Blutseelen 03: Laira: Erotischer Vampirroman (German Edition)
glatten Tunnelwand ab. Unter seinen Fingern lagen die verblassten Bilder eines längst vergangenen Reiches.
Hinter sich hörte er die Stimme Mais. „Was war denn das mit der Katze? Was läuft da?“
„Ruhe“, befahl er barsch. „Da kommt jemand.“
Und wirklich verstummte Mai. Ob es an der befehlsgewohnten Härte in seiner Stimme lag oder an dem Feind, der sich ihnen näherte? Au’ree hörte rasche Schritte. Wer auch immer da kam, bemühte sich nicht, leise zu sein. Er wollte finden und gefunden werden.
Sofort stellte Au’ree sich auf die neue Situation ein. In seiner Brust war noch immer ein leises Bedauern. Amalia, die Frau, die er geliebt hatte, war nicht mehr. Aber das war Vergangenheit. Der winzige Teil seines Selbst, der im hintersten Winkel seines Geistes kauerte, hatte keine Bedeutung mehr. Au’ree kannte nur ein Ziel: Lai’raa. Ihr musste er sich stellen, sie musste er aufhalten. Er hatte Jara einst versprochen, die Welt vor dem Unheil, das Lai’raa wie eine Seuche verbreiten würde, zu beschützen. Nun würde er ein zweites Mal antreten, sein Versprechen zu halten.
Entschlossen ging er voran. Mitten im nächsten Gang sah Au’ree einen jungen Mann, der ihm nichts mehr bedeutete. Er trug einen Anzug aus schwarzem Samt und hielt eine Mordaxt in der Hand, wie sie vor Jahrhunderten in Europa gebräuchlich war. Auch Au’ree hatte im Krieg bereits eine solche Mordaxt benutzt. Nicht nur ihr Blatt war scharf, auch der Dorn am unteren Ende konnte zur tödlichen Waffe werden. Doch eine solche Waffe war immer nur so mächtig wie der, der sie führte. Und der Mann mit den zusammengekniffenen Lippen und der hervortretenden Stirn stellte keinen würdigen Gegner für Au’ree dar.
„Darion“, sagte er kalt. „Geh mir aus dem Weg. Wir müssen nicht kämpfen.“
„Doch, das müssen wir.“ Darion stellte sich breitbeinig in den Gang und knallte das spitze Ende der Mordaxt gegen den Stein. „Ich kenne die Wahrheit. Du bist nicht mein Bruder.“
„Was ändert das?“ Au’ree nahm aus den Augenwinkeln Mai wahr, die sich an der Wand entlangschlich und inzwischen fast wieder zu ihnen aufgeschlossen hatte. „Ich werde Lai’raa aufhalten. Alles andere ist belanglos.“
Er wollte an Darion vorbeigehen, doch der riss die Waffe herum und schlug nach seinem Kopf. Au’ree wich mühelos aus. Mai huschte an ihnen vorbei, während er herumwirbelte und erst ein gutes Stück außerhalb der Reichweite Darions stehen blieb.
„Wenn du sterben willst, halte ich dich nicht davon ab“, sagte er drohend.
Darion hob die Axt. Im schwachen Licht der Fackeln leuchtete das Blatt rötlich auf. „Mörder! Der Einzige, der auf diesen Steinen stirbt, bist du!“ Erneut griff er an.
Kapitel 11
Mai lief vorwärts, Aurelius überließ sie gern Darion. Endlich erreichte der Gang sein Ende und mündete in eine Kammer. Feinde roch sie nicht. Dafür Blut. Jede Menge Blut. Sie wurde langsamer und presste die Zähne hart zusammen. Angst ergriff sie. Es war Renes Blut, daran hatte sie keinen Zweifel.
Sie kam in einen großen, nahezu quadratischen Raum, in dem im Abstand von gut zehn Metern zwei Frauen am Boden lagen. Die eine interessierte Mai nicht, auch wenn sie ihren Tod bedauerte. Ihre Kehle lag offen, sie war bloß ein Mensch. Für sie kam jede Hilfe zu spät. Aber für die andere, ihre Vampirfürstin, gab es vielleicht noch Hoffnung.
Sie eilte an Renes Seite und kniete sich nieder. Dabei stieß ihr Bein gegen einen Revolver, der am Boden lag. „Rene“, sagte sie flüsternd. „Rene, sag doch etwas.“
Die Lider Renes bewegten sich blinzelnd. Sie öffnete die Augen und sah Mai an. Ihre Iris war so ungebrochen hellblau wie ein ferner Gletscher in der Arktis. In diesem Blick lag eine unerreichbare Kraft, und doch spürte Mai, dass dieser Eindruck trog. Rene erwartete das Ende.
„Rene“, sagte sie noch einmal, dieses Mal fast tonlos. „Was ist geschehen?“
Die Lippen der Vampirfürstin bewegten sich. Ihre Stimme kam als Hauch darüber. „Sie haben ein Gift gegen mich verwendet, das mich töten wird. Sehr bald schon. Gracia hat uns alle getäuscht. Sie macht mit den Wölfen gemeinsame Sache.“
„Ich weiß. Ramona hat es mir gesagt. Sie konnte fliehen.“
„Ramona …“ Rene wandte den Blick ab und schien zu überlegen, ob sie zu der Silberwölfin noch etwas sagen wollte, doch dann sah sie Mai wieder direkt an. Ihre Stimme erstarkte. „Du musst Gracia aufhalten, Mai. Dieses unreife Gör will Lairas
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