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Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
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Spezialeinheit würde wieder auseinandergehen und jeder an seine Dienststelle zurückkehren, bis die Gruppe wieder gebraucht würde. Liv sollte zurück in ihr altes Büro und zu ihrem alten Partner Ole, der gerade angerufen und ihr mitgeteilt hatte, dass er aus dem Krankenhaus in Helsingborg entlassen worden war.
    Die Stimmung in dem kleinen Sitzungsraum war von Verunsicherung geprägt. Niemand sagte etwas. Niemand wollte als Erster den Mund öffnen. Schließlich stand Roland auf und räusperte sich. Vor ihm auf dem Tisch lag eine dicke Mappe.
    »Willkommen«, sagte er, und die Anwesenden hoben ihre Köpfe und sahen ihn an. »Es ist Dienstag, der 23. September 2008. Vor exakt einer Woche wurden wir zum Cecilie-Fall hinzugezogen, der jetzt abgeschlossen und gelöst ist. Dieses Jahr hat noch 99 Tage. Heute ist übrigens der Tag des heiligen Linus. Linus war um das Jahr 90 Bischof in Rom und soll der direkte Nachfolger von Petrus im Amt des Papstes gewesen sein. Außerdem ist heute der Jahrestag des Kaugummis, der 1848 in den USA zum ersten Mal in einem Laden verkauft worden ist.«
    Die Gruppe sah ihn so lange an, dass er entschuldigend mit den Schultern zucken musste.
    »Danke für all diese Informationen, von uns allen«, brach Carsten Svendsen schließlich das Schweigen.
    Roland ließ den Blick über seine Leute schweifen.
    »Ihr wisst keine Details … ach, egal. Braucht ihr Ferien?«, fragte er dann.
    Keiner antwortete. Einzig Carsten nickte und sagte, dass er gerne nach Hause nach Jütland wollte, um seinen neuen Enkel kennenzulernen. Die Anwesenden lächelten beinahe synchron.
    »Dann solltet ihr, meine ich, nach Hause zu euren Familien fahren und ein paar Tage frei machen. Ihr habt alle Superarbeit geleistet. Ich habe gerade erst mit Karen Gruppe gesprochen – unserer Chefin, sollte das jemand vergessen haben – und sowohl sie als auch der Oberste Polizeichef sind sehr zufrieden. Wir ihr wisst, ist unsere kleine Einheit vorerst nur probeweise zusammengestellt worden. In der Direktion sind sie jetzt aber so zufrieden mit uns, dass sie beschlossen haben, diese Gruppe bis mindestens 2010 weiterzuführen. Wir behalten unser Einsatzgebiet und heißen bis auf weiteres NEC-Sondereinheit für Kriminalfälle mit hohem Gewaltpotenzial oder grenzüberschreitendem Charakter . Was haltet ihr davon?«
    »Klingt gut, Boss«, kam es von Miroslav. »Also nicht der Name, aber dass sie uns behalten wollen.«
    »Ich muss erst noch mit meiner Frau darüber sprechen«, sagte Svendsen und wippte wie immer weiter auf seinem Stuhl in der Ecke. »Sie muss jetzt schon ziemlich lange ertragen, dass ich ständig im Land herumreise. Ihr wisst, wie das ist. Nach so vielen Jahren Ehe fällt man so eine Entscheidung nicht mehr, ohne mit seinem Partner darüber gesprochen zu haben.«
    »Natürlich nicht«, sagte Roland. »Ihr habt eine Woche, um euch zu Hause darüber klar zu werden. Schlaft jetzt aus, ruht euch auf euren Lorbeeren aus, oder tut, wozu ihr sonst noch Lust habt. Ihr hört dann wieder von mir. Allerdings müsst ihr der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stehen, was das Verfahren gegen Erik und Benedikte Adelskov und die Eheleute Junge-Larsen angeht. Es ist wichtig, dass ihr telefonisch erreichbar seid, damit die Fälle schnell verhandelt werden können. Diese bekloppte Polizeireform soll ja wie ein Erfolg aussehen, und das klappt nur, wenn jetzt auch mal ein paar Verbrecher verurteilt werden können. Zum Glück sind die ja alle geständig, was es dem System nicht nur leichter, sondern auch finanziell erträglicher macht.«
    Roland sah in die müden Gesichter seines Teams. »Das war’s«, sagte er und klappte seine Mappe zu. »Macht’s gut.«
    Die Gruppe erhob sich zögernd und ging langsam nach draußen, während Roland den Schwamm nahm und die Striche und Kästchen entfernte, mit denen er im Laufe der letzten Woche das große Whiteboard verziert hatte.
    Es war spät am Abend, als Roland aufwachte. Er hatte das Gefühl, eine halbe Ewigkeit geschlafen zu haben. Draußen schüttete es noch immer, und ihm wurde klar, dass er doch nur ein paar wenige Stunden älter geworden war. Er stand auf und sah aus dem Fenster. Es überraschte ihn jedes Jahr aufs Neue, wie schnell der Herbst kam. Besonders dann, wenn es eigentlich gar keinen richtigen Sommer gegeben hatte. Jedenfalls nicht für ihn.
    Irgendwo, gar nicht so weit entfernt, saßen jetzt Cynthia und seine beiden süßen Kinder in einem Reihenhäuschen mit einem Mann namens Anders.

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