Blutseele
in Flocken vom Körper des Gargoyles rieselte.
»Glaubst du, sie ist weg?«, fragte Bis, während er zu dem Rechteck aus hellerer Dunkelheit aufsah.
Jenks schoss zu der Öffnung und in die frischere Luft, dann streckte er vorsichtig den Kopf hinaus. »Sie hat die gesamte Straße verwüstet«, sagte er laut, während er die zerstörten Laternen musterte. »Der Strom ist ausgefallen. Die Bullen kommen. Lass uns hier verschwinden.«
Das Kratzen von Krallen jagte ihm einen Schauder über den Rücken. Schnell schoss er auf den Gehweg, während Bis sich wie ein Tintenfisch auf die Straße schob. Der Gargoyle schüttelte die Flügel aus und schnüffelte an seinen Achseln, dann färbte er sich schwarz, um unbemerkt zu bleiben. Die Sirenen kamen näher, und die verzweifelten Menschen sammelten sich.
Mit einem Stirnrunzeln trommelte Bis einen Rhythmus auf die Straße, den Jenks als Mozart erkannte, während der junge Gargoyle die herumgeworfenen Autos und zerbroche nen Scheiben musterte. Mit zitternden Fingern zog Jenks einen Süßball aus seiner Hüfttasche und leckte daran, um sein Zuckerlevel aufzubessern, bevor er anfing, seine Muskeln zu zersetzen.
»Glaubst du, dass alle Nymphen so waren?«, fragte Jenks. Er war glücklich, dass der Schlamm im Gully nicht an sein Essen gedrungen war.
»Keine Ahnung.«
Mit einem heftigen Schlag seiner Flügel hob Bis ab. Jenks schloss sich ihm an und hielt sich über dem Gargoyle, damit sie sich weiter unterhalten konnten. Die Nachtluft wirkte schwer und warm und ungewöhnlich schwül, als sie die Straße entlang Richtung Park flogen. Der Strom war nur in einem kleinen Teil der Stadt ausgefallen, und es wirkte, als wäre der Park nach wie vor unversehrt.
»Vielleicht sollten wir nach Vincet sehen«, meinte Jenks. Der Gargoyle seufzte und wandte sich dem unberührten Gras zu, aber Jenks dachte bereits über morgen nach. Er hatte versprochen, Vincet zu helfen, und das würde er tun – selbst wenn es um einen Dryad ging, der von einer kriegerischen Nymphe in einer Statue festgehalten wurde.
Er musste diesen Leuten helfen, und er musste es vor Mitternacht des morgigen Tages schaffen.
3
Selbst im Schreibtisch konnte Jenks hören, wie Cincinnati auf der anderen Seite des Flusses erwachte. Hinter dem leisen Radio, das drei Häuser entfernt lief, erschienen die dumpfen Schläge der Industriefirmen wie ein Herzschlag, den nur Pixies und Fairys hören konnten. Das Brummen Tausender Autos erinnerte ihn an den Bienenstock, den er als Kind, als er noch in der Wildnis zwischen den überlebenden Städten gewohnt hatte, mit Steinen beworfen hatte. Es war nicht schlecht, in der Stadt zu wohnen – wenn man Nahrung finden konnte.
Besorgt saß Jenks in seinem Lieblingsstuhl und dachte nach, während seine Familie um ihn herum ihr Leben lebte. Den Puppenstuhl hatte er letztes Jahr für fünf Cent auf einem privaten Flohmarkt erstanden. Nachdem er den Stoff abgezogen hatte, den Stuhl mit Spinnenseide aufgepolstert und mit Pappelsamen vom Baum an der Ecke ausgestopft hatte, war er bequemer als alles, was er in dem Laden gesehen hatte, in den Rachel ihn mitgenommen hatte. Sogar schöner als die Möbel von Trent Kalamack. Geistesabwesend fuhr er mit dem Daumen über das Efeumuster, das Matalina in den Stoff eingewoben hatte. Sie war eine meisterhafte Weberin, besonders jetzt.
Eine kleine Staubpfütze sammelte sich unter ihm, doch sein Glühen ging fast in dem Lichtstrahl unter, der durch den Spalt des Schreibtischrollos fiel. Der massive Eichen schreibtisch mit seinen Fächern und Schubladen hatte ihnen den Winter über als Zuhause gedient. Matalina, die gestern Nacht auf der Kirchturmspitze auf ihn gewartet hatte, hatte die Nachtluft eingeatmet und entschieden, dass es an der Zeit war, endlich umzuziehen. Und so zogen sie um.
Er bemerkte kaum, dass seine Töchter um ihn herum plapperten. Auch das unanständige Gedicht, das vier seiner älteren Söhne brüllten, während sie gut gelaunt die Ecken des langen Tisches aus Eisstielen packten und auf den zu engen Spalt zusteuerten, ging an ihm vorüber.
Matalina rief Anweisungen, und der Schiebedeckel des Schreibtisches hob sich gerade weit genug. Erst nachdem Matalina alle nach draußen geschickt hatte, um nach einem Wespennest zu suchen und Brut zu stehlen, die sie als Wächter einsetzen konnten, wurde es still. All seine Kinder hatten den Winter überlebt. Das war ein Anlass zum Feiern, doch er spürte schwer die Last der Verantwortung auf
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