Blutsvermächtnis (German Edition)
bekam Schluckauf. Fuck!
„Es tut mir leid, Mr. Morrison.“
Was mochte Santos leidtun? Dass er noch vor Kurzem heiß darauf war, den Militärfuzzis der Reihe nach den Arsch aufzureißen, wie er sich ausgedrückt hatte? Dass es ihm ein dringliches Anliegen gewesen war, Klarheit in die Angelegenheiten zu bringen, damit eventuell die Lebensversicherung doch bezahlte? Noah blickte in das verschlossene Gesicht seines Gegenübers und verstand die Welt nicht mehr.
Santos fuhr fort. „Ich habe mich entschieden, mit der Geschichte abzuschließen. Wie gesagt, Morrison. Mein Bedauern. Aber ich will nichts mehr mit der Sache zu tun haben.“
„Schließ die Tür und komm rein“, kreischte eine Frauenstimme aus dem Hintergrund.
Das musste die kleine Hispanoamerikanerin ein. Diesmal wirkte sie überhaupt nicht sympathisch. Ihr Ausbruch jagte Noah eine Gänsehaut über den Körper.
„Wir gehen, Noah.“ Nancy zupfte im Rücken an seinem Hemd.
Er atmete tief durch. Sollte er wirklich hinnehmen, einfach so abgewimmelt zu werden? Wo war der Enthusiasmus geblieben, der Santos’ Tatendrang angeheizt hatte? Ein Poltern vor seiner Nase ließ ihn einen Schritt zurückstolpern. Noah hörte hitziges Wispern, die Tür war und blieb jedoch zu.
Sein Unglaube wollte aufbegehren, ihn an das Holz hämmern lassen, José am Kragen packen und durchschütteln. Nancy zog ihn unnachgiebig mit sich, und als sie wieder in ihrem Wagen saßen, brach die Wut aus ihm hinaus. „Fuck!“
„Was nun?“
Die himmelblauen Augen unter den langen Wimpern konnten ihn nicht beruhigen. „Verdammt, woher soll ich das wissen“, schnauzte er Nancy an. Sie zuckte zusammen. Auch das dämpfte seine Gereiztheit nicht. „Gib mir Nevaehs Nummer.“ Er tastete seine Hosentaschen ab. „Fuck! Fuck! Fuck!“ Sein Handy lag noch immer im Mustang. Er zählte im Stillen bis fünf. „Kann ich mit deinem Telefon anrufen?“ Wenigstens klang seine Stimme beherrschter.
„Bitte.“ Nancy reichte ihm das Handy. „Die Nummer ist schon gewählt, du brauchst nur noch die grüne Taste zu drücken.“
Er tat es.
The number you have dialed is not available at the moment
. „Fuck!“
„Kannst du auch anders fluchen?“
Noah riss sich am Riemen. „Sorry.“ Er schluckte hart. „Nevaeh ist nicht erreichbar.“
„Wir werden es alle paar Minuten probieren, okay?“ Nancy streckte die Hand nach dem Apparat aus.
„Hast du eine Möglichkeit, wo ich dich absetzen kann? Freunde? Verwandte?“
„Was hast du vor?“
„Ich werde zum Flughafen fahren und sehen, dass ich einen Flug nach Chile bekomme.“
„Ohne Vorbereitung? Ohne Gepäck?“
„Mir bleibt sonst nichts übrig. Ich werde mich am Flughafen mit dem Nötigsten eindecken.“
„Ich würde dich gern begleiten.“
„Warum?“
Was wollte Nancy erreichen? Konnte sie ihm nützlich sein?
„Ich habe niemanden und Angst, nach Hause zu gehen.“
Es war in der Tat zu gefährlich, nicht damit zu rechnen, dass Jason ihr nachstellen könnte aus Wut über ihr Auftauchen. Doch halste er sich mit ihr vielleicht eine zusätzliche Last auf?
„Ich kenne mich in Chile aus. Ich war während der Planungsphase der Expedition schon einmal dort. Ich spreche auch etwas Spanisch und …“
Noah unterbrach ihren hektischen Redefluss. „Also gut.“ Vielleicht war es gar nicht so schlecht, jemanden an der Seite zu haben. Und immerhin hatte sie ihm das Leben gerettet. „Machen wir uns auf den Weg.“
Nancy lachte auf. Es klang befreit. „Danke.“
Ungewollt hatte ein Ungeheuer in ihm die Kontrolle übernommen, wie Jason es nie zuvor erlebt hatte. Holy shit, als einzig Positives kam daher, dass es ihm rechtzeitig vor dem Eintreffen der Cops gelungen war, seine Spuren zu tilgen und das Weite zu suchen. Zwar hatte Noah – mit wessen Hilfe auch immer – entwischen können, dafür befand sich Nevaeh auf dem Weg nach L. A. Sie hatte ihn angerufen und angeboten, sich im Austausch für ihren Bruder zu stellen. Er würde sie überwältigen müssen und dazu musste er darauf bauen, dass er diesmal seine vampirischen Kräfte beherrschte. Verdammt, es durfte einfach nicht angehen, dass ihm die Macht über sich entglitt. Die Zweifel, dass er kurzzeitig gar ein Blackout gehabt haben könnte, verstärkten sich. Niemals glaubte er, Catalina umgebracht zu haben. Die Lady hatte sich unglücklich verletzt. Es hatte keineswegs in seiner Absicht gelegen, sie zu beseitigen. Vielleicht hätte er es letztlich getan, aber das hätte noch Zeit
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