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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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nieder. Ein tiefer Knicks. Sie kann nett sein. Nett wegen John.
    »Ich habe Kaffee gekocht … Kaffeeersatz.« Mutter fummelt nervös an ihren Händen herum, bittet Arno ins Wohnzimmer. Vater legt ihr eine Hand auf die Schulter und schiebt sie vor sich her. Arno riecht nach Lederfett und Pferd, auf dem Uniformkragen zeigen sich Schweißflecken. Der lange Nacken ist leichenblass vom Kragen bis zu dem millimeterkurzen Haarstroh unter dem Rand der schwarzen Uniformmütze.
    Dann sitzen sie nebeneinander auf dem Sofa, Vater hat auf dem Stuhl gegenüber Platz genommen. Und draußen im Garten, auf der anderen Seite der Fenster, ist der Abend so schön, dass es wehtut. Mutter gießt Kaffeeersatz ein, nötigt Arno, sich aus der Schale mit den Kriegsmakronen zu nehmen, die sie am Vormittag für John gebacken hat. Es ist so still, dass die wenigen Geräusche lauter erscheinen. Arno kaut die Gerstengraupenflocken der Makronen mit Seitwärtsbewegungen seiner Kiefer, die Stiefel knarren. Vater atmet mit einem leisen Pfeifen.
    Sie zerbröselt ein kleines Stück Kriegsmakrone auf ihrem Teller. Der schale Keksgeschmack dehnt sich im Mund aus, hastig schluckt sie, bevor sie sich übergeben muss. Hofft, dass John unten schläft und nicht hört, wie Arno seine Stiefel über den Wohnzimmerboden zieht.
    »Den Gerüchten nach wollen die Partisanen der BOPA die Torotor-Fabrik in Ordrup sabotieren.« Arno lächelt. »Aber es wird ihnen nicht gelingen. Wie bei dem Streik letzten Monat.«
    Vater und Arno sehen sich an, lange. Sie hält den Atem an. Großer Gott, jetzt ist es vorbei. Bald werden sie anklopfen und mit ihren Hunden und Gewehren eindringen. Dann lächelt Vater. Schüttelt den Kopf, wischt sich den Mund ab.
    »Laura? Du sagst ja gar nichts? Du bist so abwesend. Hast du Geheimnisse?« Vater sieht sie an, lächelt. Doch sein Blick ist stechend, brennt sich ihr ein. Sie bekommt keine Luft mehr. All das, was nicht gesagt werden darf. All das, was sie umgehen müssen. Der kleine Fisch hinter ihrem Nabel schlägt Salto mortale, fast hört sie Johns Stöhnen im Keller unter ihnen.
    Arno wendet sich an sie. Er dreht seine Mütze zwischen den Fingern, legt sie zwischen sie aufs Sofa.
    »Laura …« Seine Hände sind feucht und kalt, als er ihre ergreift. »Ich habe jetzt Arbeit. Für Dänemark. Für dich.«
    Vater lehnt sich auf dem Stuhl zurück. Zufrieden. Alles steht auf dem Kopf, nichts ist mehr richtig. Was haben sie vor?
    »Komm.« Arno steht auf, versucht, sie mit hochzuziehen. »Es ist ein so schöner Abend. Lass uns nach draußen gehen.«
    Sie will nicht, ihre Knie zittern. Aber Arno hat einen festen Griff, sie muss mit ihm aufstehen. Sie kann nicht mehr, es ist zu viel. Vater und Arno. Und John gefangen im Keller. Sie reißt sich los, läuft die Treppe hinauf. Versteckt sich unter der Decke in ihrer Kammer, während Arno und ihre Eltern unten nach ihr rufen.
    Als Arno gegangen ist, verbietet Vater ihr, John das Essen zu bringen. Er muss sehen, wie er zurechtkommt, sagt er. Mit dem Gesicht im Kissen weint sie sich in ihrer kleinen Kammer unter dem Dach in den Schlaf.

29
    Das Zuschlagen der Hintertür ließ das Hundegebell verstummen. Sie standen hinter der Scheibe und bellten, die Augen aufgerissen aus Frust über die missglückte Verfolgung. Lars saß auf der Heckklappe des Hiace der Kriminaltechnik, irgendjemand hatte ihm eine Decke umgelegt. Er klopfte auf seine Jackentasche und zog die Schachtel Zigaretten heraus. Sie war tropfnass. Er warf die Schachtel weg und sah sich nach jemandem um, bei dem er eine Zigarette schnorren konnte.
    Toke kam und gab ihm, ohne zu fragen, seine Schachtel. Lars nahm eine Prince und beugte sich über die Feuerzeugflamme, die Toke ihm hinhielt. Der Hans Tavsens Park war voller Blinklichter, Polizei und Neugieriger. Irgendwo auf der anderen Seite der Absperrungen fotografierten ein paar Pressefotografen mit Blitzlicht. Lars inhalierte und stieß den Rauch durch die Nase aus. Es brannte.
    »Der Krankenwagen hat sie gerade abtransportiert.« Toke steckte seine Zigaretten wieder ein. »Es heißt, sie hätte eine Gehirnerschütterung. Lisa ist mitgefahren.«
    Lars nickte. Stumm. Er war weit weg. Wieso hatte der Kerl gepfiffen? Außerdem war er durch den Park gekommen, nicht über die Straßen. Das bedeutete, dass er hinter ihnen gewesen war. Er hatte gewusst, dass sie Lene folgten. Dass es sich um eine Falle handelte.
    Wieder sog er den Rauch ein. Kniff die Augen zusammen. Ein Stück entfernt beugte

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