Blutrubin Trilogie - Band 1: Die Verwandlung (German Edition)
zögerte keinen Augenblick und eilte so leise wie möglich zur Eingangstür, doch im Gegensatz zu James geschmeidigen Bewegungen kam ich mir vor wie ein Trampel und wäre um ein Haar wieder gestolpert.
»Ist alles in Ordnung«, fragte ich leise. Er schüttelte den Kopf, wobei er sich immer wieder aufmerksam umsah.
»Nein, hier stimmt etwas ganz und gar nicht. Wir müssen Leam finden, denn ich befürchte er ist in großer Gefahr. Du bleibst direkt hinter mir und gibst keinen Laut von dir«, sagte er streng. »Sollten wir angegriffen werden, dann lauf los und suche dir irgendwo ein Versteck, wo du bleibst, bis ich dich holen komme«, befahl er und sein Gesichtsausdruck war so ernst und besorgt, dass mir die Tragweite seiner Worte die Kehle zuschnürte und ich nur zustimmend nicken konnte.
Als ich hinter James durch die Tür trat, fand ich mich in einer großen Eingangshalle wieder, deren Wände mit riesigen Gemälden und großen Wandteppichen geschmückt waren. In der Mitte erhob sich eine breite Steintreppe, die in das obere Geschoss führte und im Abstand von einigen Metern waren elektrische Fackeln an den Wänden befestigt und hüllten die ganze Halle in einen warmen, goldenen Glanz. James zog mich an der Hand hinter sich her, bis zu einer reich verzierten Tür neben der Treppe.
»Leams Arbeitszimmer«, erklärte er knapp und drückte vorsichtig den messingfarbenen Türknauf nach unten. Mit einem leisen Knarren schwang die Tür auf.
Ich versuchte mich so groß wie möglich zu machen und spähte auf den Zehenspitzen über seine Schulter. Zuerst erkannte ich in dem spärlich beleuchteten Zimmer nur einen Schreibtisch, auf dem etwas Großes zu liegen schien. Als sich meine Augen jedoch an das schummrige Licht gewöhnt hatten, schnappte ich bei dem Anblick, der sich mir bot, laut nach Luft.
»Heilige Scheiße!«
Es handelte sich um einen menschlichen Körper, der an beiden Händen und Füßen mit Ketten an den Schreibtisch gefesselt war und sich nicht bewegte. James rannte los und ich konnte hören, wie er ununterbrochen den Namen seines Freundes rief, während er den leblosen Körper an den Schultern packte und schüttelte.
Vorsichtig näherte auch ich mich dem Schreibtisch, und als ich nur noch einige Schritte entfernt war, fiel mein Blick auf den Steinboden darunter und ich erschauderte. Eine große Blutlache erstreckte sich über den gesamten Boden und das leise Plätschern, herunterfallender Blutstropfen, drehte mir fast den Magen um.
Dann sah ich den Grund für das viele Blut und hatte Mühe ein Würgen zu unterdrücken. An vielen Stellen des Körpers waren Leam die Schlagadern geöffnet worden, was zur Folge hatte, dass er ausblutete. Umso näher ich kam umso intensiver nahm ich den Geruch des Blutes wahr, es roch wie rostiges Eisen.
»Was ist mit ihm geschehen?«, fragte ich, als ich direkt neben James stand, der mit allen Mitteln versuchte die Blutungen zu stillen.
»Ich weiß es nicht, aber es sieht nicht gut aus«, antwortete er und leckte mit der Zunge über Leams Handgelenk.
»Was machst du denn da?«, schrie ich entsetzt und musste unweigerlich den Blick abwenden, um mich nicht auf der Stelle zu übergeben.
»Ich versuche, seine Wunden zu schließen. Das tun wir auch, wenn wir uns von Menschen genährt haben, damit stoppen wir die Blutung und schließen die Wunde.«
»Aber er ist doch ein Vampir und Vampire können nicht sterben«, stellte ich irritiert fest.
»Vampire können sehr wohl sterben. Man hat ihm diese Wunden nicht ohne Grund zugefügt«, er deutete auf die vielen Schnitte an Leams Körper, aus denen immer noch stetig der Lebenssaft aus ihm heraus quoll. »Wenn er soviel Blut verliert, hat er nicht mehr die Kraft sich selbst zu heilen. Sein Körper kann sich nicht regenerieren und er wird sterben. Hilf mir endlich und drücke deine Finger auf die Wunden, um die Blutung zu stoppen, bis ich alle Schnitte geschlossen habe«, befahl er mit fast panischer Stimme.
Ich tat es ohne groß nachzudenken doch genau in dem Augenblick, in dem ich Leams Haut mit meinen Fingern berührte, durchfuhr mich ein eiskaltes Gefühl und vor meinem geistigen Auge entstanden plötzlich seltsame Bilder. Es war als habe sich in meinem Kopf ein Projektor eingeschaltet, der nun einen farbenfrohen Film abspielte.
Zuerst sah ich ein Straßenschild mit der Aufschrift Edinburgh und dann befand ich mich plötzlich in einer großen Bibliothek. Tausende von Büchern standen dort fein säuberlich aneinandergereiht
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