Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
Vom Netzwerk:
Drucker? Ist sicher nicht leicht für Sie im Augenblick?«, begrüßte ihn der Seniorchef.
    Â»Nicht so besonders. Mir setzt die ganze Sache ziemlich zu. Ich versuche, meine Arbeit trotzdem gut zu machen.«
    Â»Das weiß ich, Herr Drucker. Michael hat mir berichtet, dass Sie Vorschläge ausarbeiten werden, vor allem für Online-Marketing und für den Fabrikverkauf.«
    Thomas war zunächst erleichtert. Also keine Kündigung, dachte er. Der alte Herr schien etwas anderes von ihm zu wollen. Er hantierte unruhig mit seinen Unterlagen und kam dann zur Sache.
    Â»Ich möchte Sie um etwas bitten, Herr Drucker, das mir persönlich wichtig ist.« Der alte Flieger erhob sich. Unwillkürlich stand auch Thomas auf.
    Â»Bitte, behalten Sie Platz«, bat ihn der Seniorchef. »Ich muss mir Bewegung verschaffen. Man sitzt den ganzen Tag zu viel. Nun zu meiner Bitte: Sie wissen sicher von unseren Kenia-Geschäften … « Liebevoll strich Johann Flieger über einen der beiden Speere, die hinter ihm an der Wand hingen. »Habe ich von einer meiner Reisen mitgebracht. Kenia ist ein tolles Land. Nachts, wenn ich nicht schlafen kann, träume ich von seinen weiten Hochebenen, sehe die Herden der Gnus vor mir, den Löwen, wie er im Schatten der Schirmakazien seine Mittagsruhe hält, und die Zebras, die sich schwarz-weiß gegen das Gelb der Landschaft abheben. Aber was rede ich? Über unsere Kenia-Geschäfte wollte ich mit Ihnen sprechen.«
    Â»Ich habe davon gehört, Herr Flieger.«
    Jeder in der Firma wusste von den Kenia-Aktivitäten. Viele belächelten das Engagement des Seniorchefs. Thomas hatte sich bisher darüber keine großen Gedanken gemacht.
    Â»Hoffentlich haben Sie Gutes gehört, Herr Drucker. Ich weiß, dass manche diese Aktivitäten für unwichtig halten, manche sogar dagegen sind. Doch ich finde, man hat auch eine soziale Verantwortung. Die kenianische Bevölkerung ist arm. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Und wenn man sieht, dass in dieses Land etwa zehn Mal so viele Textilien eingeführt werden, wie sie exportieren, muss man sich fragen, ob das richtig ist.« Johann Flieger setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und überreichte Thomas einige Unterlagen. »Hier habe ich einige Informationen für Sie zusammenstellen lassen, damit Sie sich mit diesem Land vertraut machen können. Wie Sie wissen, habe ich mich entschlossen, Textilien aus Kenia zu importieren. Wir beziehen Shirts, Baumwollhosen und Ähnliches. Natürlich ist mir klar, dass wir damit keine großen wirtschaftlichen Erfolge haben. Aber wie ich sagte, Herr Drucker, man muss seine soziale Verantwortung wahrnehmen.«
    Â»Selbstverständlich, Herr Flieger.« Thomas fand die Haltung des Seniorchefs bewundernswert.
    Â»Bisher habe ich unsere Geschäftspartner in Kenia mindestens alle zwei Jahre persönlich besucht. Das hab’ ich sehr gern gemacht und immer mit einer Safari verbunden. Aber ich werde dieses Jahr 90. Man sollte das Schicksal nicht herausfordern.«
    Â»Das verstehe ich«, kommentierte Thomas. »Macht Ihnen die Hitze zu schaffen?«
    Johann Flieger lächelte. »Nun, an der Küste sind es konstant 30 Grad, junger Mann. Aber im Hochland ist es angenehmer. Die Engländer wussten, wo es sich gut aushalten lässt. Lieber Herr Drucker, es kam mir die Idee, dass Sie für mich nach Kenia reisen könnten. Sie sind jung, Ihnen macht selbst die Hitze an der Küste nichts aus. Sie könnten unsere Partner in Mombasa besuchen, die ich in den letzten Jahren nach Nairobi bestellt habe. Vielleicht kommen Sie durch eine solche Reise endlich auf andere Gedanken.«
    Thomas war total überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet. Aus der befürchteten Kündigung war der Auftrag zu einer wichtigen Geschäftsreise geworden.
    Â»Nun, Herr Drucker, könnten Sie sich das vorstellen?«
    Thomas wusste, dass er nicht ablehnen konnte. Er war angeschlagen durch die Vorwürfe von Michael Hofmann, war in dieses Büro gekommen, mit der Angst vor der Kündigung. Nun konnte er es gestärkt verlassen, wenn er zusagte.
    Â»Gern, Herr Flieger, sehr gern werde ich diese Aufgabe übernehmen«, sagte er also.
    Johann Flieger strahlte. Er erhob sich und reichte Thomas die Hand. »Auf gute Zusammenarbeit. Sie wissen, dass mir diese Sache besonders am Herzen liegt. Ich setze auf Sie.«
    Â 
    Zwei Wochen später, an einem

Weitere Kostenlose Bücher