Blutrubin Trilogie - Band 2: Der Verrat (German Edition)
gutes Buch zu sein«, stellte sie fest, während sie zwei Stück Zucker in den Tee gab und umrührte. Ich sah auf und nickte.
»Ja, wirklich lesenswert«, antwortete ich, nahm die Tasse und trank einen Schluck.
»Wie heißt es denn?«, wollte sie wissen und verrenkte sich fast den Hals um einen Blick auf den Titel zu erhaschen. Ich wollte ihr antworten, doch dann stellte ich fest, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, was ich da gerade las. Ich klappte das Buch zu und sah auf das Cover.
»Atom- und Quantenphysik: Einführung in die experimentellen und theoretischen Grundlagen«, las ich laut vor und verzog dann das Gesicht. »Hä?«
Berta sah mich an, als habe ich nicht mehr alle Tassen im Schrank und ich konnte es ihr nicht verdenken. Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Wieso saß ich mit einem Buch über Atom- und Quantenphysik in der Bibliothek und was noch seltsamer war, wieso brachte mich so etwas zum Lachen?
Hastig überflog ich einige Zeilen und musste feststellen, dass ich kein Wort verstand, zumal es von Gleichungen und Formeln nur so wimmelte.
»Alles in Ordnung, mein Mädchen?«, wollte Berta wissen.
»Ich glaube nicht«, antwortete ich geistesabwesend, ohne aufzusehen. Ich legte das Buch auf den Tisch, begann meine Schläfen zu massieren und versuchte mich zu erinnern, warum ich überhaupt in die Bibliothek gegangen war.
»Kennst du dich mit diesem Thema aus?«, fragte Berta und deutete auf das Buch. Ich schüttelte energisch den Kopf, als ich antwortete.
»Auskennen? Ich bin ja schon mit der Überschrift überfordert«, schnaubte ich. »Ich habe keine Ahnung, warum ich mit diesem Buch hier sitze. Hier stinkt etwas gewaltig zum Himmel.«
»Hört sich ganz danach an, als hätte jemand deine Gedanken manipuliert«, teilte sie mir mit. Schlagartig sah ich zu ihr auf und legte die Stirn in Falten. Ihre Worte gaben mir zu denken, womöglich hatte sie ja recht. Wie sonst sollte ich mir mein Verhalten erklären?
»Wenn es so wäre, wie du sagst, was könnte ich dagegen tun?«, erkundigte ich mich. Berta rieb sich die Mundwinkel und sah dabei nachdenklich zur Decke, dann wandte sie sich wieder mir zu.
»Ich weiß nicht, ob es irgendein Mittel gibt, das dagegen hilft. Ich hörte nur schon des Öfteren, dass es eine Art Barriere ist, die man selbst durchbrechen muss. Dazu gehören ein eiserner Wille und sehr viel Selbstdisziplin.«
»Und was muss man genau tun?«
»Nun ja, vielleicht solltest du versuchen dich zu erinnern, was geschehen ist, bevor du angefangen hast, in diesem Buch zu lesen«, gab sie zur Antwort.
Ich schloss meine Augen und versuchte mich an den Zeitpunkt zu erinnern, bevor ich in die Bibliothek gegangen war. Das war jedoch leichter gesagt, als getan. Immer wenn ich gerade dabei war, etwas zu sehen, entglitt es mir wieder. Es war, als legte sich immer dann ein dichter Nebel über meine Erinnerungen, wenn ich danach griff. Diesen Gedanken-Nebel kannte ich bereits, denn genauso hatte ich mich gefühlt, als James vor einigen Monaten, meine Erinnerungen manipuliert hatte.
Einmal kurz blitze Silles Gesicht vor mir auf, war aber sofort wieder verschwunden, bevor ich mich an weitere Einzelheiten erinnern konnte. Doch so leicht gab ich nicht auf. Es war offensichtlich, dass irgendjemand in meinem Kopf herumgepfuscht hatte. Verbissen kniff ich die Augen zusammen und konzentrierte mich. Plötzlich wusste ich wieder alles.
Ich erinnerte mich, wie ich in der Eingangshalle gestanden hatte. Mir fiel auch wieder ein, wie wütend ich auf Aiden gewesen war und aus welchem Grund. Das Letzte, woran ich mich entsinnen konnte, war die Hand von Pater Finnigan, die er auf meine Schultern gelegt hatte.
Ich riss die Augen auf und fluchte, denn jetzt war mir klar, was geschehen war. Pater Finnigan hatte seine Gabe gegen mich eingesetzt und mir seinen Willen aufgezwungen. Er musste nur jemanden berühren, um die Gedanken seines Gegenübers zu manipulieren. Das hatte er offensichtlich auch mit mir gemacht, um mich daran zu hindern, mit den anderen Vampiren zum Rannoch Moor zu fahren.
Ich war so zornig, dass ich meine Hände zu Fäusten ballte, bis sich meine Fingernägel schmerzhaft in die Handflächen bohrten. Dann schlug ich wütend auf die Armlehne des Ledersessels. Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte und der Sessel kippte zur Seite.
Ich hatte mit meinem Schlag das ganze Innenleben der rechten Armlehne zu Kleinholz verarbeitet. Berta sah mich entsetzt an.
»Was ist denn los, Claire?« Nachdem
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