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Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
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dem Fester ist Erde«, erklärte er und zeigte auf das Parkett, auf dem braune Erdklumpen zu erkennen waren, offensichtlich von einem großen Schuh oder Stiefel.
    Svendsen sah verwirrt aus.
    »Aber das ist doch verrückt. Unser Täter hat doch kleine Mädchen, also elf- bis zwölfjährige vergewaltigt und getötet, wieso kommt der jetzt auf einmal auf die Idee, eine fünfundzwanzigjährige Frau zu ermorden? Da kann es doch kein sexuelles Motiv geben?«
    »Das ist eine wirklich gute Frage«, antwortete Per Roland und sah zu Anette hinüber, die die verschränkten Arme ratlos hochzog.
    »Wir müssen uns jetzt wirklich auf das Motiv des Täters konzentrieren. Wie du schon sagst, diese Sache hier ist nicht wie bei den Mädchen sexuell motiviert.«
    Anette ging zu Mette Berendsens Sessel und sah sich die Tote an. Dann richtete sie ihren Blick wieder auf Roland.
    »Das war ein ziemlich gewalttätiger, brutaler Mord.«
    Anette streckte die Arme aus und tat so, als würde sie Mette Berendsen mit den Händen erwürgen.
    »Bei der Masse, die diese Frau hatte, muss unser Täter wirklich seine ganze Kraft aufgewendet haben. Und er hat ihr bei ihrem Todeskampf direkt in die Augen gesehen. Da muss eine unheimliche Wut im Spiel gewesen sein.«
    »Ein Mord im Affekt?«
    Anette nickte.
    »Er hasste diese Frau. Wir müssen uns aber die Frage stellen, welche Vorteile er davon hatte, sie umzubringen. Die kleinen Mädchen haben ihn angemacht. Sie hier hat er gehasst. Warum?«
    »Vielleicht weil sie wusste, was Cecilie wusste?«, mutmaßte Liv.
    Anette zuckte mit den Schultern.
    »Vielleicht. Und deshalb mussten beide aus dem Weg geräumt werden.«
    Roland drehte sich um und sah Liv an.
    »Sprichst du mit der Mutter?«, fragte er.
    »Ich bin schon weg.«
    Roland ertappte sich dabei, wie er ihr hinterherblickte.

20
     
    Mette Berendsens Mutter wohnte in einem Einfamilienhaus im Sølvvejen, nur wenige hundert Meter vom Reihenhaus ihrer Tochter entfernt. Sie war eine kleine, schmächtige Frau mit kurzen, blondierten Haaren und – wie Liv fand – viel zu viel Make-up. Sie selbst schminkte sich nie. Liv lehnte Make-up nicht wirklich ab, fand es aber unglaublich nervig, jeden Morgen eine Ewigkeit vor dem Spiegel zu verbringen, und war überdies wirklich keine Meisterin im Schminken.
    Sie stellte sich Frau Berendsen vor und wurde sogleich hereingebeten.
    »Nennen Sie mich ruhig Lone«, sagte die kleine Frau und setzte sich aufs Sofa. Sie hielt eine Serviette in der Hand, mit der sie sich die Nase abwischte. »Einer Ihrer Kollegen hat mich bereits heute Nacht angerufen und mich unterrichtet.«
    »Es tut mir sehr leid«, sagte Liv ehrlich. »Ich muss Ihnen aber auch noch ein paar Fragen stellen. Ich weiß, wie unangenehm das sein muss, wenn man gerade jemanden verloren hat, der einem nahestand, aber für die Ermittlungen ist das sehr wichtig.«
    Die Frau schniefte und nickte.
    »Natürlich«, sagte sie.
    »Wohnen Sie allein?«
    »Ja, mein Mann ist vor nicht ganz fünf Jahren gestorben. Ein Blutgerinnsel im Gehirn.«
    »War er übergewichtig?«
    »Nein, gar nicht.«
    Liv notierte sich auf ihrem Block, dass der Vater eines natürlichen Todes gestorben war, und fragte sich, wie Mette Berendsen bei diesen Eltern so dick hatte werden können.
    »Ich weiß ganz genau, was Sie denken«, sagte Lone Berendsen leise.
    Liv sah sie fragend an.
    »Sie fragen sich, wie meine Tochter derart übergewichtig werden konnte.«
    »War sie als Kind auch schon so füllig?«
    »Nein, nein, als Kind war sie ganz schlank. Es begann erst im Teenageralter. Etwa mit dreizehn Jahren legte sie plötzlich unheimlich zu, und wir bemerkten damals, dass sie heimlich aß. Kuchen und Chips. Alles Mögliche. Wir schickten sie zu einem Psychologen, aber auch der konnte sie nicht davon abbringen. Er sagte, sie habe Depressionen und meinte, dass sie irgendein Kindheitstrauma haben müsse, also dass sie irgendetwas Unangenehmes erlebt hat, was sie durch das Essen zu verdrängen versuchte.«
    Lone Berendsen schnaubte.
    »Aber so ist das wohl immer mit Psychologen, die suchen doch ohnehin nur einen Weg, den Eltern Vorwürfe zu machen.«
    »Haben Sie herausgefunden, was für ein Geschehnis sie zu verdrängen versuchte?«
    »Nein, niemals. Ich glaube auch nicht, dass es da etwas gegeben hat. Sie hat einfach zu gerne gegessen, wenn Sie mich fragen. Zu guter Letzt lernten wir damit zu leben.«
    Liv machte sich Notizen.
    »Ich muss Sie leider fragen, wo Sie gestern Abend gegen neun Uhr waren.

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