Blutstein
Polizeibeamte, »Sie könnten mir Aufschluss
über die Lokalitäten geben.«
»Die Lokalitäten ... Sie meinen das Haus?«
»Ja, unsere Techniker haben sich gefragt, wozu das Anwesen benutzt
wurde. Sie haben im ersten Stock mehrere kleinere Schlafzimmer gefunden, Teile
des Hauses waren wie eine Schule eingerichtet, andere wie eine Bar oder auch
eine Gefängniszelle ...«
»Das war ein Filmstudio«, erklärte Per. »Die kleinen Gästezimmer
waren für die Schauspieler. Und die Räume waren unterschiedlich eingerichtet
und dekoriert, damit man verschiedene Szenen drehen konnte. Ich habe den
Dreharbeiten nie beigewohnt, aber mein Vater hat mir erzählt, dass sie verschiedene
Kulissen eingesetzt haben.«
»Ach so, die haben da Filme gedreht«, wiederholte der Beamte. »Sind
das welche, von denen man schon einmal gehört hat?«
Per seufzte leise, bevor er antwortete:
»Nein, bestimmt nicht. Die haben nur Videos aufgenommen, keine kostspieligen
Produktionen.«
»Krimis?«
»Nein, sie haben ... Erotikfilme gedreht.«
Und zwar am
laufenden Band , fügte er in Gedanken hinzu. Hans Bremer war ein
schnell arbeitender Regisseur. Jerry hatte ihm erzählt, dass er in der Lage
war, in zwei Tagen einen Film in Spielfilmlänge abzudrehen.
»Erotikfilme ... Sie meinen Pornos?«
»Ganz genau. Sie haben weibliche und männliche Schauspieler gebucht
und dann mit denen Pornos gedreht.«
Marklund schwieg einen Moment lang.
»Na ja«, sagte er dann, »das ist ja nicht verboten, solange keine
Minderjährigen involviert waren. Oder war das so?«
»Nein«, antwortete Per prompt, obwohl er sich nicht ganz sicher war.
Wie alt war Regina eigentlich gewesen?
»Und Sie waren also bei dieser ... Produktionsfirma angestellt?«
»Nein, auf keinen Fall. Aber mein Vater hat mir einiges von seiner
Arbeit erzählt.«
»Hat er sich auch darüber geäußert, warum sein Partner das
gemeinsame Filmstudio in Brand gesteckt hat?«, fragte Marklund. »Oder haben Sie
vielleicht selbst eine Vermutung?«
Die Frage offenbarte, in welche Richtung die Polizei ermittelte. Sie
gingen davon aus, dass Bremer den Brand gelegt hatte.
»Nein«, erwiderte Per. »Ich befürchte, der Firma ging es in den
letzten Jahren nicht so gut. Mein Vater wurde krank, und die Konkurrenz aus dem
Ausland ist ziemlich stark geworden ... vor allem in dieser Branche. Aber das ist
wohl kaum Grund genug, sich das Leben zu nehmen?«
»Das weiß man nie«, sagte der Kommissar lakonisch.
Per war unsicher, ob er Marklund von der Gestalt am Waldesrand
erzählen sollte, aber er schwieg. Schließlich hatte er es im Verhör erwähnt,
das musste genügen.
Er sah hinaus auf die Terrasse, wo Jerry in einem Liegestuhl lag und
schlief.
»Werden Sie meinen Vater erneut befragen?«
»Jetzt vor Ostern nicht mehr«, beruhigte ihn Marklund. »Aber Sie
hören von uns.«
Per legte auf. Das war es.
Wenn Jerry nicht schon vor diesem Wochenende längst Rentner gewesen
wäre, hätte er jetzt keine Wahl mehr gehabt – sein Arbeitsplatz war in Flammen
aufgegangen. Per würde Jerry nach Ostern zurück in seine Wohnung nach
Kristianstad bringen. Dort konnte er sich dann ausruhen, vor dem Fernseher
sitzen und von seiner Rente leben. Wenn er denn eine bekam.
Per ging hinaus zu seinem Vater.
»Ich habe gerade mit der Polizei telefoniert, Jerry«, erzählte er.
»Sie haben zwei Tote in deinem Studio gefunden ... Hans Bremer und eine Frau.
Weißt du, wer das sein könnte? Hast du jemanden gesehen?«
Jerry sah von seinem Gartenstuhl auf und schüttelte den Kopf. Per
setzte sich neben ihn.
»Die Polizei scheint davon auszugehen, dass Bremer den Brand gelegt
hat«, sagte er. »Das klingt auch irgendwie logisch, oder?«
Jerry hörte nicht auf, den Kopf zu schütteln. Seine Lippen brachten
nur ein einziges Wort heraus:
»Nee.«
»Doch, Jerry. Die vermuten, dass er den Brand im Studio gelegt hat.«
Sein Vater schien den Versuch aufgegeben zu haben, Worte zu finden.
Er beugte sich hinunter zu seiner Aktentasche und öffnete die verbogenen
Schnallen. Zahlreiche Papiere und Unterlagen lagen darin, in denen er
herumwühlte, aber schließlich zog er eine Zeitschrift heraus. Es war die BABYLON -Ausgabe,
die er bei dem Fest gezeigt hatte.
»Ich will mir das nicht ansehen«, wehrte sich Per.
Aber Jerry begann die Zeitschrift durchzublättern, als würde er eine
bestimmte Seite suchen. Dann fand er sie und hielt sie ihm hin.
»Markus Lukas«, sagte er.
Per seufzte, er wollte sich das nicht ansehen.
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