Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
Kollegen zugestoßen war.
Die Kampfsportschule, Rustys einzige große Leidenschaft, Sinn und Zweck seines Lebens, war vollständig von den Flammen zerstört worden. Es war nur noch ein Aschehaufen davon übrig. In der Nähe, in einem von alten Graffiti bedeckten Müllcontainer, hatten Polizisten einen Fünf-Liter-Kanister gefunden, der noch nach Benzin stank. Esgab keinen Zweifel: Es handelte sich um Brandstiftung. Jemand hatte das Feuer gelegt. Der Grund war aller Wahrscheinlichkeit nach Rustys Tipp an die Polizei, der den Anführer und einige Mitglieder der Green Birds ins Gefängnis gebracht hatte. Jetzt mussten sie blitzschnell handeln, auch um weitere Racheakte an Rusty mit möglicherweise noch schlimmeren Folgen zu verhindern.
»Den Hinweis auf die Green Birds habe ich von Sheridan bekommen«, erklärte Reynolds mit ernstem Gesicht.
»Warum haben Sie die Gang durchsuchen lassen? Hat es was mit dem Taxi zu tun?«, fragte Moore und sah ihn forschend an.
Reynolds ließ sich Zeit. Jetzt steckte er in Erklärungsnöten. Bisher hatte er Moore nur über eine Häufung von Diebstählen und nicht über die mögliche Verwicklung der Gang in den Brand des Taxis informiert. Schießlich antwortete er: »Sheridan zufolge ist es sehr wahrscheinlich, dass sie damit zu tun haben.«
»Warum?«
»Weil diese Gang Kontakte zu italienischen oder italienischstämmigen Kriminellen hat. Außerdem hatte er wohl noch etwas anderes erfahren, das er lieber für sich behalten wollte.«
Moore schien nachzudenken. Die Worte, mit denen der anonyme Anrufer sich auf die Täter bezogen hatte, die hinter den Morden steckten, kamen ihm wieder in den Sinn: »Italiener, aber sie waren nicht die Einzigen.« Er hatte dieses »nicht die Einzigen« spontan mit den Kolumbianern in Verbindung gebracht, da Rocco Fedeli allem Anschein nach in Drogengeschäfte verwickelt war.
Nun zog er zum ersten Mal die Möglichkeit in Betracht, dass auch New Yorker Kriminelle aus einem anderen Umfeld an dem Blutbad beteiligt gewesen sein könnten, und wandte zögerlich ein: »Aber nur wegen einer Durchsuchung und einer Festnahme … Zumal dieser Kerl gegen eine Kaution schnell wieder auf freien Fuß kommt, vielleicht noch heute, spätestens morgen … Also deswegen eine Sportschule niederzubrennen scheint mir einfach in keinem Verhältnis dazu zu stehen.«
Der Lieutenant senkte den Kopf. Vor seinem inneren Auge zogen wieder die Bilder der abgebrannten Halle vorbei. Er hatte den ekelhaften Gestank der noch qualmenden Überreste in der Nase und die davor sich deutlich abzeichnende Gestalt seines in Tränen aufgelösten Freundes Rusty vor Augen.
»Vielleicht sollte es eine Botschaft sein«, fuhr Moore fort und strich sich grüblerisch mit dem Handrücken der Rechten über die Wange.
»Eine Botschaft? An wen?«, fragte Reynolds und sah auf.
»Genau das müssen wir herausfinden. Nur an Sheridan? Oder auch an andere? Oder beides zugleich?«
Der Lieutenant verzog den Mund zu einer Grimasse.
»Eine Botschaft an die Gang, die die Uniformen gestohlen hat«, spekulierte Moore. » Ich glaube Denis, diesem Jungen, nämlich. Deshalb konnten die Killer so ungestört vorgehen – weil sie als Polizisten verkleidet waren. Deshalb hat man ihnen die Tür aufgemacht. Das passt alles zusammen.«
Reynolds sah ihn unschlüssig an. Er hatte den Wahrheitsgehalt von Denis’ Geschichte stets angezweifelt, aber vielleicht musste er seine Meinung jetzt ändern.
»Doch, so muss es gewesen sein, Lieutenant. Eine einfache, logische Erklärung.«
Reynolds sah ihn weiter unverwandt an, während irgendwo in seinem Gedächtnis ein kleines Licht anging. Ernickte kurz und murmelte: »Okay, reden Sie weiter.« Und Moore legte dar, dass die Brooklyn-Gang, wenn sie selbst die Kampfsportschule niedergebrannt hätte, die Lage ihres noch in Haft befindlichen Anführers bloß erschwert hätte. Viel wahrscheinlicher war es, dass dieser Anschlag zweierlei bewirken sollte: Sheridan zu bestrafen und zugleich diejenigen einzuschüchtern, die an den Morden beteiligt gewesen waren, also die Gangmitglieder. Das Gesetz des Schweigens – die Omertà.
»Das würde aber bedeuten, dass die Gang nicht nur in den Taxibrand verwickelt ist«, bemerkte Reynolds.
»Genau. Wir haben da eine Erkennungsmarke, die gestohlen wurde. Also müssen wir überprüfen, ob weitere Polizisten oder FBI -Agents bestohlen wurden, und weiterhin sämtliche Mitglieder der Gang überwachen. Ohne Ausnahme«, sagte Moore, der
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