Bluttat
siebenstelligen Meerblick, aber in keiner Weise luxuriös. Absplitternde Redwood-Schindeln bildeten ein Streifenmuster auf der Stuckfront. Halb tote Sagopalmen und schlaffe Farne standen hinter einem ungepflegten Rasen, der von Quecken durchsetzt war. Ein zotteliger alter Eukalyptus mit blauen Blättern hinterließ grauen Abfall auf dem Gras. Die Zufahrt war von einem eingedellten grauen Nissan Pathfinder besetzt, der mit Möwenscheiße bekleckert war.
Als ich zur Tür ging, konnte ich den Pazifik riechen und hörte das langsame Atmen der rauschenden Brandung. Niemand kam auf mein Klopfen und zweimaliges Klingeln an die Tür. Eine junge Frau auf der anderen Straßenseite öffnete ihre Tür und beobachtete mich. Als ich sie ansah, ging sie wieder ins Haus.
Ich wartete noch eine Weile, nahm eine Visitenkarte aus der Tasche, schrieb eine Notiz auf die Rückseite, in der ich Sydney Weider bat, mich anzurufen, und warf sie in den Briefschlitz. Als ich zu meinem Wagen zurückgekehrt war, kam sie mir auf dem Bürgersteig entgegen.
Sie hatte einen grünen Trainingsanzug und weiße Sportschuhe an, trug eine dunkle Brille und ging auf eine merkwürdig steife Weise, bei der ihre Hüfte schräg hervorstand. Ihre Haare waren kurz geschnitten, und sie hatte sie weiß werden lassen. Sie war immer noch schlank, aber ihr Körper sah weich und ungelenk aus.
Ich machte einen Schritt vom Wagen zu dem überdachten Durchgang vor ihrem Haus. Sie sah mich und blieb auf der Stelle stehen.
Ich winkte.
Sie reagierte nicht.
Ich ging auf sie zu und lächelte. Sie warf ihre Arme in einer traurigen, nutzlosen Abwehrbewegung nach vorn. Wie jemand, der zu viele Kampfkunst-Filme gesehen hatte.
»Ms. Weider -«
»Was wollen Sie?« Ihre Anwaltsstimme war verschwunden, abgelöst von furchterfüllter Schrillheit.
»Alex Delaware. Ich habe an dem Malley-«
»Wer sind Sie?«
Ich wiederholte meinen Namen.
Sie kam näher. Ihre Lippen zitterten, und ihr Kinn bebte. »Gehen Sie weg!«
»Könnten wir uns nur eine Minute unterhalten? Rand Duchay ist ermordet worden. Ich arbeite an dem Fall mit der Polizei zusammen, und wenn Sie nur -«
»Eine Minute worüber?« Ratatat.
»Wer Rand umgebracht haben könnte. Er ist am letzten -«
»Woher soll ich das wissen?«, schrie sie.
»Ms. Weider«, sagte ich, »ich möchte Sie nicht beunruhigen, aber es könnte auch um Ihre persönliche Sicherheit gehen.«
Sie fuhr mit einer klauenförmigen Hand durch die Luft. Die andere lag, zur Faust geballt, eng an ihrer Seite. »Wovon reden Sie? Wovon zum Teufel reden Sie überhaupt?«
»Es ist möglich -«
»Verschwinden Sie, verdammte Scheiße, verschwinden Sie!« Sie schüttelte wie wild den Kopf, als ob sie irgendwelchen Lärm aus ihm vertreiben wollte.
»Ms. Weider -«
Sie öffnete weit den Mund. Eine Sekunde lang kein Laut, dann schrie sie.
Eine Möwe stimmte ein. Dieselbe Nachbarin von der anderen Straßenseite trat vor die Tür.
Sydney Weider schrie noch lauter.
Ich ging.
25
Der gehetzte Ausdruck in Sydney Weiders Augen ließ mich auf der Heimfahrt nicht mehr los.
Ich ging in mein Arbeitszimmer und spielte Suchmaschinenpoker. Der Name »Sydney Weider« erzielte dreißig Treffer, aber nur einer bezog sich auf ihre Arbeit an dem Fall People vs. Turner and Duchay . Ein Absatz im Western Legal Journal , der einen Monat vor der abschließenden Anhörung erschienen war und die mit der Jugendgerichtsbarkeit verbundenen Probleme erörterte.
Weider war mit der Prophezeiung zitiert worden, dass es viele »bahnbrechende Konsequenzen« geben werde. Keine weisen Worte von Lauritz Montez. Entweder hatte er einen Kommentar verweigert, oder niemand hatte ihn nach seiner Meinung gefragt.
Die übrigen Verweise lagen einige Jahre vor Weiders Berufung zur Pflichtverteidigerin. Ein Nachruf auf Weiders Vater führte ihn als Gunnar Weider, Produzent billiger Horrorstreifen und Fernsehserien, auf. Sydney wurde als einzige Erbin und Frau von Martin Boestling, einem Filmagenten bei CAA, aufgeführt.
Die Times hatte früher eine Gesellschaftsseite, bevor sie der politischen Korrektheit zum Opfer fiel. Ich loggte mich ins Archiv ein und fand einen Bericht über die Weider-Boestling-Hochzeit vor achtundzwanzig Jahren. Im Beverly Hills Hotel, Sydney war dreiundzwanzig gewesen, ihr Bräutigam zwei Jahre älter. Eine große Hochzeit, unter den Gästen eine Menge bekannter Gesichter.
Ich gab Boestlings Namen ein. Ein paar Jahre, nachdem er Sydney geheiratet hatte, war er von
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