Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
nachprüfen, wann Bananenfrachter aus Turbo eingelaufen sind«, schlug Trimarchi vor. »Außerdem wäre es nicht verkehrt, auch die Telefone der Angehörigen und entfernteren Verwandten der Opfer hier in Italien zu überwachen. Und zwar im Dringlichkeitsverfahren.«
Alle waren einverstanden.
»Sonst noch Ideen?«, fragte er in die Runde.
»Obwohl uns bisher keine direkte Verbindung bekannt ist, könnte es nützlich sein, Antonio Russo ebenfalls abzuhören«, regte Foti an und nahm eine Kopie des Berichts zur Hand.
Detective Bernardi nickte zustimmend.
»Es wäre einen Versuch wert, wenigstens für ein paar Tage«, bestätigte der Colonnello, gerade als jemand an die Tür klopfte.
»Herein!«
Stefano Carracci betrat den Sitzungsraum. Er hielt einen dampfenden Pappbecher in der Hand, und der Duft von heißer Schokolade erfüllte das Zimmer.
»Guten Tag zusammen«, sagte er und blickte sich um. Seine Miene verdüsterte sich. Sie hatten nicht auf ihn gewartet, dabei war es doch eine Sitzung seiner Task Force.
»Wie denken Sie darüber, Dottor Carracci?«, fragte ihn Trimarchi.
»Worüber?«
»Über Antonio Russo – sollen wir ihn abhören oder nicht?«
»Doch, schon, sollte man machen«, antwortete er scheinbar desinteressiert, während ihm das Blut zu Kopfe stieg. Seine Hand zitterte, und er verschüttete ein paar Spritzer Kakao auf seine Hose. Er stellte den Becher auf dem Tisch ab und betupfte die Flecken ärgerlich mit einem Blatt Papier.
»Man kann es versuchen«, fügte er dann schwach hinzu, die Hand auf seine Hose gepresst.
»Gibt es ein Problem?«
»Nein, nein, geht schon. Ich werde die Hose reinigen lassen.«
»Da liegt ein Missverständnis vor, Kollege, ich meinte, ein Problem wegen der Telefonüberwachung.«
»Ach so. Nein, gar kein Problem. Ich denke nur, dass diese Mafiosi sich nie am Telefon über ihre Machenschaften äußern. Dazu sind sie zu schlau, meistens ist so etwas reine Zeitverschwendung.«
»Ja, das wissen wir, aber manchmal rutscht ihnen etwas heraus. Schon ein halber Satz kann uns viel sagen. Außerdem könnten wir etwas über ihre Beziehungen untereinander erfahren …«
»Schon gut, Colonnello, machen Sie nur«, winkte Carracci ab.
»Sehr gut, dann teilen wir die Maßnahmen auf«, entschied Trimarchi sichtlich verärgert.
Sie beschlossen, dass Capitano Foti mit seiner Einheit sämtliche Aktivitäten Antonio Russos observieren würde, auch die auf dessen angestammtem Territorium, und die Beamten von der DIA die Telefonüberwachungen im entsprechenden Technikraum ihrer Dienststelle in die Wege leiten sollten. Das Personal der Squadra Mobile von Reggio Calabria und der SCO dagegen wurde mit den Ermittlungstätigkeiten in San Piero d’Aspromonte betraut – Observierungen, Beschattungen, Fotoaufnahmen – sowie mit den Überprüfungen bei den Hafenbehörden.
»Haben Sie eigentlich auch die Handhabe des … also, was bei uns sneak and peek heißt?«, fragte Bill Hampton mit einem Hilfe suchenden Blick zu Holley, der prompt übersetzte: » Sneak and peek bedeutet so viel wie ›sich einschleichen und umsehen‹. Das US -amerikanische Gesetz gewährt dem FBI die Möglichkeit, eine Wohnung in Abwesenheit des Besitzers zu durchsuchen und ihn erst darüber in Kenntnis zu setzen, wenn die laufenden Ermittlungen nicht mehr beeinträchtigt werden können«, erläuterte er. Diese Regelung gehörte zu den Sondermaßnahmen, die mit dem Patriot Act eingeführt worden waren, dem nach dem 11. September erlassenen Bundesgesetz, mit dem dieBefugnisse des FBI im Kampf gegen den Terrorismus erweitert wurden.
»Nein, bei uns gibt es diese Bestimmung nicht. Wir dürfen uns lediglich im Zuge besonders wichtiger Ermittlungen unter einem Vorwand Zugang zu Räumlichkeiten verschaffen, um dort ohne Wissen der Benutzer Abhörgeräte zu installieren. Aber auch das nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Oberstaatsanwalts.«
Die Amerikaner nickten zum Zeichen, dass sie verstanden hatten. Diese Möglichkeit gab es bei ihnen auch, aber das sneak and peek war noch etwas anderes. Es verlieh ihnen mehr Handlungsautonomie.
Wir sind hier nicht in Amerika und hatten zum Glück auch keinen 11. September!, sagte sich der Colonnello.
»Und was bringen Sie uns für Neuigkeiten?«, wandte sich Trimarchi als Nächstes an Bruni.
»Ich habe nur wenig über Rocco Fedeli in den Akten des Polizeipräsidiums und des Kommissariats von Siderno gefunden. Ein paar wenige Einträge, die auf die frühen
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