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Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
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waren, mehr Sachen aus ihren Taschen zu ziehen, als in diesen zu verstauen.
    »Ja!«, jubelte Josephine, die mittlerweile zwei Zöpfe hatte, die sie fast wie Pippi Langstrumpf aussehen ließen. Sie war einfach süß mit ihren großen, braunen Augen und dem langen blonden Haar.
    Es war ein Glück für Liv, dass die Kinder gern bei ihrem Vater waren. Er hatte sich im Zentrum von Helsingør eine schweineteure Wohnung gekauft, nachdem sie ihn, hochschwanger mit Nummer zwei, rausgeschmissen hatte, aus Wut darüber, dass er immer alles wissen musste, was sie tat. Also ehrlich. Als wenn sie sich darüber immer selbst im Klaren wäre!
    Sie blätterte weiter durch die Zeitung, doch die Artikel überboten sich beinahe in ihrem Mitleid mit den Eltern. Zahlreiche Prominente drückten ihnen ihr Mitgefühl aus, und nicht wenige von ihnen distanzierten sich von der Polizei. Sie erachteten es als »schrecklich«, dass die Eltern gleich nach dem Fund des Mädchens vernommen worden waren.
    Danach folgte ein doppelseitiges Porträt von Cecilie Junge-Larsen. Ihr kurzes Leben, dargestellt in Spots und ergänzt durch Bilder von ihrem Sieg bei »Deine Bühne« und einem Interview mit ihrem Manager. Der Mann war Mitte vierzig, hatte schütteres Haar und trug das obligate Halstuch. Aber auch was er sagte, passte ins Klischee.
    »Wir lieben sie alle. Wir werden sie vermissen. Das ist eine fürchterliche Tragödie. Trotzdem haben wir uns dazu entschieden, ihr Album wie geplant herauszugeben. Wir wollen ihr damit unsere Ehre erweisen. Die Einnahmen werden in einen Gedächtnisfonds fließen.«
    Welch Großmut, dachte Liv und blätterte weiter. Unter der Überschrift »Wenn sie nur nicht gelitten hat!« folgte ein weiterer Artikel, bebildert mit einem großen Bild der weinenden Mutter. »Ich weiß, dass ich sie wiedersehen werde, wenn meine Zeit gekommen ist«, zitierte die Zeitung. Liv überflog den Artikel und hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Ihr Blick wanderte immer wieder zu ihren eigenen Mädchen, als eine Passage ihr Interesse weckte. Plötzlich bekam sie nicht einmal mehr mit, wie ihre Töchter zu streiten begannen und Claus zu vermitteln versuchte.
    Dann faltete sie die Zeitung zusammen, klemmte sie unter den Arm und stand auf.
    »Auf geht’s, Kinder, wir müssen los.«
    Es war Zeit für die Morgenbesprechung.
    Der Morgen war für Per Roland die schlimmste Tageszeit. Jeden Tag wurde ihm dann aufs Neue bewusst, wie allein er war. Dabei war er heute gar nicht allein, denn Peter hatte bei ihm übernachtet. Obwohl sie nur müde Blicke wechselten und kaum miteinander redeten, genoss er es, ihn bei sich zu haben.
    Cynthia hatte am Abend zuvor angerufen und ihn gebeten, einmal mit ihm zu reden. Allem Anschein nach war er wieder dabei erwischt worden, wie er zu Hause in Ballerup auf der Terrasse onaniert hatte. Der Nachbar hatte angerufen und protestiert, weil seine kleine Tochter oben aus ihrem Fenster den Penis des Jungen hatte sehen können.
    Cynthia hatte wilde Ängste geäußert, der Junge könne sexuell abartig sein und womöglich eines Tages ein Mädchen vergewaltigen, doch Per Roland hatte sie beruhigt und ihr versprochen, nicht im Hotelzimmer zu übernachten, sondern nach Ballerup zu fahren und einmal von Mann zu Mann mit seinem Sohn zu reden.
    »Peter, wenn du dir schon einen runterholen musst, dann mach das bitte drinnen, okay?«
    »Ja, Papa!«
    Mit diesen zwei Sätzen von Mann zu Mann war das Thema dann auch erledigt gewesen.
    Jetzt saß Roland still vor sich hin lächelnd am Ende des Tisches im Sitzungszimmer, während seine Leute langsam eintrudelten. Carsten Svendsen saß bereits am Tisch und grummelte vor sich hin, er hatte morgens immer Schwierigkeiten, in Gang zu kommen. Max Motor war hinten in der Ecke dabei, seinen Helm, seine Lederjacke und sein Bandana abzulegen, während Lange Lind, Miroslav und Anette den Raum betraten und Platz nahmen. Max Motor begrüßte sie mit einem Nicken, Anette eingeschlossen, obwohl alle wussten, dass die beiden höchstwahrscheinlich zusammen ins Präsidium gekommen waren. Sie waren seit einem guten halben Jahr häufiger zusammen und bildeten so etwas wie eine sexuelle Zweckgemeinschaft. Egal, dachte Roland und hielt nach Liv Ausschau, die in diesem Augenblick ihren Auftritt hatte und sich auf ihre jungenhafte Art auf einen Stuhl fallen ließ. Ihre Kleider waren genauso bunt wie am Vortag, und den Hut hielt sie in der Hand. Ihre Haare standen in alle Richtungen ab, als hätte sie gerade Sex

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