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Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
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gehabt. Vermutlich hatte sie das auch, dachte Roland, aber dann war er von sich selbst überrascht und beeilte sich, diese Bilder aus dem Kopf zu bekommen. Er sah auf seine Uhr. Konnte sie denn nicht wenigstens pünktlich kommen?
    Alle saßen da, blätterten durch ihre Papiere und warteten darauf, dass ihr Chef das Wort ergriff.
    »Es ist 9.05 Uhr«, begann er. »Heute ist der 18. September, einer der Unglückstage in Tycho Brahes Kalender. Denjenigen von euch, die zu jung sind, um so etwas zu wissen, sei gesagt, dass Tycho Brahe ein bekannter Astronom und Astrologe war, der Ende des 16. Jahrhunderts gelebt hat. Es heißt, er habe 32 Tage berechnet, an denen es seiner Meinung nach sehr gewagt ist, irgendetwas zu unternehmen. Der 18. September ist einer dieser Tage. Deshalb auch die Bezeichnung Tycho-Brahe-Tag.«
    Per Roland ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen, die ihn erstaunt ansahen.
    »Nur damit ihr es wisst«, brummte er, nahm sich einen Filzschreiber und ging zum Whiteboard.
    »Keine Details sind zu klein oder unbedeutend«, kam es von Carsten Svendsen, »schreibt euch das hinter die Ohren.«
    »Sehr witzig«, sagte Roland. »Nun, dann halten wir ein paar Dinge an der Tafel fest. Ich mache selbst den Anfang.
    Die Obduktion gestern Abend hat ergeben, dass Cecilie nicht vergewaltigt worden ist, es ist auch kein Versuch einer Vergewaltigung unternommen worden. Ihr Körper zeigt keinerlei Spuren von Gewalteinwirkung. Die eigentliche Todesursache ist Ersticken durch einen weichen Gegenstand, der ihr auf Mund und Nase gepresst wurde, möglicherweise ein Kissen. An ihren Kleidern wurden Pflanzenreste gefunden, die heute Morgen bereits als Weißdorn identifiziert worden sind. Wir müssen herausfinden, wo in der Stadt der wächst. Unter Umständen ist das ein Hinweis auf einen Kontaktort, wenn nicht sogar auf den Tatort. Ich habe die Pflanze gegoogelt.«
    Er holte einen Wikipedia-Ausdruck hervor.
    »Hier steht, dass es sich um einen großen Laubbusch handelt, mit einem festen, dichten Wuchs. Er ist häufig von Grund auf verzweigt. Die Rinde ist erst rotbraun und fast haarlos. Später wird sie graugrün, und sie kann bei älteren Büschen fast gelbgrau werden. Alte Zweige sind grau und ausladend. Und jetzt kommt das Wichtigste«, sagte er und hob den Zeigefinger. »Der Busch trägt an den nichtblühenden Trieben zahlreiche steife Dornen. Die Knospen sind vergesellschaftet, rund und rötlich braun. Die wechselständigen Blätter sind stets auffällig gelappt, ganzrandige Blätter kommen nicht vor. Die Oberseite ist glänzend dunkelgrün, die Unterseite graugrün. Der Busch blüht etwa Mai bis Juni, und die Blüten sitzen auf kleinen, knotigen Zwergtrieben. Sie sind weiß und riechen streng. Die Früchte sind rote Beeren mit zwei Kernen, die schnell keimen.«
    Roland sah zu seinen Mitarbeitern und hielt ein Bild hoch, damit alle die Pflanze sehen konnten.
    »Sie wächst im Unterholz lichter Laubwälder oder am Waldrand und in Gebüschen und ist so gut wie in ganz Europa verbreitet, unter anderem auch in Dänemark«, schloss er seine Vorlesung. »Mit anderen Worten, eine recht gewöhnliche Pflanze. Wir müssen wissen, wo die in Espergærde wächst, und diese Gebiete dann untersuchen, um eventuelle Spuren sicherzustellen. Lind, das ist eine Sache für dich, wenn du hier im Haus fertig bist.«
    Lange Lind nickte so eifrig, dass sein ganzer Körper mitschwang.
    »Tatort? Auch das ist dein Ressort.«
    Lind räusperte sich und beugte sich über den Tisch.
    »Da der Fundort im Haus war und es sich bei der Tatwaffe vermutlich um irgendeine Art Kissen handelt, liegt der Gedanke nahe, dass der Mord in ihrem eigenen Haus passiert ist. Die Frage ist nur, in welchem Raum, und ob sie den Täter selber hereingelassen hat oder er sich auf andere Weise Zutritt zum Haus verschafft hat. Darauf hoffen wir heute im Laufe des Tages eine Antwort zu erhalten.«
    »Du bleibst an der Sache dran, Lind«, sagte Roland und fuhr fort: »Wir müssen einen Kontaktort finden. Wo hat sie ihren Mörder getroffen? Neben den Pflanzenresten sind an Cecilies Kleidern auch Pferdehaare gefunden worden, was nicht verwunderlich ist, da wir aus den Verhören ja bereits wissen, dass sie mit ihrer Freundin Astrid zum Reiten gefahren ist, obwohl ihre Eltern ihr das verboten hatten. Wir müssen noch einmal mit Astrid sprechen, da sie Cecilie höchstwahrscheinlich als Letzte lebend gesehen hat. Sie soll gemeinsam mit uns durchgehen, was sie ab

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