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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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hier?“
    Der Wagen schoss um eine Kurve. Noah klammerte sich am Türgriff fest. Die Vollbremsung des Fahrzeugs schleuderte ihn in den Sicherheitsgurt. Kaum standen die Räder still, wandte sich Nancy ihm zu. Ihre Augen schwammen in Tränen.
    „Kannst du weiterfahren?“
    Sie sackte nach vorn, mit dem Gesicht auf das Lenkrad. Ihr goldenes Haar verteilte sich wie ein Schleier. Ihre Schultern zuckten und unterdrücktes Schluchzen durchdrang die Seide.
    Noah strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Nicht doch.“ Wie begegnete man einer weinenden Frau? Außerdem mussten sie weiter. Er konnte nicht abschätzen, welche Entfernung sie zurückgelegt hatten. Bestimmt nicht mehr als zwei, drei Meilen. Wenn Jay…son sie verfolgte … „Bitte, Nancy. Beruhige dich.“ Wie von allein übernahm er die vertraute Anrede, verbunden mit dem Eindruck, eine langjährige Freundin an der Seite zu haben. Er öffnete die Fahrzeugtür.
    Abrupt schnellte sie auf. „Nein! Geh nicht!“
    „Ich will nur umsteigen“, erwiderte Noah und legte alle Sanftheit in seine Stimme, die er aufzubringen vermochte. „Hab keine Angst.“ Offenbar hatte Nancy bei ihrem Auftauchen an der Villa sämtliche Kraftreserven verbraucht. Sie zitterte von Kopf bis Fuß. Er fühlte sich nicht weniger am Ende – sein Gemüt tobte, seine Gefühle rebellierten, sein Innerstes suggerierte, von innen nach außen und zurück und dabei durch Morast und Fäulnis gezogen worden zu sein. Noah umrundete den Mercedes, während Nancy auf den Beifahrersitz rutschte. Er stieg ein.
    „Weißt du, wohin?“ Eine Träne löste sich und rollte ihre Wange hinab.
    „Hat er dich gesehen?“
    „Ich glaube schon.“
    „Dann sind dein oder mein Zuhause eher keine gute Wahl.“
    „Nee. Ähm … ja.“ Trotz des Schmelztiegels, in dem sie gemeinsam steckten, brachte Nancy ein schmales Lächeln zustande. Und wenigstens weinte sie nicht mehr.
    „Ich bringe uns zu einem Kollegen. Da wird uns Jason nicht vermuten.“ Noah fuhr an.
    „Wusstest du, dass er ein Vampir ist?“
    Er riss das Lenkrad zurück Richtung Straßenrand und trat auf das Bremspedal. Erneut wurde er nach vorn geschleudert. „Was?“
    „Du denkst, ich spinne.“
    Noah schwieg. Was konnte er zu so einer … absurden Behauptung sagen? Nancy musste erst mal zu sich kommen. Er hoffte, dass José es ihm nicht bis in die Ewigkeit verübelte, wenn er mit der aufgelösten Frau dort auftauchte. Aber was blieb ihm übrig? Ihm wollte auf die Schnelle nichts Besseres einfallen. „Sollten wir nicht die Polizei benachrichtigen?“ Er blickte in den Seitenspiegel und reihte sich wieder in den Verkehr ein.
    „Hab ich längst.“ Nancy schnäuzte sich. „Sie werden ihn nicht finden. Bis die da sind, ist er über alle Berge.“
    „Danke für die Rettung.“ Noah räusperte sich. Es fiel ihm noch schwer, zu begreifen, was überhaupt passiert war. Der Anruf von Catalina lag kaum eine Stunde zurück und die Ereignisse reichten für ein Leben. „Was hast du an der Villa gemacht?“
    „Ich war auf der Suche nach dir.“
    Noah warf Nancy einen Blick zu. Der Flirtversuch in ihrem Büro war bestimmt nicht der Anlass. Hatte sie ihm Neuigkeiten von Nevaeh überbringen wollen? Wieso hatte Nancy Scott ihn nicht einfach angerufen? Die souveräne Institutsleiterin wirkte wie ein zusammengekauertes Häufchen Elend, schutzlos und hilfsbedürftig – dabei hätte er ohne sie wahrscheinlich bereits das Zeitliche gesegnet. Obwohl ihm Dutzende Fragen auf der Seele brannten, ließ er ihr etwas Zeit, sich zu sammeln. In Wahrheit, erkannte er und schluckte schwer, brauchte er selbst eine Atempause, um sein Gemüt zu beruhigen.
    Allmählich schien Nancy gelassener zu werden. Auch Noahs Puls hämmerte nicht mehr in den Schläfen. Er steuerte das Fahrzeug einigermaßen ruhig Richtung Glassell Park, nachdem er einigermaßen sicher war, dass Jason sie nicht verfolgte.
    „Warum?“, setzte er an Nancys letzte Bemerkung an.
    „Deine Schwester hat sich gemeldet. Sie ist in Chile und hat verzweifelt versucht, dich oder ihre Haushälterin zu erreichen. Nevaeh bat mich eindringlich, dich zu warnen.“ Nancy griff erneut nach einem Taschentuch und schnupfte hinein.
    „Wovor?“ Seine Geduld stand kurz vor einer Explosion. Musste man dieser Frau jede Information sprichwörtlich aus der Nase ziehen? „Vor was, Nancy?“
    „Vor deinem Freund. Sie sagte, ich solle dir ausrichten, dich unbedingt von ihm fernzuhalten.“
    Gott, Nevaeh und ihre Einbildung.

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