.«
Damit senkte sie ihren Mund auf Stephans und glitt mit ihrer Zunge zwischen seine Lippen. Sie wollte, dass er den Kuss erwiderte, das wusste er, also kam er ihrem Wunsch nach. Verzweifelt kämpfte er darum, den Abscheu, den er dabei empfand, niederzukämpfen.
Freya nahm sich zusammen. »Dann will ich die Erste sein, Dee, bevor es zu schmerzhaft für ihn wird.« Sie schob den durchsichtigen Stoff ihres Gewandes beiseite und ließ sich mit gespreizten Beinen über Stephans Schenkeln nieder. Mit einer Hand hob sie sein Glied an und nahm es in sich auf. Das Gefühl hätte ihn über die Grenze seiner Beherrschung treiben müssen, aber so war es nicht. Dee steigerte seine Erregung, doch seine Ekstase unterdrückte sie. Stephan krümmte den Rücken und stöhnte unter der exquisiten Qual seiner Empfindungen. Schon jetzt begann die Lava in seinen Lenden zu brodeln.
In Gedanken sprach er seine Mantras. Er musste die Macht in sich daran hindern überzukochen, bis ihm ein Ausweg einfiel. Er durfte nicht einmal daran denken, was Ann in der Zwischenzeit geschehen mochte.
Tuatha denon. Beluorga lefin. Argos pantid.
Bletherdon, hargarden, slitenger, shuit!
Wie lange konnte er das überleben?
Ann trieb durch einen Dunstschleier aus Angst, der sie vollkommen einzunebeln schien, als Erich sie die Treppe hinauf nach oben trug. Regungslos und schlaff hing sie in seinen Armen, und irgendwo tief in ihrem Innersten wusste sie, was er ihr antun würde. Er hatte es ihr einmal deutlich genug gesagt, und Alice hatte es ihr sehr anschaulich beschrieben. Aber es schien ihr nicht annähernd so viel auszumachen, wie sie gedacht hatte.
Es war sowieso alles vorbei. Rubius’ Töchter hatten Stephan. Und Van Helsing hatte sie. Es war aus. Vor bei.
Erich trat eine Tür auf. Sie schwang auf, und Ann sah burgunderrote Samtvorhänge, Bettvorhänge aus demselben Material und eine Überdecke aus Brokat in Rot- und Goldtönen, die vor ihren Augen tanzten und verschwammen. Der schwache Tabakgeruch der Pfeife ihres Onkels hing noch in der Luft.
»Onkel Thaddeus’ Zimmer?«, murmelte sie benommen.
»Das Zimmer des Hausherrn, meine Liebe. Du verstehst doch sicher, wie passend das jetzt ist.« Erich legte sie auf das Bett und nestelte an den Knöpfen vorn an ihrem Kleid. Wie sehr er einem Fisch ähnelt, dachte Ann. Einem besonders abstoßenden Fisch, der niemals Zahnpulver benutzt. »Ah, ich würde gern etwas von deinem Blut auflecken, aber das traue ich mich nicht. Nicht, solange sie noch in der Nähe sind. Doch irgendwann werden sie nach Mirso zurückkehren«, murmelte Erich vor sich hin, während er ihre Bändchen und Knöpfe löste. »Aber werden sie dich am Leben lassen? Vielleicht kann ich sie ja dazu überreden. Dann werden sie sagen, sie würden es erfahren, und mich töten. Doch würden sie das wirklich tun?« Er zog Ann das Kleid über eine Schulter und verrenkte ihr fast den Arm, als er ihn aus dem Ärmel zerrte.
Sowie er ihre nackte Haut berührte, war sie über ihn im Bilde. Aber es war nicht so wie vorher, kein Schauer quälender Erfahrungen, der sie überfiel, kein jähes Wissen, kein Entsetzen. Nein. Es war eher so, wie in einem Buch zu lesen. Die Informationen waren alle da, während sie eine Seite nach der anderen las, aber sie berührten sie nicht und schmerzten nicht wie früher.
Sie sah seinen strengen deutschen Vater, dem er nie etwas recht hatte machen können, die Schläge und Misshandlungen. Er hatte gelernt, verschlagen zu sein, um den Zorn seines Vaters abzuwenden. Immer log er und ging den Weg des geringsten Widerstandes. Er belog die einheimischen Mädchen aus den Klassen unter ihm, weil er die gleiche Macht über sie haben wollte, die sein Vater über ihn ausübte. Er verlor seine Mutter – das einzige Vorbild für Güte und Freundlichkeit in seinem Leben, auch wenn sie zu nachgiebig gewesen war und ihn mit Geld verwöhnt
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