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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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der
Schlaf geblieben. Er schlief morgens lang und nach dem Frühstück legte er sich
am liebsten wieder ins Bett. Aber Per ließ ihm das nicht durchgehen, er zog ihm
Mantel und Schuhe an und nahm ihn mit an die Kante des Steinbruchs. »Hier«, erklärte
Per und zeigte mit dem Finger den Felsen hinunter, »hier sind Jesper und ich
gerade dabei, eine Steintreppe zu errichten. Man kann sie jetzt schon benutzen,
wenn man vorsichtig ist.«
    Er hielt Jerry die ganze Zeit am Arm fest, als sie die schmale
Treppe hinuntergingen – sie war zwar kaum breit genug, dass sie
nebeneinandergehen konnten, und einige Steine wackelten bedrohlich unter ihren
Füßen, aber die großen Steinblöcke lagen fest an Ort und Stelle.
    »Nicht schlecht, oder?«, fragte Per, als sie unten angekommen waren.
    Jerry hustete zunächst, statt einer Antwort, dann sah er sich das
große Kiesgelände in Ruhe an.
    »Leer«, ließ er verlauten.
    Per behielt ihn im Auge, während er die Arbeit an der Treppe
wiederaufnahm. Die Schubkarre hatten sie unten gelassen, er füllte sie mit
Kies, lud diesen am Fuß der Treppe ab und verteilte ihn mit einem Spaten, um
die Stufen an der Felsenwand auszubauen und stabiler zu machen.
    Als er fünf Schubkarren mit Kies verarbeitet hatte, sah er sich nach
seinem Vater um.
    »Was machst du da, Jerry?«
    Jerry hatte sich vor einen Schutthaufen gestellt und Per den Rücken
zugedreht. Er stand nur da und hielt den Kopf leicht gesenkt. Per begriff
zuerst nicht, was Jerry tat, bis er sah, dass der an seinem Reißverschluss
herumfingerte.
    »Nein, Jerry!«, schrie er.
    Sein Vater drehte sich um.
    »Was?«
    »Das darfst du hier unten nicht machen, du musst ins Haus gehen!«
    Aber da war es bereits zu spät.
    Die Trolle mögen
es nicht, wenn man in ihrem Reich Wasser vergießt , schoss es Per
durch den Kopf. Dann nahm er seinen Vater am Arm.
    »Wir haben eine Toilette im Haus, Jerry. Bitte benutze sie das
nächste Mal.«
    Jerry sah ihn verständnislos an, aber dann erstarrte er plötzlich
und sah an Per vorbei, Richtung Meer. Er blinzelte.
    »Bremers Auto«, sagte er.
    »Was?«, fragte Per.
    Jerry hob seinen gesunden Arm und zeigte in Richtung Küstenstraße,
die sich zwischen Steinbruch und Strand entlangschlängelte.
    Per drehte sich um und sah einen Wagen. Das dunkelrote Auto parkte
so weit von der Straße entfernt, dass der Fahrer einen Blick über den gesamten
Steinbruch hatte. Per hatte das Auto nicht kommen sehen, war sich aber ziemlich
sicher, dass die Küstenstraße leer gewesen war, als Jerry und er die Treppe
hinunter in den Steinbruch genommen hatten.
    Per kniff die Augen zusammen, um den Wagen besser erkennen zu
können, denn das Auto stand direkt im Sonnenlicht.
    »Wie kommst du darauf, dass es Bremers Wagen ist?«
    Jerry schwieg, starrte aber unentwegt dorthin.
    »Na gut, ich gehe da jetzt hinüber«, entschied Per.
    Mit großen Schritten überquerte er das riesige Feld des Steinbruchs.
Das Auto stand am Rand, und als Per sich näherte, konnte er einen Mann hinter
dem Lenkrad ausmachen, der sich vorbeugte und zu ihm hinunter in den Steinbruch
sah. Reglos saß er dort, mit einer schwarzen Baseballkappe auf dem Kopf.
    Als Per nur noch wenige Hundert Meter von der Küstenstraße trennten,
startete der Autofahrer seinen Motor.
    »He, hallo!«
    Per schrie und winkte, ohne zu wissen, wem er da winkte, und fing an
zu rennen.
    »Warten Sie!«, rief er.
    Aber der dunkelrote Wagen wurde schneller, er fuhr rückwärts auf die
Straße zurück, wendete und brauste nach Süden. Er war zu weit weg, als dass Per
das Nummernschild hätte erkennen können.
    Das Motorengeräusch erstarb in der Ferne, und Per kehrte um. Er war
außer Atem, als er wieder am östlichen Ende des Steinbruchs angekommen war.
    Jerry sah ihn fragend an.
    »Bremer?«
    »Nein.«
    »Markus Lukas?«
    Per schüttelte den Kopf und versuchte, ruhiger zu atmen. Niemand aus
Jerrys Welt hatte die Erlaubnis, in die seine einzudringen. Hier wohnten Per
und Jesper und Nilla.
    »Das war bestimmt nur ein Tourist«, entschied Per. »Wollen wir die
Treppe jetzt noch mal ausprobieren?«
    Der Polizeibeamte aus Växjö rief gegen drei Uhr nachmittags noch
einmal an, als sie wieder zurück im Haus waren.
    »Ich habe die Termine überprüft«, sagte Marklund, »und wollte
vorschlagen, dass wir uns auf halbem Weg treffen. Könnten Sie eventuell Ende
der Woche ins Polizeipräsidium von Kalmar kommen?«
    »Gut.«
    »Was halten Sie von Freitag, so gegen zwei Uhr?«
    »Gerne.

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