Blutsauger
sollten Sie Verständnis für meine Situation haben. Ich werd verhaftet nach dem Tod von Brugger, weiß nicht, in was ich da reingezogen werde – und dann erzählt mir die Polizei hier, es gehe um Steuerhinterziehung und einen angeblich verbotenen Betrieb.«
»Darf ich fragen, welche Funktion Herr Fallheimer hatte?«
»Er hat sich mit ein paar Hunderttausend beteiligt und – sagen wir mal so – uns die Kontakte zur Klinik gehalten.«
»Und das begehrte Blut besorgt – als Gynäkologe«, kam Häberle auf den Punkt.
»Nicht so, wie Sie denken. Nicht in riesigen Mengen. Es gab mal gewisse Engpässe. Aber da ist in der Klinik nicht viel gelaufen.« Er musterte Häberle, als versuche er, von dessen Gesicht etwas abzulesen. »Was soll auch sonst in der Klinik gewesen sein?«, fragte er vorsichtig.
»Das dürfen Sie mich nicht fragen. Jedenfalls muss die Frau Kastel irgendwie in die Sache involviert gewesen sein.«
»Die Frau Kastel! Das haben doch in der Klinik die Spatzen von den Dächern gezwitschert: Die hat sich in alles eingemischt.«
»Und irgendwann zu viel gewusst«, ergänzte Häberle, ohne eine Antwort zu erwarten. »Und das gilt auch für Lena. Ich nehm an, die ist Ihnen bekannt.«
»Lena? Fallheimers Tochter, ja. Sie studiert hier.«
»Bei Ihnen – in der Firma?«
»Sie hat da reingeschnuppert. Nichts weiter.«
»Aber auch sie weiß, dass es möglicherweise Dinge gibt, die nicht ganz korrekt ablaufen.«
»Lena hat mal in der Klinik ein Praktikum gemacht«, räumte Maronn ein. »Ob sie von ihrem Vater was mitgekriegt hat oder von anderen, vielleicht von Anja Kastel – ich hab keine Ahnung.«
»Und dann gibt es da noch einen jungen Mann namens Max Frenzel, der irgendwie auch eine Rolle spielt.«
»Frenzel? Kenn ich nicht. Wer soll das sein?«
»Ein Zivi, der in der Klinik war, als Lena auch dort war.«
»Nie gehört.«
Häberle war sich unschlüssig, ob er dies glauben konnte. Er wechselte deshalb das Thema. »Wer ist eigentlich Edgar Fiedler?«
In Maronns blass gewordenem Gesicht glaubte Häberle, ein Zucken wahrzunehmen. »Fiedler?«
»Ja, Edgar Fiedler. Dem die Immobilie gehört, in dem Herr Humstett experimentiert hat.«
»Das ist ein Geschäftsmann, ein Touristikunternehmer. Aber das werden Sie längst wissen. Ein Psychopath, wenn Sie mich fragen. Hat sich mit seinem letzten Geld an der Sache beteiligt.«
»Wieso Psychopath?«
»So nenn ich das.« Über Maronns Gesicht huschte ein mitleidiges Lächeln. »Er triezt seine Mitarbeiter, überzieht sie mit Bürokratie und lebt in dem Wahn, durch versautes Betriebsklima unablässig mehr aus ihnen rauszuholen. Dabei merkt er gar nicht, dass sein Laden vor die Hunde geht.«
Häberle hätte auf Anhieb sicher zwei Dutzend Unternehmer ähnlichen Charakters aufzählen können. Doch er musste sich auf anderes konzentrieren. »Wo finde ich den Herrn Fiedler?«
Maronn überlegte und nannte eine Adresse in der Avenida de Tirajana in Playa del Ingles. »Wenn Sie schon dort sind«, fuhr er zögernd fort, »dann fragen Sie ihn nach Friedrich Hoyler. Das ist ein Immobilienhändler aus Stuttgart, der sich auf Objekte hier auf den Kanarischen Inseln spezialisiert hat.«
»Ach«, staunte Häberle. »Auch ein Investor bei Ihnen?«
»Der hat 20 IQ mehr im Oberstübchen als der andere und hat sich für Bruggers Gespielinnen interessiert – falls Sie das noch nicht wissen.«
Häberle sah zu dem spanischen Kollegen, der das Gespräch bisher wortlos verfolgt hatte, und der jetzt ein leichtes Nicken andeutete.
»Doch, doch«, gab sich Häberle gegenüber Maronn wissend, »Caroline und Melanie heißen die beiden wohl.« Er blickte zu dem Spanier, der diese Namen mit einer dezenten Geste bestätigte.
»Der hat sich für diese Damen interessiert?«, wollte es Häberle bestätigt wissen.
»Ja. Elmar hat irgendeine Bemerkung fallen lassen – und dann ist Fritz – ich meine Hoyler – ins Hotel und hat sie ausgehorcht.«
»Ausgehorcht?« Häberles Interesse stieg zunehmend, während sein spanischer Kollege gelangweilt die zerfurchte Tischplatte betrachtete.
»Ja, er wollte wissen, wer diese Damen sind. Aber mehr, als dass sie Elmars kleines Abenteuer waren, steckt wohl nicht dahinter.«
»Sollte denn etwas dahinterstecken?«
Maronn hob die gefesselten Hände und ließ sie mit dem metallischen Scheppern der Handschellen wieder auf die Tischplatte fallen. »Ich weiß ja nicht, inwieweit Sie informiert sind, Herr Häberle. Aber es hat angeblich
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