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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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der Straße.
„Sollen wir ihn erst mal umquartieren? Das wäre nicht ganz ungefährlich, obwohl
er wirklich sehr geschwächt ist.“
„Das wird nicht nötig sein“, meinte Thomas. Er schob sich ein letztes Stück
dick mit fettiger Streichwurst beschmiertes Brot in den Mund. Es wurde Zeit.
    Der junge Mann stellte sich vorsichtig auf die Füße und tappte
Richtung Tür.
Matthias wollte den entkräfteten Menschen aufhalten, aber eine knappe Geste von
Jeremias hielt ihn zurück.
„Kümmere dich um die anderen. Ich mach das schon.“
Der Jäger erteilte seine Anweisung so leise, dass Thomas nichts mitbekam.
Jeremias schwang die Beine von der Bank und richtete sich auf. Das Laufen fiel
ihm nicht wesentlich leichter als dem Menschen, dem er zuerst ins Obergeschoss
und dann, über die steile Stiege, auf den Dachboden folgte.
    Thomas erklomm die zahlreichen Stufen mit zitternden Beinen.
Ohne zu zögern, betrat er den winzigen Raum, in dem er noch vor kurzem
entsetzliche Ängste und Qualen ausgestanden hatte.
Dort hing der bewusstlose Jan noch immer in Ketten an der Wand. Das Risiko, ihn
in diesem Zustand zu befreien, wäre unkalkulierbar gewesen.
    Thomas sah sich verärgert nach dem Jäger um, der die Kammer
kurz nach ihm betrat.
„Das ist nicht nötig“, sagte er, Ungeduld in seiner Stimme. „Lass uns bitte
allein!“
„Es ist zu gefährlich, Thomas!“
Der junge Mann gab ein verächtliches Geräusch von sich, ließ sich plötzlich auf
die Knie sinken und robbte in der Ecke des Raumes unter einen niedrigen Tisch.
„Er hat keinerlei Kontrolle über sich. Er könnte dich töten.“
Mühsam kroch Thomas unter dem Tischchen hervor, einen silbrig glänzenden
Gegenstand in der Hand. Jeremias erkannte die zerrissenen Reste einer langen
Kette und das fingerdicke Röhrchen.
„Jan tut mir nicht weh“, behauptete Thomas starrsinnig.
„Du bist selbst mehr tot als lebendig. Du hast zwar gegessen, aber dein Magen
hat keine Chance gehabt, die Kalorien zu verarbeiten. Wenn du Jan in diesem
Zustand trinken lässt, wirst du wahrscheinlich in ein paar Minuten ohnmächtig.
Willst du, dass er aufwacht, und feststellt, dass er dich umgebracht hat?“
    Es klang wie ein Schluchzen, als er nach einem kurzen
Augenblick des Zögerns antwortete: „Nein, das will ich nicht!“
Thomas war vor dem reglos in seinen Fesseln hängenden Jan auf die Knie gesunken
und starrte ihn verzweifelt an. Er hatte den Anhänger in zwei Teile zerlegt und
den mit einem winzigen Messer bewehrten Fingerhut auf den Zeigefinger seiner
linken Hand gesteckt.
    „Dann lass mich euch helfen!“ Jeremias Stimme klang
ungewohnt sanft.
„Weißt du, ich könnte mir im Augenblick auch etwas anderes vorstellen, als
Babysitter zu spielen. Ich wünschte, ich könnte einfach losrennen. So schnell,
dass ich in Frankfurt wäre, bevor Lukas sich allein, mit ein paar Wächtern
hinter sich, den Alten Göttern stellen muss. Aber ich kann im Moment nichts
machen. Ich bin so schwach, dass ich froh bin, es die Treppe hinauf geschafft
zu haben.“
Wie zur Bestätigung ließ Jeremias sich auf die Kante des Bettes fallen, an dem
Thomas festgebunden gewesen war.
„Aber ich bin stark genug, um zu überwachen, dass Jan nicht zu viel von dir
trinkt. Also lass es mich tun, okay!“
Thomas warf dem Jäger einen misstrauischen Blick zu.
„Was werdet ihr mit uns machen, wenn das alles vorbei ist?“
Jeremias schüttelte den Kopf. „Wir sind nicht alle Helmar, Thomas!“
„Ich weiß aber, dass in diesem dämlichen Gesetzestext nur von Gefährtinnen die Rede ist. Dass ihr niemandem sonst euer Blut geben dürft.“
Jeremias gab ein missmutiges Brummen von sich.
„Sei nicht albern. Das ist Haarspalterei. Kein Jäger würde sich damit abgeben,
Jan zu bestrafen. Verdammt noch mal, er sollte das wissen! Auch wenn sein Vater
ein Psychopath war.“

45
    Nachdem Lukas die Verbindung mit seinem Vater unterbrochen
hatte, überkam ihn eine Welle der Resignation.
Über die Aussichtslosigkeit ihrer Lage zu grübeln brachte ihn keinen Schritt
weiter. Er hob entschlossen den Blick und sah unmittelbar in Marius brennende
Augen.
Der Ratsherr schien ihm ein Sinnbild zu sein. Eine Mahnung, dass es noch viel
schlimmer kommen konnte. Johann hätte es erwähnt, wäre Marius Gefährtin unter
den Geretteten gewesen.
    „Es tut mir leid, Marius.“
Der ältere Bluttrinker starrte Lukas weiter an. Plötzlich warf er den Kopf in
den Nacken und lachte. Lukas hatte den Mann noch niemals lachen gehört und
diese Laute

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