Blutstrafe - Thriller
den Zähnen zog er die Kappe eines Filzstiftes ab und begann zu schreiben.
50
Als der Lehrer zu seinem Haus zurückkam, war das Letzte, was er erwartete, die kleine attraktive Blondine, die sich hastig von den Stufen erhob.
» Endlich hab ich dich gefunden, du Schwein!«, schrie sie.
Heiliger Bimbam! Der Lehrer geriet in Panik. Die Frau war seine Agentin aus einem früheren Leben – dem Leben, das er vor zwei Tagen, mit dem Beginn seiner Mission, urplötzlich hinter sich gelassen hatte.
» Wendy«, versuchte er sie zu besänftigen. » Ich wollte mich doch bei dir melden.«
» Wie galant von dir«, fauchte sie. » Wenn man bedenkt, dass ich dich 36 verflixte Male angerufen habe. Niemand erscheint einfach nur so nicht bei einer Today -Sendung! Du hast dich selbst ruiniert! Schlimmer noch, du hast mich ruiniert!«
Er blickte sich nervös um. Hier draußen zu streiten war unangebracht. Falls der tote Franzose nicht bereits entdeckt worden war, würde es jeden Moment passieren.
Doch schließlich bemerkte er, dass sie blutunterlaufene Augen hatte und sturzbetrunken war. Und sofort hatte er einen perfekten Plan parat.
» Ich kann dir das alles erklären und es mehr als wiedergutmachen.« Er setzte sein bezauberndstes Lächeln auf. » Ich habe eine E-Mail erhalten. Du wirst von den Socken sein, wenn du sie liest.«
» Es mir wiedergutmachen? Wie kannst du mein Geschäft wieder aufbauen? Weißt du, wie hart ich gearbeitet habe, um dich in der Sendung unterzukriegen? Eine zweite Chance bekomme ich nicht mehr. Ich bin erledigt.«
» Ich rede von Hollywood, Schatz. Ich habe gerade von der Tonight Show gehört«, log er. » Leno ist ganz scharf darauf, mich in der Sendung zu haben. Das wird alles wieder richten, Wendy. Das verspreche ich. Hey, komm mit nach oben. Ich mache dir ein leckeres Frühstück. Das letzte Mal hat es dir doch so gut geschmeckt. Wie wär’s mit frischen belgischen Waffeln?«
Sie wandte sich von ihm ab in dem Versuch, wütend zu bleiben. Doch es gelang ihr nicht, und sie begann ehrlich wie eine Betrunkene vor sich hinzulallen.
» Du weißt nicht, wie sehr ich dich vermisst habe. Nach unserer gemeinsamen Nacht. Und dann hast du mich nicht angerufen, und …«
Der Lehrer legte ihr einen Finger auf die Lippen. Nach ein paar weiteren Sekunden Widerstand nuckelte sie an seinem Knöchel.
» Heute Nacht wird es noch besser«, versprach er. » Wenn du wirklich gut bist – oder sollte ich › wirklich böse‹ sagen? –, werde ich sogar den Sirup warm machen.« Sein Killerlächeln wurde noch breiter.
Schließlich lächelte sie zurück. Sie zog einen kleinen Spiegel aus ihrer Handtasche, um ihr Haar und ihre Schminke zu richten. Dann ergriff sie seine Hand und ging mit ihm hinauf in seine Wohnung.
Er verschloss die Tür hinter ihnen.
» Was willst du zuerst?«, fragte er. » Essen oder E-Mail?«
» Machst du Witze? Natürlich will ich zuerst die E-Mail lesen.« Aufgeregt schleuderte sie ihre Stöckelschuhe von den Füßen. » Ich kann’s kaum erwarten.«
» Hier geht’s lang. Komm mit.«
Als sie durch die Tür des leeren Zimmers traten, huschte ihr Blick über die Leiche auf dem Bett. Nach zwei weiteren Schritten erstarrte sie kurz, um, anscheinend plötzlich nüchtern, einen zweiten Blick darauf zu werfen.
» O mein Gott«, keuchte sie. » Was ist das? Was geht hier vor? Das verstehe ich nicht.«
Unhöflich, wie der Lehrer war, schoss er ihr mit seiner gedämpften Kaliber .22 in den Hinterkopf, zerrte sie in den Flurschrank, warf ihre Manolo Blahniks hinterher und schloss die Tür.
» Tja«, sagte er und wischte sich die Hände ab. » Das ist eine lange Geschichte.«
Als er sich aufs Bett fallen ließ, fühlten sich seine Augenlider an wie Gullydeckel, und er begann, mit der gewohnten Ruhe zu atmen.
Wer braucht schon warme Milch, dachte er, als er in den Schlaf hinüberglitt.
51
Ich brauchte eine Sekunde, um das Klingeln meines Mobiltelefons von den permanenten Würgegeräuschen im Lazarett der Familie Bennett unterscheiden zu können. Als ich wie benommen nach dem Telefon tastete, sah ich, dass es erst kurz nach drei war. Entgegen all meinen Hoffnungen hatte ich nur zehn Minuten richtig geschlafen.
» Ja, Mike, hier ist Beth Peters. Tut mir leid, wenn ich Sie wecke, aber wir haben Neuigkeiten. Ein Modefotograf, auf der Straße in Hell’s Kitchen erschossen. Sieht nach wie Sie-wissen-schon-wer aus.«
» Ich warte nur auf eine Gelegenheit, diesen Sie-wissen-schon-wen auf direktem
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