Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
gebeten, Geheimnisse zu bewahren. Ja, sie beide umschifften manche ihrer Befürchtungen weiträumig, was während des Komas im Krankenhaus mit ihm hätte geschehen sein können. War es das, was sie Rico nicht sagen wollte?
»Dann erkläre mir, wie du gelernt hast, das Conoscenza - Ritual zu stoppen. Woher kennst du die Sprache?«
»Weiß ich nicht. Die Worte kamen mir einfach in den Sinn.« Ricos Missfallen und Zweifel spiegelten nur Rafes eigene Empfindungen wider, die er energisch verdrängte. Er wünschte, dass er wüsste, warum er Lily Ellis hatte retten können – die Arca , das junge Mädchen, das geopfert werden sollte. Fiona hatte Lilys Körper als Behausung der sieben Todsünden gewollt, auf dass sie und ihr Zirkel sie nach ihrem Willen steuern konnten. Rafe hatte schlicht … gewusst, was er sagen musste. Und er hatte das Ritual nicht unterbrochen; er hatte nur Lily gerettet und verhindert, dass der Zirkel die Dämonen einfing. Sie waren wieder in die Welt entlassen worden, und wahrscheinlich starben deshalb immer noch Menschen.
Er hegte ein paar Vermutungen, woher sein Wissen rühren könnte, aber diese machten ihm allesamt Angst. Aus seinen Träumen – oder vielmehr: seinen Albträumen – wusste Rafe Dinge, die er nicht wissen sollte. Und manchmal hatte er das Gefühl, nicht mehr ganz er selbst zu sein. Doch all das konnte er Rico nicht sagen. Denn obwohl er niemals Ricos Loyalität gegenüber den Dämonenjägern, die er ausbildete, anzweifeln würde, war ihm auch klar, dass Rico keine Skrupel kannte. Je des Ordensmitglied, das Anzeichen mentaler Instabilität zeigte, wurde »zur Beobachtung« nach Italien zurückgeschickt. De facto landeten sie im Gefängnis. Egal, wie sorgfältig sie ausgewählt, beschützt und trainiert wurden, drehten manche Mitglieder eben durch.
»Anthony beschützt dich, wie ich sehe«, bemerkte Rico. »Ihr beide habt euch schon immer nahegestanden, und ich achte, wie sehr ihr euch über die Jahre gegenseitig unterstützt habt. Wenn also Anthony nicht wahrhaben will, was vor sich geht, kann ich ihm nachsehen, dass seine Bemerkungen wie sein Bericht ein wenig schöngefärbt sind. Aber Moira?« Rico knallte seine flache Hand auf die Küchenarbeitsplatte. Derlei Wutausbrüche waren eine Seltenheit bei ihm. »Sie hat mich niemals belogen – und sie tat es mit voller Absicht! Ich kenne sie besser als sie sich selbst, und ich dulde nicht, dass sie mir ausweicht!«
»Was hast du vor? Sie in einen Kerker werfen?«
Rafe meinte es halb im Scherz, was Ricos Reaktion umso überraschender machte. »Wage es nicht zu unterstellen, dass ich auch nur entfernt ihrer bösen Mutter ähnle!«
Was sollte das heißen? Was hatte Fiona ihrer Tochter angetan – und was wusste Rico darüber? Ricos Ausbruch verriet Rafe vor allem, dass er Moira weit schlechter kannte als der Trainer.
»Du hast Moira lange genug abgelenkt«, fuhr Rico ruhiger fort. »Halte dich von ihr fern! Sie hat eine überaus wichtige Aufgabe zu erfüllen, und das kann sie nicht, wenn sie nicht weiß, wem gegenüber sie loyal sein soll.«
»Ist das der Grund, weshalb du nicht willst, dass ich nach Los Angeles mitfahre?«
»Ich sehe, was vor sich geht«, antwortete Rico. »Moira ist mit deinen Problemen, deinem Koma, deinen Träumen befasst. Sie macht sich Sorgen, statt vollends auf die Suche nach Fiona und Matthew Walker konzentriert zu sein, auf die Zerstörung der Conoscenza .«
Rafe verteidigte sie: »Sie ist voll und ganz auf die Suche nach ihrer Mutter konzentriert!«
Doch Rico schüttelte den Kopf. »Wenn sie ins Wanken gerät, und sei es noch so geringfügig, wird sie sterben, ehe sie eine Chance bekommt, ihren Auftrag zu erledigen. Und was, wenn das passiert? Es gibt niemand anders. Keiner sonst, den wir kennen, kann das Buch zerstören.«
»Das also ist sie für dich? Ein Werkzeug?«
»Sind wir das nicht alle? Deshalb bist du doch bis heute rastlos, Raphael. Du weigerst dich zu akzeptieren, dass deine Berufung wichtiger ist als du selbst. Moira ist nicht wie du. Sie hat ihre Aufgabe angenommen und ist gewillt, alles zu tun, um das Böse auf Erden zu stoppen.«
»Sogar, wenn sie sterben muss.« Rafe begriff, weshalb Moira sich die wachsenden Gefühle zwischen ihnen nicht eingestehen wollte. Sie glaubte, dass sie sterben würde, und versuchte, sich und ihn zu schützen. Aber diesen Schutz wollte er nicht. »Du warst bei der letzten Schlacht nicht dabei. Du hast keine Ahnung, welchen Mut sie bewies. Nichts kann
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