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Blutspur in East End

Blutspur in East End

Titel: Blutspur in East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
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etwas besseren Lumpen herumlief. Für einen Moment glomm Hoffnung in ihr auf. Vielleicht war das der Gentleman, durch den sich ihr Leben endlich ändern würde.
    Sie erkannte ihren Irrtum, als sie das Messer sah.
    Carol wollte schreien, aber die behandschuhte Linke des Mannes drückte ihre Kehle zu. Und dann bemerkte sie noch etwas.
    Sie kannte den Mann, der sie ermorden wollte. Sie hätte ihm so etwas niemals zugetraut. Der Unheimliche holte mit seiner Messerhand aus.
    Diesmal kehrte Carol schneller in die Realität zurück. Sobald sie die Augen aufschlug, begriff sie, dass sie in Sicherheit war. Zwar befand sie sich in London, aber nicht im Stadtteil Whitechapel, sondern in Camden Town. Und das Jahr 1888 war schon sehr lange vorbei.
    Erleichtert atmete Carol durch. Sie war froh, dass sie vor ihrer Ermordung aufgewacht war. Niemand wird gerne getötet, noch nicht einmal im Traum. Während sie aufstand, rief sie sich die verschiedenen Szenen in Erinnerung.
    Einerseits war ihr Albtraum sehr wirklichkeitsnah gewesen. Sie hatte das Jahr 1888 nicht nur gesehen, sondern auch gefühlt, geschmeckt und gerochen. Die Luft war damals in London unglaublich schlecht gewesen, weil es außer Kohleöfen kaum andere Wärmequellen gab. Duschen oder Badewannen waren zumindest in den armen Stadtteilen so gut wie unbekannt. Carol bildete sich ein, den Geschmack von starken Zigaretten und Gin im Mund zu haben. Und das, obwohl sie nicht rauchte und allerhöchstens mal ein Glas Prosecco trank.
    Andererseits hatten aber ihre geträumten Erlebnisse rein gar nichts mit ihrem wirklichen Leben zu tun. Das begann schon damit, dass sie keine Prostituierte, sondern Studentin war. Also hatte sie auch keinen Zuhälter. Und der einzige Rodney, den sie kannte, war der siebzigjährige Schachspiel-Freund ihres Großvaters. Ihre Eltern lebten beide noch, und Waisenkinder kannte sie nur aus dem Oliver-Twist-Film. Carol hielt nicht allzu viel von Traumdeutung. Dennoch dachte sie beim Duschen über einiges nach.
    Ihre Freundin hatte vor ihrem Tod an den Rundgang durch „Jack the Rippers London“ teilgenommen. Carol fand es deshalb nicht erstaunlich, dass sie von dieser Zeit und diesem Ort träumte. Aber warum hatte sie sich in der Rolle eines Opfers gesehen? Auf diese Frage gab es zunächst keine Antwort, obwohl sie in dem Traum ihren Mörder erkannt hat. Vergeblich versuchte sie sich an sein Gesicht zu erinnern. Es war gemeinsam mit dem Rest des Traums in den Tiefen ihres Unterbewusstseins verschwunden.
    Carol musste über sich den Kopf schütteln, während sie sich abtrocknete und die Haare frottierte. Hatte sie etwa erwartet, dass Tricias wahrer Mörder ihr im Traum erscheinen und am besten noch seinen Namen nennen würde?
    Ganz sicher nicht. Aber konnte man ausschließen, dass Tricia den Killer gekannt hatte? Das war nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich. Carol hatte einmal gelesen, dass die meisten Mordopfer nicht von völlig Unbekannten getötet werden. So gesehen war es noch unwahrscheinlicher, dass Phil Gordon der Täter war. Es gab keine Verbindung zwischen dem Obdachlosen und Tricia, die in einer Nobel-Boutique gearbeitet hatte.
    Oder vielleicht doch?
    Voller Tatendrang zog sich Carol an. In der Küche traf sie auf Eve und berichtete sofort von ihrem Albtraum.
    Ihre Mitbewohnerin war beeindruckt. „So detailliert träumst du? Ich vergesse meine Träume meist sofort beim Aufwachen“, gestand sie.
    „Ich normalerweise auch. Aber seit Tricia umgebracht wurde, sind meine Träume so intensiv wie noch nie.“
    „Glaubst du, dass sie eine Botschaft enthalten?“
    „Darüber habe ich mir auch schon den Kopf zerbrochen. Aber falls das so ist, dann habe ich sie noch nicht erkannt. Ich habe dir ja erzählt, dass ich selbst das Mordopfer war. Aber ich kannte den Mann, der mich mit dem Messer bedroht hat.“
    Eve warf ihr einen seltsamen Blick zu. Es war, als wollte ihre Mitbewohnerin sagen: Das glaubst du doch wohl selbst nicht . Aber falls sie das dachte, behielt sie es wenigstens für sich. „Und wer war er?“, fragte sie stattdessen.
    „Ich wollte sagen, dass ich ihn im Traum kannte, wo ich in einer völlig anderen Welt gelebt habe. Ich war eine Prostituierte aus dem Jahr 1888, und ich wusste, wer der Kerl war. Aber jetzt könnte ich dir sein Gesicht nicht mehr beschreiben.“
    „Es ist schon irre, was uns so durch das Unterbewusstsein spukt, Carol. Ich habe mal geträumt, ich wäre ein Pinguin. Ich möchte nicht wissen, was das zu

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