Blutrubin Trilogie - Band 1: Die Verwandlung (German Edition)
aufs Herz gepresst hatte. Sie war kleiner als ich, bestimmt doppelt so breit und ihr Gesicht glänzte leicht speckig. Ich schätzte sie auf vielleicht 50 Jahre, auch wenn sie durch ihre Fülle nur wenige Falten besaß. Die bereits leicht grauen Haare hatte sie im Nacken zu einem Knoten frisiert und sie trug eine Haube, wie sie in früheren Jahrhunderten von den Bediensteten getragen worden waren. Doch das eigentlich Seltsame an ihr war, dass sie irgendwie leicht transparent zu sein schien und einen Wimpernschlag später begann sie tatsächlich, für einige Sekunden zu flackern. Ich blinzelte und rieb mir so fest die Augen, bis silberne Punkte vor mir tanzten.
»Ian, Emma!«, rief sie und blickte aufgeregt über ihre Schulter. »Der gnädige Herr ist wieder zu Hause.« Kurz darauf waren ungleichmäßige Schritte zu hören und in der Tür erschienen zwei weitere Personen. Ein älterer, dicker Mann mit buschigem Schnurrbart und fragwürdiger Hygiene, gefolgt von einem sehr hageren Mädchen mit riesigen braunen Rehaugen. Genau wie die Frau, waren die beiden Neuankömmlinge auch etwas transparent und blinkten wie zwei defekte Glühbirnen.
Ich sah fragend zu James, der wieder auf dem Sessel Platz genommen hatte und auf den nun bedeckten Körper seines toten Freundes starrte. Er schenkte den drei Personen in der Tür keinerlei Aufmerksamkeit, was mich stutzig machte.
»Ähm, Hallo«, ich hielt ihm meine winkende Hand direkt vor das Gesicht. »Willst du uns nicht vorstellen?«, wollte ich wissen. Er blickte auf und sah mich verwirrt an.
»Vorstellen?«, James sah sich suchend im ganzen Zimmer um und runzelte dann missmutig die Stirn. Ich war mir sicher, dass er unter Schock stand und sich aus diesem Grund so merkwürdig benahm, anders konnte ich mir sein Verhalten nicht erklären.
»Na, die da!« Ich deutete zur Tür, wo die beiden Frauen und der Mann uns nun neugierig beobachteten. James Blick folgte der Richtung meines Fingers, dann sah er mich wieder an und der zweifelnde Ausdruck in seinen Augen gefiel mir ganz und gar nicht.
»Geht es dir auch wirklich gut Claire?«, fragte er besorgt und musterte mich so eindringlich, dass ich plötzlich begann, an meinem eigenen Verstand zu zweifeln.
»Er kann uns nicht sehen«, seufzte die ältere Frau, der Mann und das Mädchen nickten zustimmend.
»Wieso kann er euch nicht sehen?«, wiederholte ich fragend.
»Wer kann wen nicht sehen?«, wollte James wissen.
»Er ist kein Geistwächter«, erklärte die Frau, während James Blick, mittlerweile überaus besorgt, zwischen der offenen Tür und mir hin und her huschte.
»Was ist ein Geistwächter?«, fragte ich an die Frau gerichtet, doch bevor sie antworten konnte, sprang James blitzschnell aus seinem Sessel hoch, packte mich und drehte mich zu sich.
»Woher weißt du etwas über Geistwächter?«, erkundigte er sich barsch. Als ich nicht sofort antwortete, kniff er die Augen zusammen und sein Griff war so fest, dass er mir Schmerzen bereitete.
»Du tust mir weh«, protestierte ich und befreite mich aus seiner Umklammerung. Während ich mir die Oberarme rieb, um den Schmerz zu vertreiben, deutete ich mit dem Kinn zur Tür.
»Siehst du denn die drei Personen nicht, dort in der Tür?« James sah erneut auf die Stelle, wo die kleine Gruppe stand und uns noch immer neugierig beäugte, doch es hatte nicht den Anschein, als könne auch er sie sehen.
»Frag sie nach ihren Namen«, befahl er mit eisiger Stimme ohne den Blick von der Tür abzuwenden, doch die Frau kam mir zuvor.
»Ich bin Berta und das sind Ian und Emma«, erklärte sie und deutete zuerst auf sich, dann auf den Mann und zum Schluss auf das hagere Mädchen. Ich drehte mich zu James und wiederholte die Namen, die sie mir gesagt hatte und zu meinem Erstaunen entspannte er sich sogleich und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen.
»Berta Murray, Ian MacConnel und die kleine Emma?«, wollte er wissen und sah mich erwartungsvoll an.
»Ja genau«, rief Berta und klatschte freudig in die Hände. Ich nickte James zu, um ihm zu zeigen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag, war nun aber selbst sichtlich verwirrt.
»Materialisiere sie bitte«, bat er mich und nickte mir aufmunternd zu. Ich schloss für einen Moment lang die Augen und fragte mich, wann ich endlich aus diesem Traum erwachen würde. Dann blickte ich zu den drei Gestalten, die mich erwartungsvoll ansahen, und sank resigniert in den Sessel.
»Ich bin wirklich ein aufgeschlossener und vorurteilsfreier
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