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Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
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italienische. Diese hatte sich nach und nach von Little Italy, das schon länger zunehmend unter die Kontrolle des sich stetig ausdehnenden angrenzenden Chinatown geriet, hierherverlagert.
    Reynolds ging auf den älteren Mann zu und gab ihm die Hand, die mit eisernem Griff umschlossen wurde.
    »Was verschlägt dich denn hierher, John?«, wollte der Mann wissen.
    Er hieß Rusty Sheridan.
    Sheridan war ein Veteran der Marines und Experte in ostasiatischer Kampfkunst. Auf beiden vom vielen Training muskelstrotzenden Unterarmen trug er große Tätowierungen: einen Drachen auf dem rechten und Stacheldraht,umrankt von Sprüchen, auf dem anderen. Vielleicht ein Kriegsandenken?
    Er war achtzehn Jahre alt gewesen, als er 1967 als Freiwilliger in den Vietnamkrieg zog, der ihm, wie vielen jungen Männern damals, als gerechte Sache erschienen war. Dort hatte er die Kehrseite der Medaille kennengelernt, den Schrecken dieses blutigen Krieges: Vergeltungsmaßnahmen von unvorstellbarer Gewalt, Massaker an Frauen und Kindern, Morde unter den Kameraden selbst. Angst. Grausamkeit. Wahnsinn. Nach seiner Rückkehr in die Heimat war er für seine Tapferkeit ausgezeichnet worden und zur Polizei gegangen. Bei den Friedensdemonstrationen, an denen er in der Folge teilnahm, schrie er aus vollem Hals: »Stoppt den Krieg, stoppt den Irrsinn!« Ein wieder aktuelles Thema angesichts des Irakkonflikts.
    »Ich bin beruflich hier«, sagte Reynolds und rieb sich das Kinn.
    »Und woran arbeitest du gerade?«
    »An einem schwierigen Fall. Dabei ist ein ausgebranntes Auto an der Rallye-Strecke aufgetaucht. Ein Taxi, das in der Bronx gestohlen wurde, dessen Besitzer aber hier wohnt.«
    Sheridan nahm Helm und Gesichtsschutz ab und trocknete sich Gesicht und Hals mit einem Frotteetuch, das er sich anschließend um die Schultern legte.
    »Verstehe, du willst unter den Gangs von Brooklyn herumschnüffeln. Das sind toughe Banden, wie dir bekannt sein dürfte, mit allen Wassern gewaschen und immer auf der Hut«, sagte er vage, um zu betonen, wie schwierig und auch gefährlich es war, dieses Milieu zu sondieren. »Außerdem ist die Rallye-Strecke Niemandsland. Das solltest du wissen«, fügte er hinzu, ohne den Sarkasmus in seinenletzten Worten zu unterdrücken. Der Lieutenant ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen.
    »Ich weiß, deshalb bin ich ja zu dir gekommen, alter Freund.«
    »Die kennen meine Vergangenheit hier natürlich genauso wie du. Ich hätte noch wesentlich mehr Kunden, wenn ich kein Exbulle wäre.«
    »Sicher, aber das gehört zum Berufsrisiko«, entgegnete der Lieutenant lächelnd.
    »Für dich vielleicht, für mich nicht mehr.«
    Sheridan erwiderte sein Lächeln. Dann schwieg er eine Weile. Er nahm sein Handtuch und wischte sich damit wieder übers Gesicht. Vielleicht war es die Bitte um Hilfe, die ihn erneut ins Schwitzen brachte.
    »Okay, John, ich hör mich mal um. Wenn ich etwas erfahre, melde ich mich bei dir.« Er steckte eben immer noch halb in der Polizeiuniform. Mit beiden Händen wrang er sein Handtuch aus.
    »Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann, Rusty. Du bist immer ein echter Freund gewesen«, sagte der Lieutenant in Anspielung auf frühere Tipps über die Kleinkriminellenszene, die Sheridan ihm hatte zukommen lassen.
    Er umarmte ihn und ging, den Geruch von Schweiß mit sich nehmend. Ehe er die Halle verließ, drehte er sich noch einmal um. Der Freund stand schon wieder im Ring, bereit für den nächsten Kampf.
    Sein Ein und Alles, dachte Reynolds.
    Tatsächlich lebte Rusty Sheridan inzwischen nur noch für seine Kampfsportschule.

    Der Name kam ihm irgendwie bekannt vor. Vom ersten Moment an hatte er das Gefühl gehabt, dass er ihm etwas sagen sollte. Aber was?
    Wann hatte er ihn zum ersten Mal gehört?
    Und wo?
    Von wem?
    Ferrara lag im Bett, aber seine Gedanken kamen nicht zur Ruhe.
    Neben ihm las Petra das Libretto von Bizets Oper Carmen , die faszinierende Geschichte der schönen Zigeunerin, die so stark und mutig war und lieber starb, als sich selbst und ihre Freiheit zu verraten.
    Da, plötzlich ein Lichtschimmer.
    In seiner Erinnerung tauchte ein Abschnitt seiner Vergangenheit auf, den er zu vergessen und für immer hinter sich zu lassen versucht hatte. Bilder, seit vielen Jahren verschüttet in seinem Unterbewusstsein, von einer Begegnung mit einem jungen Mann, einer Begegnung unter ganz besonderen Umständen, begannen vor ihm abzulaufen.
    Es war Anfang der Achtzigerjahre gewesen. Er tat damals am

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