Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
über irrationales Verhalten bis hin zum chemischen Ungleichgewicht.«
»Und Tod?«, fragte Rafe. Chris Kidd, der Schüler, hatte keine neidbezogenen Verbrechen begangen, wies aber das gleiche Dämonenmal auf wie die anderen Opfer.
»Möglich.«
Fielding sagte: »Mrs. Rucker benahm sich irrational und untypisch, bevor sie absichtlich ihren Unfall herbeiführte. Sie starb an den Folgen des Aufpralls, weshalb ich zunächst nur eine flüchtige Untersuchung ihres Gehirns vornahm. Als dann jedoch die anderen Leichen mit ähnlichen Malen eingeliefert wurden, habe ich mir noch einmal alles angesehen, was ich konnte. Eines der Opfer war bereits eingeäschert worden, ein anderes begraben, aber zu diesen beiden hatte ich noch Zugang.«
Fielding blickte zu Rafe. Ned Nichols war eingeäschert – oder, rein technisch, eingesalzen und in einem Krematorium verbrannt – worden, nachdem er sich als rachsüchtiger Geist manifestiert hatte. Fielding hatte das widerstrebt, weil es ohne die Einwilligung der nächsten Angehörigen illegal war. Somit hatte er seine Karriere wie seinen Ruf aufs Spiel gesetzt.
Takasugi holte Mrs. Ruckers Gehirn aus dem Behälter und legte es auf ein steriles Tablett. Prompt trat Rafe einen Schritt zurück. Für gewöhnlich hatte er keinen empfindlichen Magen. Immerhin hatte er schon gegen einen Dämon gekämpft, der alles andere als nett anzusehen war, aber dies hier war anders.
»Faszinierend!«, murmelte Takasugi. »Ich habe ein Gehirn von einer unserer jüngsten Leichen, das diesem hier verblüffend ähnelt.«
»Haben Sie die Leiche noch?«, erkundigte Fielding sich.
»Nein, sie wurde der Familie übergeben, seiner Exfrau und den Kindern. Ich glaube, sie haben ihn beerdigt, aber da müsste ich in der Akte nachsehen. Das Gehirn haben wir allerdings zu Forschungszwecken hierbehalten, wegen der Anomalie.«
»Bäh, das ist eklig!«
Rafe drehte sich um und entdeckte Moira in der offenen Tür, die angewidert auf das Gehirn starrte.
»Fast so eklig wie die Gruft«, ergänzte sie.
Moira war nicht sie selbst. Ja, der Sarkasmus schon, aber ihr Blick wirkte verstört, und sie war sehr blass. Auch als sie Rafe direkt ansah, war es ihm unmöglich, ihre Miene zu deuten.
Fielding stellte sie Takasugi vor. »Wo ist Sheriff McPherson?«
»Ich habe mich vor der Autopsie verdrückt«, sagte Moira. »Im großen Saal, falls Sie bei den Feierlichkeiten dabei sein wollen. Kann ich mir Rafe ausborgen?«
»Was ist los?«, fragte dieser.
»Nichts.« Sie lächelte die beiden Wissenschaftler an. »Dr. Fielding, fahren Sie bitte nicht ohne Skye, ja? Sie hat mir ihren Truck überlassen.« Sie hielt die Autoschlüssel in die Höhe.
Rafe nahm sie ihr weg. »Du hast keinen Führerschein.«
»Doch, habe ich wohl – nur nicht in den Staaten.«
Er zog die Brauen hoch.
»Okay, er ist abgelaufen, aber ich fahre trotzdem besser als du.«
»Ich fahre. Skye braucht nicht noch mehr Ärger.«
Moira verdrehte die Augen. »Na gut.«
Nachdem Rafe sich bei den anderen bedankt hatte, ging er mit Moira hinaus. Er hatte die Informationen erhalten, die er wollte, auch wenn er sich nicht ganz sicher war, was sie bedeu teten. »Irgendwas erfahren?«, fragte er Moira auf dem Weg nach draußen.
»Eine Menge. Ich erzähle es dir unterwegs. Und du?«
»Ich glaube, ich weiß, wie der Dämon vorgeht.«
Sie befanden sich vor dem Hauptausgang, und Moira blieb stehen. »Das ist ja riesig! Wie?«
»Das Stammhirn stellt den primitivsten Teil unseres Gehirns dar, den simpelsten und zugleich den wichtigsten. Bei den Opfern ist die Amygdala größer, als sie sein sollte, und sorgt für eine erhöhte Blutzufuhr zum Stammhirn. Die Amygdala wiederum ist für emotionale Reaktionen zuständig. Vorstell bar wäre demnach, dass der Dämon etwas entfernt – eine biologische oder geistige Barriere oder ein Ventil. Das würde erklären, warum diese Leute überhaupt keine Hemmungen mehr hatten. Und es erklärt den Basketballspieler in Santa Louisa.«
»Chris Kidd? Wie das?«
»Er hat seinen Impulsen nicht nachgegeben.«
»Das wissen wir nicht. Er war gezeichnet, ja, aber der dämo nische Einfluss hatte sich vielleicht noch nicht bemerkbar gemacht.«
»Und wenn er gegen ihn angekämpft hat? Die Hirnverände rungen könnten unvollständig oder fehlerhaft gewesen sein, und Kidd widerstand ihnen. Was ist, wenn sein Gewissen stärker war als das der anderen und er sich wehrte? Seine Blutgefäße sind geplatzt. Das ist bei den anderen nicht
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